Nach fast einem Jahr steht der Prozess um die Misshandlung von Bundeswehr-Rekruten in einer Coesfelder Kaserne vor seinem Abschluss. Die verbliebenen zehn Angeklagten beteuerten am Montag vor dem Landgericht Münster, sich keiner Schuld bewusst zu sein. "Wenn ich einen Exzess gesehen hätte, hätte ich ihn sofort unterbunden", sagte ein ehemaliger Zugführer. Ihm und einem Kollegen wird vorgeworfen, entgegen der Ausbildungsordnung Geiselnahmeübungen angeordnet zu haben. Diese sollen so ausgeartet sein, dass mehr als 160 Rekruten unnötig Schmerzen zugefügt worden sein sollen. Das Gericht will am 12. März sein Urteil sprechen.
Größter Strafprozess gegen Bundeswehrsoldaten
Die Verteidiger hatten weitgehend Freisprüche für die Angeklagten gefordert. Sie hätten lediglich auf Befehl gehandelt. Die Rekruten hätten die Übungen keineswegs als problematisch, sondern zum Teil sogar als "Höhepunkt ihrer Ausbildung" empfunden, argumentierten sie. Die Staatsanwaltschaft sprach dagegen von "menschenverachtendem Verhalten" und forderte Bewährungsstrafen von bis zu zwei Jahren.
Ursprünglich hatten 18 frühere Bundeswehr-Ausbilder auf der Anklagebank gesessen. Zwei wurden freigesprochen, zwei Verfahren wurden eingestellt. Ein Ex-Ausbilder wurde zu 18 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt, zwei weitere zu Geldstrafen. Ein Verfahren wurde abgetrennt, weil der Angeklagte zu Beginn des Prozesses im März 2007 krank war.
Der seit 50 Wochen andauernde Prozess mit inzwischen 46 Verhandlungstagen und der Vernehmung von mehr als 200 Zeugen gilt als größter Strafprozess gegen Soldaten in der Geschichte der Bundeswehr. Die Vorfälle in der Coesfelder Freiherr-vom-Stein-Kaserne im Sommer 2004 hatten umfangreiche interne Prüfungen und Diskussionen auf politischer Ebene ausgelöst.