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Polizistenmord Reichsbürger Wolfgang P. muss lebenslang in Haft

Im Morgengrauen schießt er auf Beamte einer Spezialeinheit. Ein Polizist stirbt, zwei weitere werden verletzt. Für seine Tat hat der "Reichsbürger" aus Mittelfranken jetzt seine Strafe bekommen.

Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat den zur Reichsbügerszene zählenden Wolfgang P. wegen Mordes an einem Polizisten zu lebenslanger Haft verurteilt. Außerdem verurteilte das Gericht den 50-Jährigen am Montag wegen der vor einem Jahr im fränkischen Georgensgmünd von ihm abgegebenen Schüsse wegen versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung. P. hatte bei einer Waffenrazzia in seinem Haus unvermittelt geschossen, einen 32-jährigen Polizisten getötet und zwei weitere Polizisten verletzt.

Die Staatsanwaltschaft hatte außer einer lebenslangen Haftstrafe auch die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld gefordert, womit eine vorzeitige Haftentlassung nach 15 Jahren ausgeschlossen gewesen wäre. Die Vorsitzende Richterin Barbara Richter-Zeininger sagte, das Gericht habe diese besondere Schwere der Schuld aber trotz allem nicht gesehen. Unter anderem begründete Richter-Zeininger dies damit, dass P. bisher nicht vorbestraft war.

Wolfgang P. besaß mehr als 30 Waffen

Während die Staatsanwaltschaft sich zunächst noch nicht zu einer möglichen Revision äußern wollte, kündigte die Verteidigung von P. umgehend Rechtsmittel gegen das Urteil an. Verteidigerin Susanne Koller sprach von einem politisch motivierten Urteil. "Uns wurde zugetragen, es bestand eine gewisse Erwartungshaltung der Politik und Behörden über den Ausgang des Verfahrens", sagte sie vor Journalisten. Das Gericht habe dem offensichtlich nicht stand gehalten, sie könne die rechtliche Würdigung des Geschehens nicht nachvollziehen.

SEK-Beamte hatten am 19. Oktober vergangenen Jahres das Haus von P. gestürmt, um ihm seine mehr als 30 Waffen abzunehmen. Zuvor hatte P. mehrere Aufforderungen zur freiwilligen Abgabe der von ihm rechtmäßig erworbenen Waffen missachtet. Ihm war seine Waffenbesitzerlaubnis entzogen worden, weil er als unzuverlässig eingestuft wurde.

P. bestritt eine Tötungsabsicht und sagte aus, er habe den Polizeieinsatz für einen Überfall gehalten. Wie die Richterin sagte, handelte P. nach Überzeugung des Gerichts aber mit voller Absicht und geplant. Als zentral wertete das Gericht dabei eine Zeugenaussage. Vier Tage vor den Schüssen habe P. beim Pokern in einem FKK-Club einem Zeugen gesagt, er rechne mit einem Einsatz von Polizei und SEK. Dazu habe er dem Zeugen mit ausgestrecktem Zeigefinger gesagt: "Ein paar von denen nehme ich mit." Die Aussage des Manns sei absolut glaubwürdig.

"Sehr ungewöhnliche, abnorme Gedanken" 

Anders als von den Verteidigern behauptet habe P. auch erkannt, dass vor seiner Tür Polizisten standen. Er habe nicht blindwütig drauf los geschossen, sondern ganz gezielt elf Schüsse abgegeben. Von den elf Schüssen sei nach der Beweisaufnahme höchstens einer kein Treffer gewesen.

Wie die Richterin sagte, gibt es trotz seiner "sehr ungewöhnlichen, abnormen Gedanken" bei P. keine Hinweise auf einen schuldmindernden Wahn. P. hatte auch Kontakt zu dem Reichsbürger Adrian U., der derzeit wegen versuchten Mordes an einem Polizisten vor dem Landgericht Halle angeklagt ist. Die eskalierte Zwangsräumung bei U. im August vergangenen Jahres und die Schüsse von P. gelten als Wendepunkt im Umgang mit den sogenannten Reichsbürgern.

Seither gab es bundesweit zahlreiche Razzien gegen Anhänger der Szene. Die in etliche Kleingruppen zersplitterten Reichsbürger erkennen die Bundesrepublik und ihre Institutionen nicht an, für sie besteht das Deutsche Reich in den Grenzen von 1937 fort.

jen DPA

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