Wenn jemand eine Mitgliedschaft im Klub der Illusionisten, dem Magic Circle in London, verdient hat, dann ist es wohl die Illusionistin Sophie Lloyd. Mit einem uralten Zaubertrick – der Täuschung – gelang es ihr, als erste Frau Mitglied in dem ursprünglich nur für Männer gedachten Verein zu werden. 1991 nahm die Männerriege erstmals weibliche Illusionisten in ihren Kreis auf. Lloyd outete sich. Doch anstatt ihre Zauberkünste zu honorieren, wurde sie aus dem Klub verbannt.
33 Jahre später wollte sich der Zauberer-Zirkel entschuldigen und die Magierin wieder aufnehmen. Doch die war abgetaucht.
Jetzt ist sie wieder da, um am Donnerstagabend die Mitgliedsurkunde entgegenzunehmen.
Zaubern können nicht nur Männer
Der Magic Circle hat seinen Sitz in London, wurde 1905 gegründet und zählt heute 1700 Mitglieder, unter ihnen Illusionisten wie David Copperfield oder Jamie Raven. Bis heute wird der Verein von Männenr dominiert. Nur fünf Prozent der Mitglieder sind Frauen, berichtet der Sender BBC. Schaulustige können das Hauptquartier beim Bahnhof Euston besuchen. Dort präsentieren die Magier ihre Zauberkünste auch in Shows. Um Teil des Klubs zu werden, müssen Interessierte eine Aufnahmeprüfung absolvieren.
Ich war sehr nervös, aber es hat funktioniert
Dafür hatte sich Sophie Lloyd eine männliche Identität zugelegt. Als Magier Raymond täuschte sie die Prüfer mit einem männlichen Körperanzug, einer Perücke und Handschuhen, die die Taschenspielertricks erschwerten. Für ein kantiges Kinn füllte sie sich den Mund aus.
"Ich erinnere mich, dass ich mich ein bisschen albern fühlte, als ich vor den drei [Magic Circle]-Prüfern und einem großen Publikum von über 200 Leuten stand. Ich war sehr nervös, aber es hat funktioniert. Beim anschließenden Vorstellungsgespräch habe ich so getan, als hätte ich Halsschmerzen, um meine Stimme zu verstellen, und er hat es mir total geglaubt", zitiert der "Guardian" die heute 60-Jährige.
Dass sie überhaupt dem Klub beitrat, verdankt sie einer Freundschaft mit der Zauberkünstlerin Jenny Winstanley. Diese war frustriert, dass Frauen die Mitgliedschaft im Magic Circle verwehrt blieb. So kam Lloyd auf die Idee, den Klub zu infiltrieren. Zu diesem Zeitpunkt studierte Lloyd an einer Pantomimeschule. Gezaubert hatte sie allerdings noch nie. Zwei Jahre dauerte es, bis sie ihre Künste vor den Prüfern in London unter Beweis stellen konnte – erfolgreich.
Wir hatten bewiesen, dass Frauen und Männer in der Magie gleichberechtigt sind
Doch die Mitgliedschaft währte kurz: Als der Magic Circle gut ein halbes Jahr später die ersten Frauen aufnahm und Lloyd sich offenbarte, reagierte der Verein verschnupft. "Es war so traurig. Wir hatten bewiesen, dass Frauen und Männer in der Magie gleichberechtigt sind. Es sah lächerlich aus, dass sie sich durch unsere Arbeit beleidigt fühlten und dass wir wegen Täuschung aus einem Zauberklub geworfen wurden", kommentierte Lloyd ihren Rauswurf.
Zehn Jahre lang verzauberte sie das britische Publikum alleine. Dann zog sie nach Spanien, ging in den Vorruhestand und engagierte sich in der Tierrettung.
Magic Circle heißt geschasste Sophie Lloyd willkommen
Doch der Magical Circle ist noch nicht fertig mit ihr. 34 Jahre nach Täuschung und Enttäuschung will sie der Klub wieder aufnahmen und begann Lloyd zu suchen. Die erfuhr erst davon, als ihre Schwester ihr den Link zu einem entsprechenden Bericht zusendete. Zunächst zögerte sie, das Angebot anzunehmen, doch dann überwand sie sich – auch um ihre Mitstreiterin Jenny Winstanley zu ehren. Diese war bei einem Autounfall ums Leben gekommen. "Jenny war ein wunderbarer, leidenschaftlicher Mensch. Sie wäre gerne hier gewesen. Es ist wirklich für sie", so Lloyd.
Die erste weibliche Vorsitzende des Magic Circle, Laura London, begrüßte Lloyds Rückkehr: "Ich hielt es für wichtig, dass der Magische Zirkel Sophie als Vorbild für weibliche Zauberkünstler anerkennt und zeigt, dass wir heute eine völlig offene Gesellschaft sind. Sophie willkommen zu heißen, ist wahrscheinlich eines der größten Dinge, die ich tun konnte, seit ich hier seit 22 Jahren Mitglied bin."