In einem Skandal um gekaufte Jura-Examen hat der angeklagte Richter überraschend ein Geständnis abgelegt. Der Jurist Jörg L. gab am dritten Prozesstag zu, als Referatsleiter im niedersächsischen Landesjustizprüfungsamt Referendaren Prüfungslösungen für das zweite Staatsexamen verkauft zu haben. Damit dürfte der ursprünglich bis in den Sommer hinein als Mammutverfahren geplante Prozess ein frühes Ende finden. Dem Juristen drohen bis zu zehn Jahre Haft.
"Ich möchte die Verantwortung für mein Handeln übernehmen", sagte der 48-Jährige am Dienstag beim Prozess am Landgericht Lüneburg. "Ich bin mir bewusst, wie groß der Schaden ist, den ich der Justiz zugefügt habe."
In seinem Geständnis wich der Angeklagte kaum von den elf in der Anklage genannten Fällen ab. In drei ergänzenden Punkten ging sein Geständnis sogar über die Anklage hinaus. "Grundsätzlich räume ich die Vorwürfe genau so ein, wie die Staatsanwaltschaft sie mir vorwirft", sagte der Mann. Er habe den Referendaren helfen und seine Frau finanziell absichern wollen, erklärte Jörg L sein Verhalten.
Der Angeklagte soll Examenskandidaten gedroht haben
Bestechlichkeit im besonders schweren Fall, Verletzung des Dienstgeheimnisses und versuchte Nötigung: So lauten die Anklagepunkte der Staatsanwaltschaft. Der ehemalige Richter habe die Prüfungsergebnisse zum Teil für fünfstellige Beträge angeboten. Bis zu 15 junge Juristen könnten dieses Angebot genutzt haben, gegen sie wird nun gesondert ermittelt. Damit sie ihn nicht verraten, soll Jörg L. den Examenskandidaten mit einer Verleumdungsklage gedroht haben.
Der Angeklagte zeigte sich reumütig. Er entschuldigte sich mehrfach bei den betroffenen Referendaren, seinen früheren Kollegen und bei seiner Ehefrau. "Ich weiß, dass diese Fehler nicht wieder gut zu machen sind", sagte Jörg L. Nun hoffe er, dass das Vertrauen in die niedersächsische Justiz wieder hergestellt werde und den Referendaren in dem Verfahren eine Aussage erspart bleibe, so L. weiter.
Der Druck durch die Medien war zu groß
"Wir werten das als umfassendes Geständnis", sagte Gerichtssprecher Volker König. Ein Urteil könne bereits in der kommenden Woche fallen. Über die Motive des Angeklagten für das Geständnis könne er nur spekulieren, sagte König. "Sicherlich ist das Geständnis bei der Strafzumessung zu berücksichtigen", betonte er. "Das Beweismaterial der Anklage sei jedoch bedrückend. Der Angeklagte selbst begründete sein plötzliches Geständnis auch mit dem Druck durch die Medienberichterstattung. Diese Belastung wolle er seiner Familie nicht weiter zumuten.
Erst in der vergangenen Woche hatte die Vorsitzende Richterin eine Aufhebung des Haftbefehls abgelehnt. Der angeklagte Richter hatte sich Ende März nach Italien abgesetzt und war schließlich in Mailand gefasst worden. Die Kammer sah Fluchtgefahr, da dem Mann schließlich eine lange Haftstrafe drohe. Im Falle einer Verurteilung sei Jörg L. zudem eine Zukunft als Richter oder Anwalt verwehrt.