Schweigeminute Tschechisches Parlament erhob sich für Vaclav Havel

Im Prager Abgeordnetenhaus erklangen mahnende Worte des verstorbenen tschechoslowakischen und tschechischen Staatspräsidenten. Die Parlamentarier hielten inne.

Mit einer Schweigeminute haben Tschechiens Abgeordnete am Dienstag des verstorbenen Ex-Präsidenten Vaclav Havel gedacht. Die Vorsitzende des Abgeordnetenhauses, Miroslava Nemcova, trug Auszüge aus Havels Reden vor, die Meilensteine seines politischen Wirkens markierten. Ein Porträt mit schwarzer Schleife erinnerte an den am Sonntag im Alter von 75 Jahren verstorbenen Dramatiker.

Im Februar 1993 war Havel erstmals als Präsident der neuen Tschechischen Republik vor die Abgeordneten in Prag getreten. "Präsident Havel wollte die Teilung der Tschechoslowakei nicht, er musste aber konstatierten, dass sie unabwendbar ist", urteilte Nemcova am Dienstag.

Die Vorsitzende des Abgeordnetenhauses rief Havels Einsatz für die Aufnahme Tschechiens in die NATO (1999) und die Europäische Union (2004) ins Gedächtnis. "Sein Redebeitrag hatte großen Einfluss auf die Diskussion um die Eingliederung unseres Landes in das euroatlantische Bündnis", erklärte Nemcova. "Wir gehören und haben immer zum westeuropäischen Kulturkreis gehört und teilen alle grundlegenden Werte der euroatlantischen Zivilisation", habe Havel im Oktober 1993 betont.

Nicht gewählt, um allen zu gefallen

Nemcova erinnerte auch an Havels Kritik am politischen System. Parteienzwist war dem Verfechter einer freien Bürgergesellschaft oft ein Dorn im Auge gewesen. "Es ist völlig in Ordnung, dass verschiedene Parteien und Politiker unterschiedliche Ansichten haben. Es ist aber nicht in Ordnung, wenn sie nur gegensätzliche Meinungen vertreten, um sich voneinander abzugrenzen", habe Havel im Jahr 1995 vor den Abgeordneten erklärt.

Gegen Ende der Trauersitzung erklang eine Aufzeichnung einer Havel-Rede aus dem Jahr 2003. "Es geht nicht darum, ob wir in Zeitungen oder Meinungsumfragen gelobt oder kritisiert werden. Wir wurden schließlich nicht gewählt, um immer allen zu gefallen", hatte Havel damals die Politiker ermahnt.

DPA
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