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Syrien Mehr als 120 Menschen sterben bei IS-Überfall auf Gefängnis

Gefangen genommene IS-Kämpfer
IS-Kämpfer, die von den kurdisch geführten Demokratischen Kräften Syriens nach einem Angriff auf das Gweiran-Gefängnis in Al-Hassaka im Nordosten Syriens festgenommen wurden
© Kurdish-led Syrian Democratic Forces / AP / DPA
Bei tagelangen Kämpfen zwischen dem IS und kurdischen Sicherheitskräften sollen mehr als 120 Menschen ums Leben gekommen sein – darunter sieben Zivilisten. Ziel des IS-Überfalls auf das Gefängnis in Nordsyrien war es,  Anhänger zu befreien.

Nach einem Angriff der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) auf ein Gefängnis in der syrischen Stadt Al-Hassaka werden von dort weiterhin Gefechte gemeldet. Mindestens 77 IS-Mitglieder und 39 kurdische Sicherheitskräfte seien seit Donnerstag getötet worden, teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Sonntag mit. Unter den Toten seien auch sieben Zivilisten.

Die Kämpfe zwischen dem IS und den Sicherheitskräften dauerten am Sonntag den vierten Tag in Folge an. Die von Kurden angeführten Truppen versuchten dort, das Gefängnis vollständig unter ihre Kontrolle zu bringen. US-Truppen unterstützten den Kampf gegen die Extremisten mit Luftschlägen.

Der Überfall auf das Gefängnis, der am Donnerstagabend begann, war einer der schwersten Angriffe des IS in Syrien seit Jahren. Mehr als 100 IS-Kämpfer hatten am Donnerstag den Angriff auf das von Kurden verwaltete Gefängnis Ghwajran in der nordostsyrischen Stadt Hassakeh gestartet, um Häftlinge zu befreien.

Der Angriff wurde von Beobachtern als Erinnerung daran gewertet, dass der Kampf gegen die Terrormiliz noch nicht gewonnen sei. Im benachbarten Irak griffen IS-Extremisten am Freitag zudem einen Militärstützpunkt nordöstlich von Bagdad an und töteten Sicherheitskreisen zufolge elf irakische Soldaten.

Laut IS konnten mehr als 800 Gefangene fliehen

In einer in den sozialen Medien verbreiteten Erklärung bekannte sich der IS zum Überfall in Syrien. Mehr als 800 Gefangene hätten dabei fliehen können, hieß es in einer über das Internet verbreiteten Nachricht des IS-Sprachrohrs Amak. IS-Kämpfer hätten bei der "großangelegten und koordinierten Attacke" mit Lastwagen zwei Autobomben am Eingang des Gefängnisses zur Explosion gebracht. Bei den Gefechten sei auch der Gefängnisdirektor getötet worden.

IS-Kämpfer verschanzten sich nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte im Gefängnis, zudem lauerten Scharfschützen in einem benachbarten Rohbau. Der IS veröffentlichte ein Video, das Dutzende Gefängnisaufseher zeigen soll, die beim Überfall mutmaßlich gefangengenommen wurden. Einige der Männer sagen darin ihre Namen und Geburtsdaten in die Kamera.

In der Nacht zu Sonntag kam es laut der Beobachtungsstelle erneut zu "heftigen Gefechten". Die kurdischen Sicherheitskräfte versuchten mit Unterstützung der US-geführten Anti-IS-Koalition, die Kontrolle über das Gefängnis zurückzuerlangen und IS-Kämpfer in der Umgebung der Haftanstalt "auszuschalten".

Die Kämpfe rund um die Haftanstalt trieben viele Zivilisten in die Flucht. "Tausende haben ihre Häuser nahe dem Gefängnis verlassen und sind in nahe gelegene Gebiete zu ihren Verwandten geflüchtet", berichtete ein Vertreter der Verwaltung der halbautonomen Kurdenregion am Samstag.

Dutzende IS-Anhänger auf der Flucht

Al-Hassaka liegt im von syrischen Kurden kontrollierten Nordosten des Bürgerkriegslandes. Im dortigen Gefängnis saßen nach Angaben kurdischer Medien zuletzt rund 5000 IS-Anhänger. Insgesamt werden in den von den kurdischen Sicherheitskräften kontrollierten Gefängnissen im Norden Syriens rund 12.000 IS-Anhänger festgehalten. Sie stammen nach kurdischen Angaben aus mehr als 50 Ländern.

Die kurdischen Behörden warnen bereits seit langem, dass sie nicht über die nötigen Kapazitäten verfügen, um die tausenden IS-Kämpfer langfristig festzuhalten, geschweige denn vor Gericht zu stellen. Sie verlangen von den Heimatländern die Rücknahme ihrer jeweiligen Staatsbürger. Viele Länder haben sich dieser Forderung aus Angst vor islamistischen Anschlägen im eigenen Land in den vergangenen Jahren widersetzt. 

Ein Sprecher der von Kurdenmilizen angeführten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) sagte am Samstag, zahlreiche geflohene IS-Anhänger seien gefasst worden. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte erklärte, Dutzende seien noch auf der Flucht.

Die Terrormiliz hatte im Sommer 2014 große Gebiete im Norden und Westen des Iraks eingenommen und dort ein sogenanntes Kalifat ausgerufen. Zum Herrschaftsgebiet der Extremisten gehörten auch große Teile des benachbarten Syriens. Mit militärischer Unterstützung der USA und anderer Staaten konnten die irakischen Sicherheitskräfte die Terrormiliz zurückdrängen. In Syrien nahmen von Kurden angeführte Truppen im Frühjahr 2019 die letzte IS-Hochburg ein. Beobachter warnen vor einem Wiederaufstieg der Terrormiliz.

yks dpa AFP

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