Ein Gericht in Bielefeld verurteilte eine 39 Jahre alte Frau aus dem nordrhein-westfälischen Bad Salzuflen wegen sexueller Nötigung zu einer Bewährungsstrafe von sechs Monaten. Sie hatte die Kondome eines Sexualpartners zerstochen, um diesen durch eine erhoffte Schwangerschaft an sich zu binden. Nun ist sie vorbestraft, wie die "Neue Westfälische Zeitung" (NWZ) berichtete.
Nach Angaben der "Bild"-Zeitung lernten sich die beiden über eine Dating-App kennen und führten eine sogenannte Freundschaft Plus, also eine solche, bei der auch einvernehmlicher, ungezwungener Sex dazugehört. Doch offenbar habe sich die 39-Jährige in ihren Freund verliebt und wollte die Beziehung möglicherweise intensivieren, indem sie die Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft erhöht: Sie durchlöcherte heimlich die Kondome, die ihr Freund für die gemeinsamen Zusammenkünfte organisiert hatte.
Löcher in Kondome gestochen
Im Verlauf der Bekanntschaft verschlechterte sich das Verhältnis der beiden und die gemeinsamen Treffen wurden seltener. Dann schrieb sie ihm ganz unverblümt, sie habe Löcher in die Kondome gestochen und glaube nun, sie sei schwanger. Er erstattete sofort Anzeige. Nun kam zur Anklage und zum Prozess, in dem die Angeklagte ihre Tat einräumte.
Sozialwissenschaftlich wird ihr Verhalten Stealthing genannt. Es beschreibt eine Situation, in der – normalerweise ein Mann – während des Sex heimlich das Kondom entfernt. Geprägt wurde der Begriff durch eine Studie der Yale Law School, wonach das Vergehen als "Rape Adjacent", also als einer Vergewaltigung ähnlich, zu betrachten ist.
Strafrahmen von sechs Monaten bis zu fünf Jahren
Juristische macht sich in Deutschland nach § 177 Abs. 1 StGB strafbar, wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem dritten bestimmt. Der Strafrahmen reicht von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Damit sollen sexuelle Handlungen erfasst werden, mit denen sich der Täter über den entgegenstehenden Willen des Opfers hinwegsetzt und so die sexuelle Selbstbestimmung der anderen Person verletzt.

Die Richterin im aktuellen Fall erachtete nun erstmals die umgekehrte Konstellation – dass also nicht der Mann die Kondomnutzung sabotiert, sondern die Frau – als strafbare sexuelle Nötigung. Zunächst hatte die Staatsanwaltschaft laut "NWZ" sogar Anklage wegen Vergewaltigung erhoben. "Nein heißt auch hier nein", betonte das Gericht bei seiner Urteilsverkündung und schrieb dadurch Rechtsgeschichte. Persönlich hätten sich Täterin und Opfer laut "NWZ" übrigens wieder ausgesprochen und – freundschaftlich – wieder angenähert.
Quellen: "NWZ", "Bild"-Zeitung, Yale Law School