Der Amokläufer von Blacksburg hat nach seinen ersten beiden Morden ein Paket mit Videos und einem Manifest an einen US-Fernsehsender aufgegeben, bevor er in der Technischen Hochschule von Virginia 30 weitere Menschen und sich selbst tötete. Der Fernsehsender NBC sendete am Mittwochabend Ausschnitte aus Cho Seung Huis mit einer Videokamera gefilmten Erklärung. "Ihr hattet eine hundert Milliarde Chancen, das hier zu vermeiden", sagte Cho in einem von NBC am Mittwochabend gezeigten Ausschnitt seines Manifests. "Aber ihr habt entschieden, mein Blut zu vergießen. Ihr habt mich in die Ecke getrieben und nur eine Option gelassen. Jetzt habt ihr Blut an euren Händen, das sich nie mehr abwaschen lässt."
Cho beruft sich auf Columbine
Cho erwähnte auch "Märtyrer wie Eric und Dylan" - die Amokläufer des Massakers an der Columbine Highschool vor fast genau acht Jahren, die 13 Menschen und sich selbst töteten. NBC zufolge ist Chos Stellungnahme 1.800 Wörter lang und enthält 43 Fotos. Auf elf Bildern hält er Handfeuerwaffen in die Kamera. Etliche Passagen seiner Rede seien zusammenhanglos und vulgär. "All eure Ausschweifungen waren nicht genug. Sie reichten nicht, eure hedonistischen Bedürfnisse zu befriedigen. Ihr hattet alles." Sich selbst stellt er als einen Jungen dar, dessen Herz mutwillig zerstört, dessen Seele vergewaltigt und dessen Bewusstsein ausgelöscht worden sei. "Dank euch sterbe ich wie Jesus Christus, um Generationen schwacher und schutzloser Menschen zu inspirieren."
Ein Zeitstempel auf dem Paket zeige, dass Cho es am Montag um 09.01 Uhr (Ortszeit) in einem Postamt Virginias aufgegeben habe. Das war eine Stunde und 45 Minuten nach seinen ersten tödlichen Schüssen in einem Wohnheim der Virginia Tech.Das würde erklären, wo der Amokläufer war, bevor er auf den Campus zurückkehrte und in einem Lehrgebäude 30 weitere Menschen und sich selbst tötete. Das Paket sei per Eilkurier aufgegeben worden, und sei am Dienstag bei NBC eingegangen, aber dort erst am Mittwoch geöffnet worden, teilte der Sender mit. Vor der Sendung des Materials sei das Paket von der Bundespolizei FBI geprüft worden.
Bereits 2005 für krank erklärt
Wie US-Medien weiter berichteten, wurde Cho bereits 2005 von einem Sonderrichter des Staates Virginia für geistesgestört erklärt und im Dezember für kurze Zeit in eine psychiatrische Klinik eingewiesen. Der Sender CNN zitierte Experten, die damals dem Gericht sagten, Cho stelle eine Gefahr für sich und andere dar. Nach weiteren Gutachten wurde Cho aber wieder aus der Klinik entlassen.
An der Virginia Tech fiel sein gestörtes Verhalten den Dozenten und Mitstudenten auf. Ein Abteilungs-Direktorin hatte sich bereits an die Polizei gewandt, weil Cho makabre Gedichte und Theaterstücke voller Gewalt-, Sexual- und Todesfantasien abgeliefert hatte.
Mindestens zehn US-Schulen evakuiert
Der furchtbare Amoklauf hat offenbar zahlreiche Trittbrettfahrer auf den Plan gerufen: An vielen US-Schulen gingen am Mittwoch Drohungen ein. In mindestens zehn Staaten wurden Universitäten, Ober- und Mittelschulen nach Drohungen evakuiert oder geschlossen. In der Universität von Minnesota wurden acht Gebäude geräumt. Der Polizeichef der Universität, Greg Hestness, sagte, es sei klar, dass es eine Reihe Fehlalarme nach Blacksburg geben werde. "Wir können es uns aber nicht leisten, es nicht zu glauben und uns dabei zu irren", sagte er. Ein 16-jähriger Oberschüler erschoss sich im US-Staat North Carolina, nachdem er zuvor zwei Mitschüler mit seiner Handfeuerwaffe bedroht hatte. Das teilte die Polizei in Huntersville mit. Die Schulen in der Stadt seien nach dem Vorfall geschlossen worden.
In Colorado wurde ein Student festgenommen und beschuldigt, Sympathie und Verständnis für den Amokläufer von Blacksburg geäußert zu haben. Bei einer Diskussion in seiner Klasse der Universität von Colorado hat der 22-jährige Zeugenaussagen zufolge erklärt, er sei wütend auf alles von fluoreszierenden Glühbirnen bis zu nicht angemalten Wänden, und es mache ihn wütend genug, Menschen zu töten.