Drogen-Ermittlungen Friedman sorgt für Fassungslosigkeit

Die Drogenrazzia, der Kokainverdacht, Prostituierte und Menschenhändler - Michel Friedman wurde fürchterlich demontiert. Doch so kannte man den TV-Talker nicht: Er schweigt. Unklar bleibt, wie er sich heraus manövrieren will.

Michel Friedman schweigt. So kannte man Deutschlands mit Abstand aggressivsten TV-Talker bisher nicht, der in seinen Shows die Gäste gleichsam auffraß. Ein Auftritt im intimen Friedman-Sofa galt für manche Person des öffentlichen Lebens als masochistischer Akt - so bissig feuerte der Moderator seine Unterbrechungen in jeden Redefluss seiner Gäste. Sein Ziel war stets, etwas Wahrheit hinter den alltäglichen Polit-Floskeln hervorzuzerren. Dafür schätzte man den 47-Jährigen nicht nur beim Hessischen Rundfunk, und dafür wurde seine nicht gerade bescheidene Selbstdarstellung goutiert.

Fürchterliche Demontage

Dieser hochintelligente, schnelle, stets moralisierende Mann wurde in den vergangenen Tagen fürchterlich demontiert. Die Drogenrazzia, der Kokainverdacht und dessen Bestätigung - das reichte eigentlich schon. Doch in den Medienberichten von diesem Wochenende geht es um Prostituierte und Menschenhändler, mit denen der stellvertretende Vorsitzende des Zentralrats der Juden und CDU-Prominente Umgang gehabt haben soll.

Eigentlich ist es nur die Geschichte, wie Ermittler der Berliner Justiz dem Drogenkonsum Friedmans auf die Schliche kamen. Doch dessen Ruf als moralischer Wächter könnte dieser Aspekt wohl endgültig ruinieren. Der "Spiegel" fragt, wie sich ein Mann seines Verstandes so leichtfertig in eine derartige Situation bringen konnte. Unklar bleibt, wie er sich nun aus dem Abseits heraus manövrieren will.

Viel Sympathie als Talker und Politiker geerntet

> Friedmans Auftreten war stets smart, die Haut gebräunt, das Haar nach hinten gegelt, die Krawatte glänzend. Als Talker und Politiker hatte er viel Sympathie geerntet. Wegen seiner "liberalen und toleranten" Haltung unterstützte 1994 die Junge Union die Wahl Friedmans in den Bundesvorstand der CDU. Als 1996 seine Wiederwahl in das Gremium scheiterte, wurde dies mit seiner forschen Kritik an Parteichef Helmut Kohl erklärt, dem er zuvor "unerträgliche Arroganz" bescheinigt hatte. Aus Protest aus dem Schwarzgeldskandal der hessischen CDU wechselte er 2000 in den CDU-Landesverband Saarland.

Als Parteipolitiker hielt sich Friedman seither merklich zurück, zumal er 1999 zu einem der Stellvertreter des neuen Präsidenten des Zentralrats der Juden, Paul Spiegel, gewählt wurde. Auch als Anwalt trat er in Frankfurt nur wenig in Erscheinung. Dafür hob seine 1995 beim HR gestartete Moderatorenkarriere ab und gipfelte in der seit 2001 bundesweit ausgestrahlten Sendung "Friedman", die bis zuletzt als Quotenschlager galt.

Mit Anfeindungen schon länger gelebt

Mit Anfeindungen hat der 1956 in Paris geborene Sohn einer polnische-jüdischen Familie natürlich schon länger gelebt. Als Zentralrats-Funktionär nahm Friedman Personenschutz in Anspruch und reiste mit Bodyguards und gepanzerter Limousine. Medienberichten zufolge erhielt er zahlreiche Drohungen per Brief oder Telefon.

Vorläufiger Höhepunkt war die Möllemann-Affäre, in der der vor zehn Tagen verstorbene FDP-Politiker Friedman eine "gehässige Art" vorwarf, die den Antisemitismus nähre. Friedman hatte, so scheint es, in dieser Auseinandersetzung leichtes Spiel - Möllemann wurde nach und nach von seiner Partei und der Öffentlichkeit weitgehend ausgegrenzt.

Unter Anfeindungen gelitten

Doch soll Friedman unter den Anfeindungen durchaus gelitten haben, wie die "Süddeutsche Zeitung" unter Berufung auf Freunde berichtete. Äußerlich ließ er sich jedoch nichts anmerken. In seiner letzten Show am späten Mittwochabend rückte er dem Außenpolitik-Experten Peter Scholl-Latour gewohnt aggressiv zu Leibe. Hinterher soll Friedman zusammengebrochen sein.

Nikolaus von Twickel

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