Luise (12) aus Freudenberg getötet Zwei Kinder unter Mordverdacht – warum sie nicht ins Gefängnis müssen und was stattdessen passiert

Polizeibeamte in der Nähe des Fundorts des Leichnams der zwölfjährigen Luise aus Freudenberg
Polizeibeamte in der Nähe des Fundorts des Leichnams der zwölfjährigen Luise aus Freudenberg
© Andreas Trojak / wirsiegen.de / DPA
Nach dem Mord an der 12-jährigen Luise aus Freudenberg sind die beiden tatverdächtigen Kinder weiter auf freiem Fuß – gefragt ist jetzt das Jugendamt.

Kinder als Mörder? Nachdem am Sonntag an der Grenze von Rheinland-Pfalz zu Nordrhein-Westfalen die zwölfjährige Luise tot aufgefunden wurde, hat die Polizei ermittelt – und zwei Mädchen im Alter von zwölf und 13 Jahren haben gestanden, die Schülerin getötet zu haben (der stern berichtete).

In Haft kommen die beiden Verdächtigen nicht, obwohl ihnen ein Tötungsdelikt vorgeworfen wird. Der Grund ist einfach: Bis zum 14. Geburtstag gelten Kinder in Deutschland als nicht strafmündig. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass Kinder Unrecht noch nicht vollumfänglich einsehen und ihr Verhalten daher auch nicht entsprechend steuern können. Das Strafgesetzbuch regelt unmissverständlich: "Schuldunfähig ist, wer bei Begehung der Tat noch nicht vierzehn Jahre alt ist." Und ohne Schuld keine Strafe. Die Mädchen müssen also nicht ins Gefängnis. Was aber dann? Welche Konsequenzen müssen Kinder tragen, die ein Kapitalverbrechen begangen haben?

Laut Staatsanwaltschaft wurden die beiden Tatverdächtigen in die Obhut des Jugendamts übergeben. Wegen ihres kindlichen Alters und der daraus resultierenden Strafunmündigkeit konnten keine näheren Angaben zum Tathergang, zum Motiv, zum Verhalten vor und nach der Tat sowie zum Aufenthaltsort gemacht werden.

Das Jugendamt prüft nun zum Beispiel, wie es zu der Straftat kommen konnte oder ob die Familie Unterstützung bei der Erziehung benötigt. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, ob das Wohl des Kindes gefährdet ist. Letztendlich leitet das Jugendamt die weiteren Schritte ein: Diese können laut Sozialgesetzbuch von der Hilfe bei der Erziehung für die Eltern, über eine individuelle sozialpädagogische Betreuung, bis hin zu einer Unterbringung in einem Heim oder bei einer Pflegefamilie reichen. Sofern eine Inobhutnahme in Betracht kommt, ist die Zustimmung der Eltern oder eine Entscheidung des Familiengerichts über die elterliche Sorge notwendig. Dem Staat sind also nicht die Hände gebunden, wenn Kinder Verbrechen begehen.

Außerdem gilt: Die Angehörigen der getöteten Zwölfjährigen können unter Umständen Schmerzensgeld geltend machen – dies wäre dann von den Eltern der Täterinnen zu bezahlen.

Kinder als Verdächtige sind Ausnahme

Die Diskussion um eine Absenkung der Strafmündigkeit von 14 auf zwölf Jahre wird in Deutschland immer wieder geführt, unter anderem im größeren Stil nach der Gruppenvergewaltigung von Mülheim 2019. Doch entsprechende Bestrebungen verliefen im Sande – wohl auch weil es sich bei schweren Straftaten von Kindern um absolute Ausnahmefälle handelt.

So registrierten die Sicherheitsbehörden im Jahr 2021 insgesamt 3519 Personen, die Straftaten gegen das Leben begangen haben sollen. Unter ihnen waren 19 Kinder unter 14 Jahren. Das entspricht einer Quote von 0,5 Prozent. Am häufigsten gerieten Kinder bei Diebstahlsdelikten unter Verdacht.

Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien erstmals im Juni 2022 und wurde anlässlich des aktuellen Falles umfassend aktualisiert erneut veröffentlicht.

 

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