Für die Entführung und den Tod der zehnjährigen Ursula Herrmann hat die Augsburger Staatsanwaltschaft lebenslange Haft für den Angeklagten Werner M. gefordert. Der heute 59-Jährige Mann habe das Nachbarskind im September 1981 am Ammersee verschleppt und in einer Kiste im Wald lebendig begraben. Darin sei das Mädchen in wenigen Stunden erstickt, sagte Oberstaatsanwältin Brigitta Baur am Donnerstag in ihrem Plädoyer. Der Angeklagte aber habe in den folgenden Tagen von den verzweifelten Eltern zwei Millionen Mark Lösegeld zu erpressen versucht.
Der einjährige Indizienprozess habe keinen Zweifel gelassen, dass Werner M. das kaltblütige Verbrechen an dem lebenslustigen und völlig arglosen Kind begangen habe, sagte Baur vor dem Landgericht Augsburg. "Hohes Gericht, stellen Sie sich die Angst der Zehnjährigen vor!" beschwor die Staatsanwältin die Kammer. Die Eltern des Mädchen litten bis heute darunter.
"Ein Betriebsunfall"
Selten sei ein Verbrechen so kaltblütig und erbarmungslos begangen worden wie das an dem zehnjährigen Mädchen, fügte Baur hinzu. "Sie erstickte an ihrem ersten Schultag nach den Sommerferien, lebendig begraben in einer Kiste im Wald." Werner M. habe ihr am Abend des 15. September 1981 am Uferweg bei Eching am Ammersee aufgelauert, als sie vom Turnunterricht nach Hause radelte. Dann habe er sie im nahen Wald in die Holzkiste gepfercht, den Deckel massiv verriegelt und mit Erde zugeschaufelt. Wahrscheinlich habe ihm dabei ein inzwischen verstorbener Freund geholfen. Dieser Mann habe später gestanden, dass er das Erdloch für Werner M. nichtsahnend ausgehoben habe. In einem 2007 abgehörten Telefongespräch habe der Angeklagte den Tod des Kindes als "einen Betriebsunfall" bezeichnet.
Werner M. habe zwar Essen, Trinken, eine Lampe und Zeitschriften in die enge Kiste gelegt. Aber weil die beiden Lüftungsrohre falsch konstruiert und zudem mit Erde und Laub verstopft waren, sei die Kiste in der Erde "hermetisch verschlossen" gewesen, erklärte die Staatsanwältin. "Während Ursula in ihrem Grab erstickte", sei der Angeklagte nach Hause gegangen, um mit Freuden das Brettspiel "Risiko" zu spielen.
"Wunsch nach dem schnellen Geld"
Ein zentrales Beweismittel der Staatsanwaltschaft ist ein Tonbandgerät, mit dem laut Gutachtern die Erpresseranrufe bei den Eltern des entführten Kindes abgespielt worden waren. Es war 2007 bei einer Durchsuchung in der Wohnung von Werner M. sichergestellt worden. Er hat angegeben, er habe es erst später auf einem Flohmarkt gekauft.
Tatmotiv des laut Staatsanwaltschaft als gewalttätig und skrupellos bekannten Werner M. sei "der Wunsch nach dem schnellen Geld" gewesen, der sich wie ein roter Faden durch sein Leben gezogen habe, sagte Baur. Obwohl hoch verschuldet, habe er mehrere Autos und Boote besessen und eine Weltreise geplant. Dass er einen Hund lebendig in die Tiefkühltruhe gesperrt habe, weil er sich über ihn geärgert habe, zeige seine Gefühllosigkeit. Zeugen hatten ausgesagt, Werner M. habe auch einen Überfall auf einen Geldboten erwogen und erklärt: "Ich will von den Schulden weg, koste es, was es wolle."
Entführung wohl von langer Hand geplant
Die Kindesentführung habe der Angeklagte gemeinsam mit seiner Ehefrau von langer Hand geplant - die Erpresserbriefe hätten sie schon ein halbes Jahr vorher geklebt, sagte Baur. Als Pilzsammler habe Werner M. den Tatort gut gekannt. Für die Tatzeit habe er kein Alibi. Nach der Entführung habe ein Freund entdeckt, dass er den Polizeifunk abhöre. Nahe dem Tatort sei ein Fernglas sichergestellt worden, wie es Werner M. bis zur Tat besessen habe.
Die Ehefrau des Angeklagten, Gabriele, ist der Beihilfe zum erpresserischen Menschenraub mit Todesfolge angeklagt. Sie habe die Erpresserbriefe aus Zeitungsschnipseln zusammengeklebt, sagte Baur. Beide Angeklagte haben ihre Unschuld beteuert. Das Plädoyer der Verteidiger wird für den späten Nachmittag erwartet, das Urteil soll am 25. März folgen.