Am Freitag, den 7. Oktober 1977 fährt Anja B. aus Midlum mit ihrem Bekannten zum Feiern ins "Moustache" in Bremerhaven. Der 18-Jährige wechselt zwischendurch in ein anderes Lokal. Als er nach einer halben Stunde zurück in die Disco kommt, ist die 16-Jährige verschwunden. Die Polizei glaubt, dass die Realschülerin nach Hause trampen wollte. Doch dort kam sie nie an.
In mehreren Autobahnraststätten finden die Beamten später Papierhandtücher, auf die jemand eilig gekritzelt hatte: "Ich brauche Hilfe, Anja". Ob es sich um die gesuchte Anja B. handelt? Jahre später taucht in München ein Mädchen in einem "Beate Uhse"-Shop auf und zeigt der Verkäuferin den Ausweis von Anja B., um ihre Volljährigkeit nachzuweisen. Lebt Anja B. also noch? Oder benutzt nur jemand anderes ihre Papiere?
Anja B. bleibt nach Discobesuch 1977 bis heute verschwunden
Als Teilnehmer einer Reisegruppe aus ihrem Heimatort sie in einer Bauchtanz-Show in Marokko wiederzuerkennen glauben, reagiert niemand aus der Gruppe. Die Beamten der Kriminalpolizei in Schiffdorf, einem kleinen Ort bei Bremerhaven, gehen dem Dorftratsch jedoch nach, besorgen sich die Teilnehmerliste und telefonieren so lange, bis sie ein Foto der Bauchtänzerin haben. "Sie sah Anja durchaus ähnlich", sagte der damalige Hauptkommissar im Gespräch mit dem stern. "Selbst ihre Mutter fand das." Sie kontaktieren über Interpol die Kollegen aus Nordafrika – und die spüren die Bauchtänzerin tatsächlich auf. Doch es ist nicht Anja B.
Die Schülerin bleibt verschwunden. Bis heute. Ist es möglich, dass sie einem Serienmörder zum Opfer fiel? Allein aus der Region zwischen Bremen und Cuxhaven verschwanden in den Jahren danach noch sechs andere junge Frauen, die als Anhalterinnen unterwegs waren. Nur eine von ihnen wird später ertränkt in einem Straßengraben aufgefunden.
"Ken & Barbie-Killer", "Hillside Stranglers", "Moor-Mörder": Killerpaare, die das pure Böse verkörpern

Wurde sie Opfer eines Serientäters? Oder gibt es eine andere Erklärung? In den folgenden Jahren verschwinden in der Region noch fünf weitere junge Frauen:
- Am 7. Juni 1978 verschwindet Angelika Kielmann. Die 18-Jährige war in der Disko "Zur Börse" in Cuxhaven. Zuletzt wird sie etwa gegen 23 Uhr beim Trampen gesehen.
- Am 16. Mai 1979 verschwindet Anke Streckenbach. Die 19-Jährige wird ebenfalls nach einem Besuch in der Disco "Zur Börse" vermisst.
- Am 30. November 1980 verschwindet Andrea Martens. Die 19-Jährige taucht nicht mehr auf, nachdem sie ihren Freund in Garlstedt besucht hat. Auch sie soll als Anhalterin bekannt gewesen sein.
- Am 14. August 1982 verschwindet Christina Bohle. Die 15-Jährige besucht die Disko "KASBA" in Beverstedt-Heerstedt, wird zuletzt am Hintereingang gesehen. Auch sie wollte nach Hause trampen.
- Am 13. Juni 1986 verschwindet Jutta Schneefuß. Die 25-Jährige wird zuletzt als Anhalterin in Loxstedt gesehen. Sie ist Mutter eine damals fünfjährigen Tochter.
Verschwundene junge Frauen am Mittwoch Thema bei "Aktenzeichen XY"
Die Polizei Cuxhaven stellt diese Fälle am Mittwoch, den 12.Oktober, in der Sendung "Aktenzeichen XY...ungelöst" vor. "Wir arbeiten in allen Fällen eng mit den Angehörigen zusammen. Von dort wurde auch der Wunsch geäußert, nochmal an die Öffentlichkeit zu gehen", äußert sich Rainer Brenner, Leiter der Ermittlungsgruppe Cold Case, in einer Pressemitteilung. "Wir nehmen uns jetzt die Zeit und versuchen, Licht ins Dunkel zu bringen. Die Angehörigen wollen Gewissheit und das angesprochene Ziel möchten wir unterstützen."
Quellen: stern-Archiv, Polizei Cuxhaven