Nach Informationen ihrer Anwaltskanzlei will Beate Zschäpe am Mittwoch im NSU-Prozess umfassend aussagen. Es könnte eine Kehrwende in dem Verfahren sein, das schon 240 Verhandlungstage andauert. Zschäpe wird beschuldigt, unter anderem an zehn Morden, zwei Sprengstoffanschlägen und 15 Raubüberfällen beteiligt gewesen zu sein, die die Terrororganisation "Nationalsozialistischer Untergrund" beging. Der 40-Jährigen drohen eine lebenslange Freiheitsstrafe, die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld und möglicherweise Sicherungsverwahrung.
Zuvor hatten "Bild" und der "Spiegel" berichtet, dass schon seit Wochen feststehe, dass Zschäpe ihr Schweigen brechen wird. Auch die Richter wüssten demnach bereits Bescheid. "Sie wird nicht persönlich sprechen. Ich werde eine Erklärung abgeben", sagte ihr Verteidiger Mathias Grasel. Er ließ offen, ob er danach im Namen seiner Mandantin Fragen der übrigen Prozessbeteiligten beantworten werde.
Neuer Verteidiger, neue Strategie
Grasel ist erst seit Anfang Juli Verteidiger von Zschäpe. Die Angeklagte hatte zuvor monatelang erfolglos versucht, ihre anderen drei Anwälte loszuwerden. Ihr Verhältnis zu Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm ist schwer gestört. Die drei waren in die Pläne Zschäpes, im Prozess auszusagen, nicht eingeweiht.
Der Grund für den Vertrauensverlust ist die Verteidigungsstrategie des Anwalttrios. Zschäpe hatte im März 2015 einem psychiatrischen Gutachter anvertraut, dass sie unter dem von den Anwälten verordneten Schweigen leide. Sie litt unter massiven Konzentrationsschwierigkeiten und Erschöpfungszuständen. Verhandlungstage mussten mehrmals abgesagt oder unterbrochen werden. Die Empfehlung des Psychiaters damals lautete, Zschäpe solle mit ihren Verteidigern die Strategie überdenken. Das Schweigen gefährde ihre Gesundheit. Mit ihren neuen Anwalt Grasel vollzieht Zschäpe jetzt diesen Strategiewechsel, den sie bereits im Juni in einem Brief den Vorsitzenden Richter Manfred Götz angekündigt hatte.