Prozesskosten Staat muss Kindsmörder unterstützen

Er hat ein Kind entführt und getötet, von den Eltern versuchte er Lösegeld zu erpressen: Magnus Gäfgen. Weil sein Geständnis wohl unter Androhung von Gewalt zustande kam, will er das Land Hessen auf Schmerzensgeld verklagen. Nun bekommt er dafür wohl staatliche Unterstützung.

Der Kindsmörder Magnus Gäfgen darf mit staatlicher Unterstützung das Land Hessen auf Schmerzensgeld verklagen, weil ihm Polizisten bei den Ermittlungen mit Folter drohten. Das Oberlandesgericht Frankfurt folgte in seiner Entscheidung dem entsprechenden Beschluss des Bundesverfassungsgerichts von Mitte Februar, wie Gäfgens Anwalt Michael Heuchemer sagte. Wenn nun noch das Landgericht als nächstniedrigere und zuständige Instanz entsprechend entscheidet, kann der Schadenersatzprozess des verurteilten Mörders unter anderen gegen den früheren stellvertretenden Frankfurter Polizeipräsidenten Wolfgang Daschner eröffnet werden.

Das Frankfurter Landgericht und das Oberlandesgericht hatten ursprünglich eine finanzielle Unterstützung Gäfgens mit der Begründung abgelehnt, dass seine Klage keine Aussicht auf Erfolg habe. Das höchste deutsche Gericht gab aber der Verfassungsbeschwerde des früheren Jura-Studenten dagegen recht. Nach einer Entscheidung der obersten Richter hat der zu lebenslanger Haft verurteilte 32-Jährige Anspruch auf Prozesskostenhilfe. Gäfgen fordert mehr als 10.000 Euro, weil ihm bei der polizeilichen Vernehmung zur Entführung und Ermordung des elfjährigen Frankfurter Bankierssohns Jakob von Metzler mit Folter gedroht wurde.

Anwalt sieht exemplarischen Wert

Gäfgens Anwalt Michael Heuchemer sagte zu der Entscheidung des Oberlandesgerichts, sie habe "einen exemplarischen Wert, indem sie zeigt, dass es fühlbare Konsequenzen hat, wenn der Staat mit strafbaren Methoden vorsätzlich zur Geständnis-Erzwingung greift". Nun werde sich zeigen, ob nur die ermittelnden Beamten für die Folterandrohung verantwortlich gewesen seien oder ob sie dafür Rückendeckung von höherer politischer Stelle gehabt hätten. Diese Frage sei für "Grund und Höhe des Staatshaftungsanspruchs relevant". Das Bundesverfassungsgericht hatte von einer schwierigen und ungeklärten Rechtsfrage gesprochen, die der Fall aufwerfe. Denn es gehe um das grundsätzliche Problem, ob und unter welchen Voraussetzungen eine die Menschenwürde verletzende Amtshandlung einen Anspruch auf Entschädigung zur Folge habe.

Gäfgen entführte und tötete im September 2002 den Millionärssohn Jakob von Metzler. Er wurde festgenommen, noch bevor die Polizei erfuhr, dass der Junge tot war. Bei den Vernehmungen beauftragte der damalige Frankfurter Polizeivizepräsident Daschner einen Polizisten, Gäfgen mit Schmerzen zu drohen, wenn er das Versteck von Jakob nicht preisgebe. Tatsächlich führte der Mörder daraufhin die Beamten zur Leiche des Kindes. Daschner wurde wegen der Folterdrohung im Jahr 2004 zu 10.800 Euro Geldstrafe auf Bewährung verurteilt, der Polizist zu 3.600 Euro Geldstrafe auf Bewährung. Gäfgen wurde bereits 2003 zu lebenslangem Gefängnis verurteilt. Im vergangenen Jahr nahm der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Beschwerde Gäfgens an. Jetzt müssen die Richter klären, ob sein Geständnis mit einer Folterandrohung erzwungen wurde. Bei einem Erfolg könnte der Mörder eine Wiederaufnahme des Verfahrens verlangen. Eine Terminierung aus Straßburg gibt es laut Heuchemer noch nicht.

AP
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