Prozess in Ulm Verliebter Beamter bezahlt Hure aus Staatskasse

  • von Malte Arnsperger
Eine Prostituierte am Straßenrand: Ein Beamter aus Ulm hatte eine verhängnisvolle Beziehung mit einer Hure
Eine Prostituierte am Straßenrand: Ein Beamter aus Ulm hatte eine verhängnisvolle Beziehung mit einer Hure
© Colourbox
Klaus Müller aus Ulm hat einfach kein Glück bei den Frauen. Dann verliebt sich der Beamte über beide Ohren in eine Prostituierte. Blind vor Liebe gibt er sein ganzes Vermögen für die Hure aus. Als das Geld nicht mehr reicht, kommt Müller auf eine verhängnisvolle Idee.

Der Fall erinnert ein bisschen an den Film "Pretty Woman": Freier verliebt sich unsterblich in eine Prostituierte, will sie nur für sich haben und gibt viel Geld für das Mädchen aus. Doch die Geschichte von Klaus Müller aus Ulm und seiner großen Liebe Lisa (Namen geändert) hat kein Happy End. Im Gegenteil: Der letzte Akt der Tragödie spielt vor Gericht. Denn der heute 46-jährige Müller soll für die Liebesdienste der Hure sage und schreibe 580.000 Euro aus der Staatskasse verwendet haben. Nun ist der Mann wegen Untreue in 295 Fällen angeklagt. Und anstatt wie Richard Gere seine Traumfrau im offenen Luxus-Cabrio abzuholen, drohen Müller, der die Taten eingeräumt hat, bis zu zehn Jahre Haft.

Verliebter verkauft Haus

Ende der 90er Jahre lernt der ledige Wohngeldsachbearbeiter Klaus Müller die heute 30-jährige Prostituierte Lisa in einem Ulmer Bordell kennen. Der Beamte, der, wie sein Anwalt sagt, Minderwertigkeitskomplexe hat und kein übermäßiges Glück bei Frauen, verfällt der Hure nach eigenen Worten völlig. Er setzt alle Hebel in Bewegung um sich die Liebschaft mit der Prostituierten leisten zu können. Zunächst lässt er ihr laut Staatsanwaltschaft "in erheblichen Umfang" Geld aus seinem Privatvermögen zukommen.

Der in bescheidenen Verhältnissen lebende Mann verkauft ein Haus und nimmt einen Kredit auf. Sein Mandant habe dies alles getan, um die Hure aus dem Rotlichtmilieu herauszuholen, sagt Anwalt Jürgen Filius zu stern.de. Es klappt nur teilweise. Lisa eröffnet ein Bordell im rund 100 Kilometer entfernten Kempten, natürlich weiterhin finanziert durch den liebestollen Staatsdiener.

Aber der Sündentempel läuft schlecht und 2003 reicht das Geld nicht mehr aus. Klaus Müller ist pleite nachdem er schon rund 300.000 Euro für Lisa ausgegeben hat. Nun kommt Klaus Müller auf die verhängnisvolle Idee, die Staatskasse für seine Beziehung anzuzapfen. Als Teamleiter im Ulmer Baudezernat ist er für die Auszahlung von Wohngeld verantwortlich, das aus Landesmitteln finanziert wird. Müller erfindet nach eigener Aussage fiktive Antragsteller und trägt seine große Liebe als Vermieterin oder Verwalterin ein.

Zwischen April 2003 und November 2004 bekommt die Frau laut Anklage 581.163 Euro aus der Landesoberkasse überwiesen - in Einzelbeträgen zwischen 70 und rund 3000 Euro. Scheinbar fällt niemandem der Missbrauch auf, laut "Südwest Presse" kommen weder interne Kontrollen noch das zuständige Regierungspräsidium dem Mann auf die Schliche. "Es könnte sein, dass der Mann als Leiter der Wohngeldgruppe die Kontrollsysteme umgehen konnte", sagt eine Stadtsprecherin.

Bitteres Ende

Doch Ende 2004 wird Klaus Müller die Sache zu brenzlig. Von sich aus beendet er den Betrug. Obwohl Lisa mittlerweile in der Türkei anschafft und sich das Paar nur noch sporadisch trifft, kämpft Müller bis zur völligen Erschöpfung um die Frau. Einen Großteil seines Gehaltes zahlt Müller an die Prostituierte, sagt Anwalt Filius. Er macht keinen Urlaub mehr, und trägt nebenbei sogar Zeitungen aus, um Lisa zu bezahlen. "Er lebte nur noch von der Hand in den Mund", sagt sein Anwalt.

Dann das bittere Ende. Der eifersüchtige ehemalige Lebensgefährte der Frau gibt der Polizei im Frühjahr 2008 den entscheidenden Tipp. Der monatelange Betrug fliegt auf, Klaus Müller wird festgenommen.

Die Stadt Ulm habe den Fall zum Anlass genommen, ihre eigenen Abläufe und internen Kontrollen zu überprüfen, sagt die Sprecherin. Zu spät - zumindest für Klaus Müller, der wahrscheinlich nach 30 Jahren seinen Job bei der Stadt verlieren wird. Ehemalige Kollegen des Mannes sprechen von einem "tragischen Fall".

Am Montagvormittag hat Klaus Müller vor Gericht die Vorwürfe gestanden. Während seiner Aussage brach er mehrmals in Tränen aus. Der Strafrahmen für die Untreue in besonders schwerem Fall liegt bei sechs Monaten bis zu zehn Jahren Haft. Strafmildernd wird sich wohl Müllers Geständnis auswirken. Zudem habe ein Gutachter seinem Mandanten verminderte Schuldfähigkeit attestiert, sagt Anwalt Filius. Denn: "Er war einfach nicht mehr Herr seiner Sinne." Und während Müller wohl jahrelang hinter Gittern über seine Zeit mit Lisa nachdenken wird, ist seine große Liebe seit der Aufdeckung des Skandals auf der Flucht.

PRODUKTE & TIPPS