Urteil Lebenslang für Jessicas Eltern

Zum Schluss waren sich Staatsanwaltschaft und Gericht einig: Die Eltern der im März verhungerten Jessica müssen lebenslang ins Gefängnis. Beobachter waren von der Teilnahmslosigkeit der Eltern während des Prozesses schockiert.

Die Eltern der qualvoll verhungerten Jessica sind wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Das Hamburger Landgericht befand sie am Freitag des Mordes und der Misshandlung von Schutzbefohlenen für schuldig.

Die Siebenjährige war am 1. März völlig abgemagert und entkräftet an Erbrochenem erstickt; sie wog bei ihrem Tod nur noch 9,6 Kilogramm - das entspricht in etwa dem Gewicht einer Zweijährigen. Nach Ansicht eines Rechtsmediziners hat das Mädchen lange Zeit entsetzliche Qualen erlitten.

Das Gericht folgte mit dem Urteil dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Die Verteidiger der beiden Angeklagten hatten in ihren Plädoyers den Mordvorwurf zurückgewiesen. Sie hatten gefordert, dass die Eltern wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen und die Mutter zusätzlich wegen Körperverletzung mit Todesfolge verurteilt werden sollten.

Die 36-jährige Mutter und der 50-jährige Vater der Siebenjährigen müssen sich seit Ende August vor dem Landgericht der Hansestadt verantworten. Sie hatten das kleine Mädchen in ihrer Hochhauswohnung in einem kalten und dunklen Zimmer eingesperrt und ihr nichts zu essen gegeben.

Prozess-Beobachter waren von der scheinbaren Teilnahmslosigkeit der Eltern schockiert. Die Mutter Marlies Sch. hatte sich bei der Verhandlung in Widersprüche verwickelt und zunächst ihre Schuld eingestanden, dann aber angegeben, Jessica regelmäßig gefüttert zu haben. Der Vater schwieg. Die Familie lebte am untersten sozialen Rand, Alkohol spielte eine große Rolle.

Der Fall Jessica ist aus Sicht von Experten "nur die Spitze des Eisberges". Die Leiden des Mädchens seien ein "besonders extremes Beispiel von Vernachlässigung und Misshandlung", sagte der Direktor der Kinder- und Jugendpsychiatrie der Uniklinik Hamburg-Eppendorf, Peter Riedesser, der Nachrichtenagentur AP.

In Deutschland würden jährlich hunderttausende Kinder Opfer von Schlägen, sexuellem Missbrauch und Verwahrlosung. Der Tod der kleinen Jessica hatte quer durch die Stadt Bestürzung ausgelöst. Die zuständigen Behörden standen tagelang in der Kritik, weil sie sich nicht energisch genug nach dem Zustand des Mädchens erkundigt haben sollen. Als Konsequenz wurde eine Task Force Kinderschutz und eine Hotline für Notfälle angekündigt.

AP
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