Seit mehreren Monaten war One L. Goh nicht mehr im Unterricht gewesen. Eigentlich hatte sich der gebürtige Koreaner an der kleinen, christlich geprägten Oikos University zum Pfleger ausbilden lassen wollen. Die Kurse der Privatschule in Medizin, Musik, Religion und Krankenpflege werden hauptsächlich von Koreanern und koreanischstämmigen Amerikanern besucht. Warum er nicht mehr an den Kursen teilnahm, wussten seine Mitschüler nicht. Man hatte ihn im November der Schule verwiesen. Nun sann er Rache.
One L. Goh betrat am Montagmorgen, kurz nach 10 Uhr, das unscheinbare Schulgebäude im Industriegebiet der Stadt. Gekleidet in tarnfarbener Hose schoss der 43-Jährige zuerst auf die Pförtnerin und marschierte dann in einen Seminarraum, der in der Nähe des Eingangs lag.
Studenten mussten sich an die Wand stellen
Goh befahl seinen ehemaligen Mitstudenten, sich an die Wand zu stellen. Er zog erneut seine Waffe und schoss, als diese versuchten in Deckung zu gehen oder weg zu rennen. "Ich werde euch alle töten", habe er nach einem Bericht des Lokalsenders KTLA dabei gesagt. "Das war eine kaltblütige Exekution", sagte Oaklands Polizeichef Howard Jordan gegenüber CNN.
Dawinder Kaur gelang die Flucht aus dem Klassenraum. Die 19-Jährige ist Reservistin der Armee und lässt sich an dem College zur Krankenpflegerin ausbilden - so wie One L. Goh. Sie muss den Amokläufer also wiedererkannt haben. Kaur wurde von einer Kugel am rechten Arm getroffen, als sie einem Freund helfen wollte, der bereits am Boden lag. Die junge Frau floh aus dem Gebäude, rief ihren Bruder an und berichtete von dem Schusswechsel im Klassenzimmer. "Sie erzählte mir, dass ein Kerl durchgedreht sei. Sie blutete und weinte", berichtete Paul Singh der "Oakland Tribune". Über den Schützen sagte Kaur, dass er schon immer verrückt gewirkt habe. Aber sie hätte nie gedacht, dass er so weit gehen würde.
Mit dem Auto eines Opfers auf der Flucht
Der korpulente Goh zog nach der Schießerei im ersten Klassenzimmer weiter. Doch die Studenten und Professoren hatten reagiert: Einige waren nach den ersten Schüssen aus dem Gebäude geflohen, andere hatte sich in den Räumen verbarrikadiert. Die Studentin Dechen Yangzom schloss die Tür zu dem Raum in dem sie sich befand, ab, machte das Licht aus und rettete vermutlich so ihr Leben und das ihrer sieben Mitstudenten. Denn Goh wollte seinen Amoklauf in diesem Klassenraum fortsetzen. Er feuerte mehrfach auf die geschlossene Tür, traf jedoch niemanden und verließ anschließend das Schulgebäude.
Unglücklicherweise lief ihm Tshering Rinzing Bhutia, ebenfalls Student an dem College, über den Weg. Goh schoss auch auf den 38-Jährigen, verletzte ihn tödlich und verschwand in dessen Honda Accord. "Ich wünschte, er wäre nie in dieses verdammte Land gekommen", sagte Sandy Close, eine Freundin des Opfers zur "Oakland Tribune". Bhutia war 2006 aus dem kleinen indischen Staat Sikkim im Himalaya in die USA gekommen. Er machte eine Pflegerausbildung an der Okios und finanzierte sich sein Studium, in dem er als Pförtner, in Restaurants und nachts am Flughafen von Oakland arbeitete. Neben Bhutia starben noch sechs Frauen durch die Kugeln One L. Gohs, drei weitere wurden verletzt.
Festnahme im Supermarkt
Mit Bhutias Auto fuhr der Amokläufer zu einem fünf Meilen entfernten Supermarkt. Dort ging er zum Informationsschalter und berichtete den Angestellten, dass er Menschen erschossen habe und festgenommen werden müsse. Das Sicherheitspersonal legte Goh Handschellen an und alarmierte die Polizei. Augenzeugen beschrieben den Mann als ruhig, fast wie betäubt.
Goh ist nicht vorbestraft. Bevor er nach Oakland kam, lebte er bis 2006 im Bundesstaat Virgina, wo auch seine Brüder und seine Eltern lebten. Dort hatte er Steuerschulden und Schulden bei Banken und Vermietern angehäuft. Einer seiner Brüder, Unteroffizier der US-Armee, starb im März 2011 bei einem Unfall. Auch seine Mutter starb im vergangenen Jahr. Diese Schicksalsschlägen scheinen nicht das Motiv für die Tat gewesen zu sein.
Geständnis im ersten Verhör
In einem ersten Verhör hat Goh die Taten gestanden und sich zu seinem Motiv geäußert. Er war nach eigenen Angaben zurückgekehrt, um Schmerzen zu verursachen. Er sei wütend auf die Verwaltung der Privatschule und seine Mitstudenten gewesen sein, sagte Polizeichef Jordan gegenüber der "Oakland Tribune". Man hätte ihn gemobbt und respektlos behandelt. Seine Mitschüler hätten ihn gemieden und nicht mehr mit ihm gesprochen. Zudem sei er mit den Kursen unzufrieden gewesen. Warum er die Schule verlassen musste, sagt Goh bislang nicht. Besonders auf eine weibliche Angestellte der Privatschule soll er es abgesehen haben. Sie ist laut Polizeiinformationen nicht unter den Toten oder Verletzten.