Verstörende Motive Mutter soll ihre zwei Kleinkinder ermordet haben – Festnahme elf Jahre nach der ersten Tat

Pressekonferenz von Polizei und Staatsanwaltschaft Bochum
Pressekonferenz von Polizei und Staatsanwaltschaft Bochum nach dem Mord an zwei Kindern
© Fabian Strauch / DPA
Der Zufall half der Polizei auf die Spur. Ein Jahrzehnt nach den Taten hat die Bochumer Polizei die mutmaßliche Mörderin zweier kleiner Kinder festgenommen – deren eigene Mutter. Die möglichen Motive der Frau verstören.

Mord verjährt nie. Das ist eine kriminalistische Binsenweisheit – und doch ist es für Ermittlerinnen und Ermittler immer wieder eine Bestätigung, wenn sie nach vielen Jahren ein Tötungsdelikt aufklären können.

Entsprechend zufrieden mit der Arbeit ihrer Beamtinnen und Beamten gaben sich der Staatsanwalt Dietrich Streßig und die Leiterin der Ermittlungsgruppe "Hieronymus", Stefanie Lienemann, am Mittwochmittag bei ihrer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz im Bochumer Polizeipräsidium, auch wenn ihnen die Tragik des Falls anzusehen war.

Mutter aus Herne soll zwei ihrer Söhne ermordet haben

Eine Mutter aus Herne, damals Anfang 20, soll in den Jahren 2011 und 2012 ihre beiden kleinen Söhne (zwei und 19 Monate alt) umgebracht haben, bei einem dritten Sohn (2 Jahre alt) soll sie es 2018 versucht haben. Jetzt, elf Jahre nach der ersten Tat, wurde die Frau festgenommen.

Auf die Spur gekommen ist die Polizei der heute 33-Jährigen, "durch Zufall" und das "Bauchgefühl" einer Ärztin, wie es hieß. Denn die Morde wurden als solche erst ab 2018 erkannt.

Der Verdacht ist, dass die Frau ihre beiden Söhne jeweils mit einem Kissen oder einer Decke erstickt hat – und anschließend, nach vermutetem Atemstillstand, selbst die Rettungskräfte alarmierte. Trotz Reanimationen sind der Säugling und das Kleinkind jeweils wenig später im Krankenhaus gestorben. 

Weder die Aussagen der Mutter noch die jeweiligen Obduktionsergebnisse haben seinerzeit Tötungsdelikte vermuten lassen, so die Polizei. Es sei von medizinischen Notfällen ausgegangen worden. Öffentlich bekannt waren die Fälle daher bis jetzt nicht. Der dritte Sohn überlebte den mutmaßlich von seiner Mutter unternommenen Erstickungsversuch.

Der Verdacht gegen die Frau sei erst entstanden, nachdem das dritte Kind im April 2018 nach dem mutmaßlichen Mordversuch in ein Bochumer Krankenhaus eingeliefert worden sei – und eine Ärztin zu recherchieren begonnen und das Jugendamt informiert habe. "Hier fand eine Neubewertung der alten Fälle statt und im Zusammenhang mit dem neuen Fall ergaben sich dann rechtsmedizinisch neue Verlautbarungen, die letztendlich dazu geführt haben, dass wir die Ermittlungen eingeleitet haben", sagte Staatsanwalt Streßig. "Schlussendlich hat die Kinderärztin den Stein ins Rollen gebracht", stellte Kripo-Beamtin Lienemann fest . "Ihr war es ein großes Anliegen, dass dem lebenden Sohn nichts passiert."

Bochumer Polizei ermittelte jahrelang

Weitere akribische Ermittlungen, rechtsmedizinische Untersuchungen und Zeugenbefragungen erhärteten laut der Polizei anschließend den Verdacht gegen die Mutter. Es wurde ein Untersuchungshaftbefehl wegen zweifachen Mordes sowie gefährlicher Körperverletzung erlassen.

Die möglichen Motive der Frau sind so irritierend wie die Taten selbst: Das zuerst getötete Baby sei ein "Schreikind" gewesen, so Staatsanwalts Streßig. "Der dringende Tatverdacht geht dahin, dass sie das Kind deswegen getötet hat, weil die Schreierei aufhören sollte, endgültig." Im zweiten Fall sei es um die Lebensführung der Frau gegangen. "Sie war viel rausgegangen, sie hatte viel gefeiert, sie hatte viele Männerbekanntschaften, so jedenfalls der dringende Tatverdacht aufgrund der Ermittlungen – und das wollte sie wiederhaben", so Staatsanwalt Streßig. Ermittlungsgruppen-Leiterin Lienemann ergänzte, die Frau habe "mal wieder in Ruhe auf dem Sofa sitzen" wollen. 

Der Vater der drei Kinder soll mit der 33-Jährigen über die gesamte Zeit der Taten in einer Beziehung gelebt haben – aber er war laut den Behörden nie zu Hause, als die Mutter die Taten begangen haben soll.

Die Verdächtige schweigt zu den Vorwürfen. Sie sitzt in Untersuchungshaft, ihr droht jetzt eine lebenslange Gefängnisstrafe.

Quellen: Polizei Bochum (1), Polizei Bochum (2), RTL, Nachrichtenagenturen DPA und AFP

wue / tkr

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