Paragraph 35 der StVO besagt, dass Rettungsfahrzeuge von der Straßenverkehrsordnung befreit sind, wenn Eile geboten ist und es darum geht, ein Menschenleben zu retten oder schwere gesundheitliche Schäden abzuwenden. Sei es zum Beispiel ein Herzinfarkt, Schlaganfall oder bei einem schweren Unfall.
Schwieriger ist die Situation zu bewerten, wenn ein Arzt in seinem privaten Fahrzeug ohne Blaulicht und Sirene zu einem Patienten fährt, um ihm zu helfen. Wenn es um Leben oder Tod geht, dürfen die Ärzte in der Regel dann mit Kulanz vom Ordnungsamt rechnen – aber eben nur, wenn die Geschwindigkeitsübertretung auch begründbar war.
Ein solcher Einsatz im sächsischen Görlitz blieb für Notarzt Vratislav Prejzek nun nicht ohne Folgen. Er fuhr mit seinem eigenen Auto laut eines Berichts der Mitteldeutschen Zeitung in einer Tempo-30-Zone 84 km/h und wurde dabei geblitzt.
Hohe Strafen für den Notarzt
Prejzek soll nun 308 Euro Geldstrafe bezahlen und zwei Punkte in Flensburg bekommen. Außerdem soll der Notarzt für zwei Monate seinen Führerschein abgeben. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass es sich bei dem entsprechenden Einsatz wohl nicht um einen Notfall gehandelt hatte – was der Arzt jedoch nicht wissen konnte, als er zu dem Patienten fuhr. Das zumindest behauptet der Arzt.
Ordnungsamt steht zu der Entscheidung
Das Görlitzer Ordnungsamt will den Fall nicht gelten lassen. "Nach sachlicher Wertung unserer Ermittlungen sowie sämtlicher Umstände des Einzelfalles war der Erlass des Bußgeldbescheides mit Festsetzung des Fahrverbotes sowie Punkte aus Sicht der Verwaltung gerechtfertigt", sagen die Ordnungshüter.
Der Arzt zieht Konsequenzen
Da der Notarzt 62 Kilometer von seiner Praxis, die er seit 2015 in Görlitz betreibt, entfernt wohnt, überlegt Prejzek nun, ob er seine Praxis komplett schließen soll. Ohne Führerschein wäre das tägliche Pendeln nahezu unmöglich. Seine 1.800 Patienten müssten sich dann einen anderen Hausarzt suchen.
Die Stadt Görlitz stellte in einer Pressemitteilung ausdrücklich klar, dass die Vorwürfe des Arztes unbegründet seien: "Anhand des vorliegenden Einsatzprotokolls der Rettungsdienstes nachvollziehbar, handelte es sich im Voraus erkennbar nicht um einen Notfalleinsatz (keine lebensbedrohliche Situation), der die Inanspruchnahme von Sonderrechten rechtfertigte, insbesondere nicht mit einer solch extremen Geschwindigkeitsüberschreitung (84 km/h in einer 30-Zone in der Mittagszeit). Durch die Art und Weise des Umgangs in dieser Angelegenheit von Herrn Dr. Prezjek kam es zu einer Rufschädigung der Stadt und deren Mitarbeiter, die auf das Strengste von der Stadt Görlitz und Herrn Oberbürgermeister Deinege von uns zurück gewiesen wird."
