Gut zwei Monate nach ihrer Befreiung haben die ehemaligen Sahara-Geiseln eine Rechnung vom Auswärtigen Amt bekommen. Mit jeweils 2301 Euro sollen sich die neun deutschen Abenteuer-Urlauber an den Millionen-Kosten beteiligen, die ihre Befreiung aus der fast sechsmonatigen Gefangenschaft in der algerischen und malischen Sahara verursacht hat. Ob auch die vier Schweizer und ein Niederländer zur Kasse gebeten werden, ist unklar. Auch die erste Geisel-Gruppe soll zahlen. Sie kam bereits im Mai nach einer Militäraktion in Algerien frei. Für sie wird es mit 1092 Euro etwas billiger.
Die Rechnung des AA an die Geiseln hat eher einen symbolischen Wert. Monatelang hielt das Drama Dutzende Experten verschiedener Ministerien, des Bundesnachrichtendienstes, des Militärs in Krisenstäben in Algerien, Mali und Berlin in Atem. Nach früheren Angaben des Nachrichtenmagazins "Focus" soll die Befreiung insgesamt 20 Millionen Euro gekostet haben. Offiziell hat die Bundesregierung allein die Flugkosten auf 420 000 Euro beziffert
Kosten in Millionenhöhe
Die Ex-Geisel Rainer Bracht aus Detmold sieht die Rechnung als nicht gerechtfertigt an. Er will den Betrag aber trotzdem zahlen. Klage einlegen will er nicht: "Ich habe keine Rechtsschutzversicherung", sagt er. "Von daher lasse ich das lieber." Eine Klage mache außerdem nur Sinn, wenn sich die ehemaligen Geiseln zusammenschließen würden. "Aber einige wollen jetzt einfach nur noch ihre Ruhe haben", so Bracht.
Der Augsburger Wittek Mitko empfindet die Zahlungsaufforderung als "Bestrafung". Zum Zeitpunkt seiner Reise habe es keine Reisewarnung für Algerien gegeben. Er sei also keinerlei Risiko eingegangen. Die geforderte Summe sei zwar lächerlich, es gehe ihm aber um Grundsätzliches. Der Staat habe für ihn als Steuerzahler gewisse Verpflichtungen. Mitko kündigte trotzdem an, das Geld überweisen zu wollen, da die Beauftragung eines Anwalts nicht im Verhältnis zur geforderten Summe stehe. Mitko: "Wenn ich in der Wüste gefragt worden wäre, was ich für eine Befreiung bereit bin zu zahlen, hätte ich ganz andere Summen genannt."
Ex-Geisel Rainer Bracht aus Detmold sagte, im Schreiben des Auswärtigen Amtes würden Kosten für Telekommunikation, Dienstfahrten sowie den Rückflug berechnet. Er kritisierte, damit würden Opfer von Gewalttaten im Ausland anders behandelt als Opfer im Inland. "Eine Geisel in einem Bus in Bremen muss für ihre Befreiung nichts zahlen." Er selbst werde um Stundung des Betrages bitten.
Konsulargesetz als Begründung
Schon im August war eine Diskussion um die Kosten für die Befreiung entbrannt. Der Debatte trägt auch ein Satz in dem Brief des AA an Bracht Rechnung: "Zudem gibt es eine erhebliche öffentliche und politische Erwartungshaltung, für die Sie sicherlich Verständnis haben", heißt es darin. Die Rechnung des AA gründet auf dem so genannten Konsulargesetz. "Der Empfänger ist zum Ersatz der Auslagen verpflichtet", heißt es im Abschnitt über Hilfeleistungen für Deutsche im Ausland. Wie viel zu zahlen ist, ist aber Ermessenssache.
Mit Hilfe des algerischen Militärs wurden Mitte Mai sechs aus Bayern stammende Geiseln gewaltsam befreit. Drei Monate später kamen vier weitere Geiseln aus Bayern nach diplomatischen Verhandlungen frei. Eine aus Augsburg stammende Frau überstand die Strapazen der Geiselhaft nicht und starb. Sie erlag wahrscheinlich einem Hitzschlag. Anfang des Jahres waren mehrere Gruppen von Abenteuertouristen im algerischen Teil der Sahara entführt worden. Zeitweilig waren bis zu 32 Europäer in der Sahara vermisst.