Papst-Reise Überraschende Geste des unerwünschten Gasts

Die Stimmung ist aufgeheizt, auch zehn Jahre nach dem Krieg, und fast schien es so, als würde das katholische Kirchenoberhaupt dazu mit beitragen. Doch der Papst gab sich bei seiner "heiklen Mission" im bosnischen Banja Luka wieder mal so, wie er leibt und lebt.

Der Papst reist nach Banja Luka, eine "heikle Mission", nannten das viele. Schließlich ist die jetzige Serbenhochburg in Nordbosnien das traurige Symbol für "ethnische Säuberungen" der Serben Anfang der 90er Jahre. Zehntausende katholische Kroaten wurden seinerzeit von bosnisch-serbischen Truppen aus ihren Häusern verjagt. Manchmal hatten die Opfer nicht einmal eine Viertelstunde Zeit, um das Nötigste mitzunehmen. Johannes Paul II. hätte in der Tat einigen Grund zur Anklage gehabt in Banja Luka.

Statt Anklage gab es Reue

Johannes Paul II. kam als unerwünschter Gast. Doch er gab sich wieder mal so, wie er leibt und lebt. Statt Anklage gab es Reue, statt Beschuldigungen ein "Mea Culpa" (durch meine Schuld) für die Gräueltaten wie sie eben auch "Söhne der katholischen Kirche" begangen haben. Das ist man gewohnt von diesem Kirchenoberhaupt. Er hat sich bisher für viele "Sünden der Kirche" entschuldigt, für Judenverfolgungen und Kreuzzüge, für gewaltsame Missionierung und Inquisition. So häufig bereits, dass ihm das hinter vorgehaltener Hand im Vatikan bereits Kritik einbrachte. "Der Papst entschuldigt sich immer, nur die anderen tun das nie."

Tatsächlich erwähnte er die "ethnischen Säuberungen" in Banja Luka mit keinem Wort. Dabei sind es bestenfalls ein paar Tausend kroatischer Katholiken, die bisher dorthin zurückgekehrt sind. Eine ganze Stadt hat ihren multikulturellen Charakter verloren. Vor dem Bürgerkrieg der 90er Jahre gab es jeweils 15 Prozent Kroaten und Muslime in der knapp 200 000 Einwohner zählenden Stadt. Heute stellen die Serben weit über 90 Prozent der Bevölkerung.

Protestplakate gegen Besuch

Die Stimmung ist aufgeheizt, auch zehn Jahre nach dem Krieg, und fast schien es so, als würde das katholische Kirchenoberhaupt dazu mit beitragen. "Uns passt es nicht, dass der Papst in unsere Stadt kommt", meint denn ein junger Mann am Rande der Messe. "Mit ihm kommen doch bloß all diejenigen, die gegen uns Krieg gemacht haben." Es gab sogar Protestplakate an den Häuserwänden gegen den Besuch und gegen die katholische Kirche. Schwarze Plakate, auf der mit weißer Schrift die Jahreszahl 1942 und der Name Petricevac steht.

Petricevac, das ist der Name des Franziskanerklosters, das Serben 1995 zerstörten und wo der Papst an diesem Sonntag predigte. Doch der Name steht nicht nur für die "kulturelle Säuberung" der Serben. Hier hatten kroatische Ustascha-Verbände im Zweiten Weltkrieg 2300 Serben umgebracht, viele wurden mit Messern und Äxten enthauptet, einer der schlimmsten Gräueltaten, an dem sogar ein Franziskanermönch ("Bruder Statan") beteiligt war.

"Hass hat ein langes Gedächtnis"

Zunächst meinten manche Serben, es sei eine Provokation des Papstes, just an dieser Stelle eine Messe zu halten. Doch mit seinem "Mea Culpa" hat er wieder einmal alle überrascht. "Hass hat ein langes Gedächtnis", meinte ein Theologe im Papst-Gefolge. So hat das aus Polen stammende Kirchenoberhaupt mit seiner Geste wieder einmal das Augenmerk auf eine wichtige Erkenntnis gelenkt - auf dem Balken haben viele Verbrechen begangen, nicht nur Serben, nicht nur Kroaten, sogar "Söhne der katholischen Kirche".

DPA
Peer Meinert

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