"Au revoir, Concorde": Nach 27 Jahren stellt Air France am (morgigen) Samstag, 17.45 Uhr, mit der Rückkehr von Flug AF001 aus New York den legendären Überschalljet außer Dienst. Die letzten Exemplare des "wunderbaren Vogels" kommen ins Museum - eins ins Technik-Museum Sinsheim. British Airways fliegt noch bis Ende Oktober mit Mach 2 über den Atlantik, dann ist ein faszinierendes Kapitel europäischer Spitzentechnologie wegen fehlender Wirtschaftlichkeit endgültig Geschichte.
"Für uns war wichtig, dass die Concorde nach dem Unfall von Gonesse noch einmal geflogen ist", sagt Chefpilot Jean-Francois Michel stellvertretend für die ganze "Concorde-Familie" der Air France. Die Techniker, Flugbegleiter und Piloten haben wie die meisten Passagiere eine gefühlsmäßige Beziehung zu dem Flugzeug mit der charakteristischen Klappnase entwickelt.
Concorde-Absturz besiegelte Schicksal
Der Absturz einer Concorde am 25. Juli 2000 riss 113 Menschen in den Tod und besiegelte letztlich auch das Schicksal des stets etwas unzeitgemäßen Jet. Mit Millionenaufwand rüsteten Air France und British Airways ihre Überschallflotte um, doch die Wiederaufnahme des Linienbetriebs fiel im November 2001 mitten in die tiefe Krise der Luftfahrtbranche nach den Anschlägen des 11. September.
Immer weniger Kunden wollten und konnten sich das 8.000 Euro teure Vergnügen eines Transatlantikflugs in weniger als vier Stunden noch leisten. Zuletzt war nur noch jeder fünfte Platz auf der Strecke zwischen Paris und New York besetzt. Anderthalb Jahre später und nach mehr als 50 Millionen Euro Verlust ist bei Air France jetzt endgültig Schluss.
Erster Linienflug nach der Ölkrise 1976
Schon am Anfang seiner Karriere flog der elegante Deltaflügler gegen den Zeitgeist: Die in den technikgläubigen 60er Jahren konzipierte Concorde hob erst nach der Ölkrise 1976 zu ihrem ersten Linienflug nach Rio de Janeiro ab. Wegen des hohen Treibstoffverbrauchs stornierten viele Fluggesellschaften ihre Bestellungen, die von Großbritannien und Frankreich gemeinsam entwickelte Maschine musste sich schließlich mit einem Nischendasein auf der Nordatlantikroute zufrieden geben.
"Das machte doch gerade ihren Charme aus, anders zu sein als die anderen", begeistert sich Jean-Marc Kuttler, Chef des Concorde-Bordpersonals. Ihm geht der Abschied vom Flaggschiff der Air France besonders nahe. "Es war eine Leidenschaft, auf diesem Flugzeug zu fliegen. Es hatte etwas Sinnliches: die Geräusche, die Vibrationen, der Geruch."
Gänseleber mit Trüffeln in 18 Kilometer Höhe
Die betuchte Kundschaft dürfte auch vom luxuriösen Service (auf der Speisekarte stehen Gänseleber auf Trüffeln, Champagner und Pomerol, Jahrgang 1986) sowie dem Gefühl der Exklusivität in 18.000 Metern über der Erde begeistert gewesen sein. Der in grau gehaltene Innenraum der engen Concorde macht dagegen nicht viel her. Auf 200 bis 300 schätzt Kuttler den Kreis der treuen Kunden, von denen Air France eine Hand voll für den letzten Flug am Samstag von New York JFK nach Paris Charles-de-Gaulle eingeladen hat.
Topmanager, Filmstars, Models, Politiker: Die Namen werden bei Air France diskret verschwiegen; doch sollen Liz Hurley, Claudia Schiffer, Paul McCartney, Sting oder Elton John Concorde-Fans sein. Die weniger begüterten Liebhaber haben sich zu den "Concorde Lovers" zusammengeschlossen und kamen am Freitag bei strahlendem Sommerwetter zu Hunderten zum Pariser Flughafen, um dem weißen Jet mit der Klappnase beim letzten Start auf französischen Boden ihre Reverenz zu erweisen. Einige tausend werden bei der Rückkehr am Samstag erwartet.
Nach dem Abschied ins Museum
Air France nimmt mit einer kurzen Zeremonie Abschied von seinem Aushängeschild der letzten drei Jahrzehnte, dann heben die letzten vier Concorde von Paris aus nur noch ab, um im Juni via Flughafen Karlsruhe Baden/Baden nach Speyer/Sinsheim sowie zu den Luftfahrtmuseen in Toulouse, Le Bourget und Washington zu fliegen. Das fünfte Exemplar soll auf dem Pariser Flughafen ausgestellt werden.
Doch die Geschichte des "schönsten jemals von Menschen gebauten Flugzeugs", so schwärmte Air-France-Chef Jean-Cyril Spinetta jüngst, werde nie zu Ende sein, "weil es für immer zur Vorstellungswelt der Menschen gehört".