Die Piratenüberfälle vor der Küste Somalias werde nach Einschätzung von US-Experten in nächster Zeit wohl noch zunehmen. Die Regierung des afrikanischen Landes sei zu schwach, um den Piraten Einhalt gebieten zu können, sagten die Experten am Montag auf einer Veranstaltung des Politik-Forschungsinstituts Heritage Foundation.
Zudem verhinderten Einsatz-Beschränkungen für die vor dem Horn von Afrika patrouillierenden Marine-Verbände, der Widerstand von Reedern gegen bewaffnete Sicherheitsleute an Bord ihrer Schiffe und die Bereitschaft der Reeder zu Lösegeldzahlungen eine effektive Bekämpfung der Piraten. Es wäre daher besser, die Piraten an Land zu bekämpfen. "Der Kampf wird nicht auf See ausgetragen. Der Kampf muss an Land geführt werden", sagte Charles Dragonette vom US-Marinegeheimdienst.
Frachter gekapert
Somalische Piraten haben unterdessen erneut zugeschlagen: Sie sollen im Golf von Aden ein Frachtschiff aus dem Jemen gekapert haben. Der Nachrichtensender Al-Arabija berichtete am Dienstag, das Schiff, das Eisen geladen habe, hätte bereits am vergangenen Donnerstag die jemenitische Insel Sokotra ansteuern sollen. Zur Besatzung des Frachters lagen zunächst keine Angaben vor.
Die Piraten, die in diesem Jahr mehrere Millionen Dollar Lösegeld erpresst haben, halten derzeit etwa ein Dutzend Schiffe und mehr als 200 Seeleute fest. In der Gewalt somalischer Entführer ist unter anderem der saudiarabische Super-Tanker "Sirius Star", für den die Piraten 15 Millionen Dollar Lösegeld fordern. Er ist mit zwei Millionen Barrel Öl im Wert von 100 Millionen Dollar beladen.
Kriegsschiffe mehrerer Länder kreuzen in der Region, um Piraten von Angriffen abzuhalten. Am Montag vertrieb die deutsche Fregatte "Mecklenburg-Vorpommern" ein Piratenschiff, das zwei Handelsschiffe angegriffen hatte. Vergangene Woche versenkte eine indische Fregatte ein Piratenschiff. Auch die deutsche Fregatte "Karlsruhe" hatte in der vorigen Woche erfolgreich Seeräuber vertrieben. Die deutschen Soldaten dürfen die Piraten jedoch nur beobachten. Die Bundesregierung strebt eine Änderung des deutschen Mandats für die Piratenbekämpfung an und will bis spätestens Mitte Dezember die deutsche Beteiligung an einem EU-Einsatz gegen die Piraten beschließen.
Nach einem Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" will das Verteidigungsministerium für den EU-Einsatz "Atalanta" gegen die Piraten vor der somalischen Küste bis zu 1400 Soldaten bereitstellen. 500 Mann würden für den geplanten Einsatz einer Fregatte benötigt. Vorgesehen sei darüber hinaus auch, dass Sicherungskommandos auf Frachtern deutscher Reeder eingeschifft werden, die am Horn von Afrika unterwegs sind.