US-Bundesstaat Florida "Ich brauche meine Mutter": Als Säugling entführte Frau bittet um Gnade für ihre Kidnapperin

Als Säugling in Florida entführt: Kamiyah Mobley (l.) macht ein Selfie mit Gloria Williams
Als Säugling in Florida entführt: Kamiyah Mobley (l.) macht ein Selfie mit Gloria Williams, von der sie zu diesem Zeitpunkt noch glaubte, sie sei ihre leibliche Mutter.
© Tampa Bay Times / Picture Alliance
Kamiyah Mobley war 18, als sie erfuhr, dass sie kurz nach ihrer Geburt in Florida entführt worden war. Fünf Jahre später nennt sie ihre Kidnapperin immer noch "Mutter" und kämpft um deren vorzeitige Haftentlassung.

Kamiyah Mobley war gerade erst ein paar Stunden alt, als sie von einer als Krankenschwester verkleideten Frau aus einer Klinik in Jacksonville im US-Bundesstaat Florida entführt wurde. Das war 1999 und die nächsten 18 Jahre lang wuchs Mobley als Alexis Kelly Manigo auf – in dem Glauben, ihre Kidnapperin Gloria Williams sei ihre leibliche Mutter.

Erst 2017 kam die Wahrheit ans Licht. Hinweise des Nationalen Zentrums für vermisste und ausgebeutete Kinder führten die Behörden in die Kleinstadt Walterboro in den benachbarten Bundesstaat South Carolina. Dort fanden sie eine junge Frau mit Mobleys Geburtsdatum, aber einem anderen Namen sowie gefälschter Geburtsurkunde und Sozialversicherungsnummer. Ein DNA-Vergleich belegte schließlich Kamiyahs wahre Identität.

"Ich möchte ganz klar sagen, dass sie meine Mutter ist"

Williams wurde daraufhin der Prozess gemacht. Sie bekannte sich der Entführung schuldig und wurde 2018 zu 18 Jahren Gefängnis verurteilt. Berichten zufolge hatte sie sich zum Zeitpunkt des Kidnappings in einer missbräuchlichen Beziehung befunden und eine Woche zuvor eine Fehlgeburt erlitten.

Doch obwohl Mobley jetzt die Wahrheit über ihre Herkunft kennt und mittlerweile auch ihre biologischen Eltern kennengelernt hat, betrachtet sie Williams weiterhin als ihre Mutter und kämpft darum, dass die Strafe ihrer Kidnapperin reduziert wird.

"Ich möchte ganz klar sagen, dass sie meine Mutter ist. Sie zog mich auf und sorgte nicht nur für meine Bedürfnisse, sondern liebte mich bedingungslos", schrieb Mobley Ende September 2021 an das Gericht, wie US-Medien unter Berufung auf Gerichtsdokumente berichten. Sie habe ein abwechslungsreiches Leben geführt und sei "ein unabhängiger, gebildeter und zutiefst spiritueller Mensch", weil Williams ihr alles gegeben habe. "Ich bin mir voll und ganz bewusst, wie unser Leben zu dem wurde, was es ist, und wie meine Mutter zu meiner Mutter wurde."

Sie habe ihre leiblichen Eltern getroffen und sei dankbar dafür, eine zweite Familie und vor allem Geschwister zu haben, schrieb Mobley in ihrem Brief. Sie wisse, dass nichts davon die Entführung in irgendeiner Weise rechtfertige, dennoch liebe sie ihre Mutter und unterstütze sie aus vollem Herzen. "Ich bitte das Gericht um Gnade und Barmherzigkeit, denn ich brauche meine Mutter zu Hause".

Bekannt wurde Mobleys Brief jetzt, weil Williams bei Gericht eine Reduzierung ihrer Strafe beantragt hat, und das Schreiben Teil der von ihr eingereichten Unterlagen war. Darin bat die Entführerin darum, ihre Strafe umzuwandeln in neun Jahre Gefängnis gefolgt von neun Jahren auf Bewährung "oder was immer das Gericht für angemessen hält". Williams hob in ihrem Antrag auch ihr vorbildliches Verhalten als Häftling und ihre Teilnahme an verschiedenen Gemeinschafts- und Glaubensprogramme hervor: "Ich habe keinerlei Disziplinarberichte erhalten und wurde sowohl von der Sicherheitsbehörde als auch von der Strafvollzugsbehörde einmal im Monat mit einer überdurchschnittlich guten Bewertung für meine Arbeitsleistung beurteilt", argumentierte sie.

Sie verstehe, dass dies in keiner Weise die Schwere ihrer Taten mildere, bekannte die Kidnapperin. "Aber ich bitte das Gericht um Gnade und Barmherzigkeit, meine Strafe in eine Teilstrafe zu ändern/reduzieren."

Gericht in Florida lehnt Strafminderung ab

Doch die Appelle von Mobley und Williams blieben erfolglos. Das Gericht habe eine Änderung des Strafmaßes abgelehnt, berichtete die "Florida Times-Union" am Mittwoch. Der Antrag auf Halbierung der Haftzeit sei nicht rechtzeitig gestellt worden.

"Das Gericht lobt die Angeklagte für ihre Bemühungen, sich zu rehabilitieren und hat Verständnis für Frau Mobleys Perspektive", hieß es demnach in der Begründung. "Doch selbst, wenn der Antrag rechtzeitig eingereicht worden wäre, würde das Gericht keine Grundlage dafür finden, die ursprüngliche Entscheidung der Richterin rückgängig zu machen."

Jürgen Schmidt
Ex-Kripo-Chef Jürgen Schmidt über die Faszination von Tatorten

Sehen Sie im Video: Jürgen Schmidt ist ehemaliger Chef der Kriminalpolizei Gifhorn und hat in der STERN CRIME Masterclass detailliert über seinen Beruf Auskunft gegeben. In den Aufzeichnungen berichtet Schmidt vom Alltag bei der Kripo, erklärt das Vorgehen der Polizei am Tatort in der Theorie und anhand von zwei Fallbeispielen.

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