Das Ziel der Vereinten Nationen, den Hunger in der Welt bis 2030 zu beseitigen, rückt immer weiter in die Ferne. "Zwischen 702 und 828 Millionen Menschen waren im Jahr 2021 von Hunger betroffen", erklärten die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation FAO und vier weitere UN-Organisationen am Mittwoch in einem gemeinsamen Bericht. Das sind 46 Millionen mehr Hungernde als im Jahr 2020 und 150 Millionen mehr als im Jahr 2019.
UN-Bericht: 150 Millionen Hungernde mehr als vor Corona-Pandemie
Fast zehn Prozent der Weltbevölkerung hatten demnach im vergangenen Jahr nicht genug zu essen – also bereits vor Beginn des russischen Angriffskrieges in der Ukraine. Die Corona-Pandemie und ihre Folgen hätten die Ernährungslage in der Welt nachhaltig verschlechtert, heißt es in dem Bericht, an dem auch der Internationale Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung, das Kinderhilfswerk Unicef, das Welternährungsprogramm und die Weltgesundheitsorganisation beteiligt waren.
Die fünf Organisationen zeichnen insgesamt ein düsteres Bild: "Die Welt entfernt sich von ihrem Ziel, Hunger, Ernährungsunsicherheit und Unterernährung in all ihren Formen bis 2030 zu beseitigen." Mittlerweile sei davon auszugehen, dass am Ende des Jahrzehnts weiterhin 670 Millionen Menschen Hunger leiden werden - "eine ähnliche Zahl wie im Jahr 2015".
Russischer Angriff auf die Ukraine könnte Hungerkrise noch verschärfen
Der Bericht geht davon aus, dass "die Hauptursachen für Ernährungsunsicherheit und Unterernährung – Konflikte, extreme Wetterereignisse und wirtschaftliche Schocks – zunehmen werden". Es müsse also in erster Linie darum gehen, "mutigere Maßnahmen zu ergreifen, um die Widerstandsfähigkeit gegenüber zukünftigen Schocks zu stärken".
Die zehn vergessenen Krisen in Zeiten von Corona

Im Mai fanden in Burundi relativ friedliche Wahlen statt, rund 50.000 geflüchtete Burundie kehrten zurück in ihre Heimat. Doch die fünftärmste Nation der Welt hat es schwer, Rückkehrer aufzunehmen: Es fehlt an Ressourcen, über 90 Prozent der Bevölkerung sind von der Landwirtschaft abhängig. Als dann auch noch 80.000 Menschen aus dem Nachbarland Kongo in das mit am dichtesten besiedelten Landes im subsaharischen Afrika flüchteten, wuchs die Konkurrenz um Land und Nahrung und die ärmsten und verwundbarsten Gruppen der Bevölkerung – die Frauen – wurden auf wenig ertragreiches Land gedrängt. Erdrutsche und Überschwemmungen zerstörten 2020 die Lebensgrundlagen der ärmsten Menschen in Burundi und verschlimmerten die Hungersnot: Im Dezember 2020 benötigten über 2,3 Millionen Burundier humanitäre Hilfe, das Land weist den höchsten Wert an chronischer Unterernährung in der Welt auf.
"Der Bericht zeigt, wie ernst die Lage vor dem Krieg in der Ukraine ohnehin schon war", erklärte Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD). "Der russische Angriffskrieg auf die Kornkammer Ukraine verschärft die Not dramatisch und treibt noch mehr Menschen in den Hunger." Nötig sei nun "nichts weniger als eine Transformation der Agrar- und Ernährungssysteme, damit sie nachhaltig und widerstandsfähig gegenüber der Klimakrise, aber auch gegenüber dem Weltmarktgeschehen werden".
