Totes Baby Lara-Mias Eltern kommen mit Bewährung davon

Der Fall hatte bundesweit Schlagzeilen gemacht: In Hamburg war das neunmonatige Mädchen Lara-Mia tot und völlig abgemagert in einer Wohnung gefunden worden. Jetzt verhängte das Gericht Jugendstrafen gegen die Mutter und ihren Freund - auf Bewährung.

Lara-Mia wog nur 4,8 Kilogramm, als sie tot in einer Hamburger Wohnung gefunden worden war - halb so viel wie für ein neunmonatiges Kind normal ist. Doch die genaue Todesursache konnten Rechtsmediziner nicht eindeutig klären. Jetzt sprach das Hamburger Landgericht das Urteil gegen die Mutter und ihren Lebensgefährten: Die 19-Jährige bekommt eine zweijährige Jugendstrafe, ihr 22 Jahre alter damaliger Freund neun Monate Jugendstrafe - beide zur Bewährung ausgesetzt.

Das Gericht sprach Jessica R. und Daniel C., der nicht leiblicher Vater des Kindes war, wegen gefährlicher Körperverletzung und Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht schuldig. Bei der 19-Jährigen kam noch Misshandlung von Schutzbefohlenen hinzu.

Tod durch Unterernährung - vernachlässigte Kinder

Das Schicksal der kleinen Lara-Mia aus Hamburg reiht sich in eine Liste vergleichbarer Fälle ein:

April 2010:

Die Eltern der dreijährigen Sarah aus Bayern werden wegen Mordes angeklagt. Laut Anklage hatten sie das Kind so lange vernachlässigt, bis es im August 2009 an Unterernährung starb.

November 2009:

Nach dem Hungertod der 14 Monate alten Jacqueline aus Nordhessen müssen die drogensüchtigen Eltern lebenslang hinter Gitter. Das Kind wog bei seinem Tod nur noch sechs Kilogramm.

April 2009:

Ein schwerbehinderter neun Jahre alter Junge aus Bad Münstereifel (NRW) verdurstet und erfriert vor den Augen seiner Geschwister. Die alleinerziehende Mutter von fünf Kindern ist im Urlaub.

April 2009:

Gut 14 Monate nach dem Tod des kleinen Florian in Frankfurt (Oder) wird der Vater in einem Revisionsverfahren wegen Totschlags zu acht Jahren Haft verurteilt. Er hatte dem Kind monatelang zu wenig zu essen gegeben. Die Mutter bekam sieben Jahren Jugendhaft.

Dezember 2007:

Der zwei Jahre alte Robin aus dem sächsischen Kirchberg verhungert und verdurstet. Seine Mutter ist verreist und hat ihm nur eine Trinkflasche und ein paar Kekse ins Bettchen gelegt. Sie erhält acht Jahre Haft wegen Totschlags.

März 2005:

Nach jahrelangem Martyrium verhungert die siebenjährige Jessica aus Hamburg. Die arbeitslosen Eltern hatten ihre Tochter in einem dunklen, ungeheizten Zimmer wie eine Gefangene gehalten. Sie müssen wegen Mordes lebenslang hinter Gitter.

Richter: Kind sollte Ausweg aus dem Elend sein

Den ursprüngliche Anklagepunkt Totschlag durch Unterlassen berücksichtigte das Gericht nicht. Die Staatsanwaltschaft war davon ausgegangen, dass das Paar das Mädchen nicht ausreichend mit Essen und Trinken versorgt hatte.

Die beiden Angeklagten nahmen das Urteil ohne sichtbare Rührung auf. Die Mutter hatte einen schwarz-weißen Kapuzenpullover tief über das Gesicht gezogen. Der Stiefvater blickte starr geradeaus. Der Vorsitzende Richter machte in der Urteilsbegründung klar, dass die 19-Jährige von Anfang an als Mutter eine Fehlbesetzung war: Schon als Jugendliche habe sie keine Ordnung halten können, habe die Schule hingeworfen und das Kind als Ausweg aus einer verfahrenen Lebenssituation gesehen.

Angst vor dem Jugendamt

Die Tat hatte damals nicht nur ganz Hamburg geschockt: Das Mädchen war am 11. März 2009 tot in der Wohnung des Paares gefunden worden, völlig abgemagert. Das Mädchen war nach Überzeugung von Fachleuten spätestens ab Februar schon lebensgefährlich unterernährt. Dennoch gingen Mutter und Stiefvater nicht mit dem Kind zum Arzt. Selbst Nachbarn und Verwandte hatten die Eltern auf den Zustand der Kleinen angesprochen, wie die Ermittlungen ergaben.

Nach damaligen Angaben der Staatsanwaltschaft hatte die Mutter die schlechte Versorgung des Kindes nach dem Tod eingeräumt. Zum Arzt sei sie mit dem Baby nicht gegangen, weil sie Angst vor dem Jugendamt gehabt habe.

Sozialbehörde gibt Fehler zu

Die Hamburger Sozialbehörde hatte 2009 Fehler in dem Fall eingeräumt. Der zuständige Sachbearbeiter habe das Kindeswohl aus dem Blick verloren, wie ein Abteilungsleiter der Sozialbehörde sagte. Der Prozess fand wegen des Alters der Angeklagten hinter verschlossenen Türen statt.

DPA
fw/APD/DPA

PRODUKTE & TIPPS