Das einst schnellste Passagierflugzeug der Welt ist längst Legende. Vor gut 50 Jahren startete zum ersten Mal ein Prototyp der Concorde. Nach einer langen Erprobungsphase konnte erst 1976 der kommerzielle Flugverkehr mit dem Überschallflugzeug beginnen.
Knapp 25 Jahre später ereignete sich eine Katastrophe, als eine von der Reederei Deilmann gecharterte Concorde mit deutschen Kreuzfahrtgästen an Bord 133 Sekunden nach dem Start in Paris abstürzte. Ursache des Unglücks war ein auf der Startbahn liegender Blechstreifen, der einen Reifen zerfetzte. Diese Trümmer durchschlugen die Tragfläche. Kerosin lief aus, das sich entzündete.
Den 20. Jahrestag des Concorde-Absturzes nehmen wir zum Anlass für einen Rückblick auf die exklusivste Art des Fliegens, Jahre vor dem Siegeszug der Billigflieger.
Exklusivität gepaart mit Enge
Das gab es nur an Bord der Concorde: Während das Nachfüllen des Champagner-Kelches durch die Flugbegleiterin im Reiseflug nur einen Augenblick dauerte, legten im selben Moment die Passagiere und Besatzung eine Strecke von zehn Kilometern zurück. Fast so schnell wie eine Gewehrkugel raste die Concorde über den Nordatlantik – in doppelter Schallgeschwindigkeit oder 2180 km/h.
Jeder Fluggast war ein V.I.P. Das begann schon am Boden. Nach dem Check-in ging es in eine spezielle Lounge, zu der man nur mit einer Bordkarte für die Concorde Zugang hatte. Hohe Raumteiler trennten die einzelnen Sitzgruppen voneinander ab. Die prominenten Gäste des Prestige-Vogels sollten unter sich bleiben.
Flug in stratosphärischen Höhen
An Bord waren die Sitzverhältnisse durch den engen Rumpfdurchmesser eher bescheiden. Es gab wie in einem Regionaljet nur je zwei Plätze links und rechts vom Gang. Selbst beim Fensterplatz blieb die Sicht beschränkt. Denn bei Concorde-Fenstern handelt es sich um Gucklöcher von der Größe eines Kuchentellers.
Dafür war der Blick nach draußen etwas Besonderes: Statt blauem Himmel raste die Concorde durch das schwarze Firmament. Denn die Reiseflughöhe des Überschalljets betrug 18.000 Meter über dem Meer. Damit waren die Insassen der Concorde dem Weltraum gefühlt näher als der Erde.
Heute sitzt es sich in der Premium Economy Class in den Langstreckenjets von Boeing oder Airbus bequemer. In der Concorde war Exklusivität mit Enge gepaart. Und die doppelte Schallgeschwindigkeit hatte ihren Preis. Ein reguläres First Class-Ticket allein genügte nicht. British Airways und Air France, die einzigen Betreiber des Flugzeuges, verlangten einen Supersonic-Aufschlag.
An Bord waren Stars und Sternchen aus Hollywood, bedeutende Politiker, Wallstreet-Banker, Waffenhändler, Namenlose und die Queen. Ihr Lieblingsplatz war die erste Reihe, gleich rechts nach Betreten der Kabine: Sitz 1A, das Synonym für alle, die wichtig sind. Doch wehe, wenn Madonna und Fergie auf derselben Maschine gebucht waren.
Jahrgangschampagner, erlesene Speisen und die besondere Ausstattung sollen vom beschränkten Raumgefühl eines Reisebusses ablenken. Bei den Air France-Maschinen hatte die Pariser Star-Designerin Andrée Putman zuletzt das Interieur entworfen: Beigerosé, Blau, Grautöne und die Kopfstützenschoner aus weißem Pikee.
Um den Service bemühen sich keine jungen, attraktiven Stewardessen, sondern Madames mit viel Erfahrung. Eingekleidet von Nina Ricci. Wegen der Höhenstrahlung waren junge Flugbegleiterinnen angeblich tabu.
Das Ende der Ära Concorde
Die Träume der Konstrukteure in der 1960er Jahren waren hochfliegend. Ein ganzes Netzwerk von Concordes sollte die Erde umspannen. Doch statt der geplanten knapp 100 Maschinen wurden bis 1979 nur 20 Exemplare gebaut und viele Routen schon bald nach dem Start wieder eingestellt. Nach Rio ging es nur mit einem Tankstopp im afrikanischen Dakar. Auf der Strecke nach Südostasien musste die Concorde so häufig zum Auftanken zwischenlanden, dass der Zeitvorsprung gleich wieder kompensiert wurde.
Überhaupt war die Concorde der Inbegriff der Verschwendung. Der Treibstoffverbrauch lag vier Mal so hoch wie der eines Jumbojets, und die Wartungskosten standen in keinem Verhältnis zum Betriebsergebnis. Im Zeichen von Rezession, Golfkrieg, 9/11 und eines Absturzes im Juli 2000 stellten die beiden Airlines den Betrieb 2003 für immer ein. Am Ende landeten fast alle Exemplare des Überschallfliegers in Museen.
Vorbei sind die Zeiten, als die Concorde anrollte - oder besser wackelte. Wegen ihres stelzbeinigen Fahrwerks ruckelte es wie eine Pferdekutsche von anno dazumal. Mit ohrenbetäubendem Lärm und der Kraft der vier Triebwerke mit je 17.260 Kilopont Schub hob die Maschine ab, ehe über dem Atlantik die Nachbrenner gezündet wurden.
Erst über dem Meer kam es zum Überschallknall. Dann leuchtete im Durchgang zum Cockpit die rote Geschwindigkeitsanzeige wie im ICE-Wagon auf: Doch statt 220 Stundenkilometer flog die Concorde zehnmal so schnell: magische Mach 2.
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