In Neuseeland ist ein 45-Jähriger am Dienstag wegen sexuellen Missbrauchs von zwei Minderjährigen in 33 Fällen für schuldig erklärt worden. Seine beiden Opfer waren erst acht und zwölf Jahre alt, als die Taten begannen. Das zweiwöchige Gerichtsverfahren hatte in Neuseeland aber nicht nur wegen der Taten des Mannes für Entsetzen gesorgt, sondern auch wegen seiner Verteidigungsstrategie. Aufgrund der geltenden Gesetze konnte er vor Gericht argumentieren, mit dem damals zwölfjährigen Mädchen einvernehmlichen Sex gehabt zu haben, berichtet der "New Zealand Herald". Er behauptete, eine Beziehung zu ihr gehabt zu haben, die wie die eines verheirateten Paares gewesen sei. Der heute 24-Jährigen schob er die Verantwortung zu und behauptete vor Gericht weiter, sie habe damals den Geschlechtsverkehr initiiert. Außerdem sei sie von der Verteidigung dazu ausgefragt worden, wieso sie die Vergewaltigung damals – mit zwölf Jahren – nicht sofort angezeigt habe. Die Taten an dem jüngeren Opfer hatte der Täter vor Gericht abgestritten.
Unter 16-Jährige laut Gesetzeslage in Neuseeland zu Einwilligung fähig
In Neuseeland könne eine Person unter 16 Jahren laut geltendem Recht zwar nicht in sogenannte "unanständige Handlungen" einwilligen, sagte Juraprofessorin Carrie Leonetti von der Universität von Auckland der Zeitung. In Geschlechtsverkehr einwilligen könne sie rechtlich gesehen aber schon. Daher sei es möglich, die Einwilligung zum Geschlechtsverkehr, oder den Glauben, es habe eine solche gegeben, auch bei Kindern vor Gericht als Verteidigung zu nutzen. Sobald ein Täter für den Tatbestand "sexueller Missbrauch durch Vergewaltigung" angeklagt ist, wie in dem aktuellen Fall, könne er sich mit dem Argument der Einwilligung vor Gericht verteidigen.
Die Geschworenen glaubten dennoch den Opfern und bekannten den Mann für schuldig, die beiden damals Minderjährigen ab dem Jahr 2010 vier Jahre lang sexuell missbraucht zu haben. Allein die Schuldzuschreibung vor Gericht könne für Opfer sexuellen Missbrauchs aber zusätzlich zu der Tat traumatisch sein – für Kinder ganz besonders, zitiert der britische "Guardian" Kathryn McPhillips. Sie ist die Geschäftsführerin einer Hilfsorganisation für Betroffene sexuellen Missbrauchs in Auckland. Die Gesetzeslage zur Einwilligung müsse sich dringend ändern, sagte sie gegenüber dem "New Zealand Herald": "Jeder geht davon aus, dass das Schutzalter in Neuseeland bei 16 Jahren liegt... aber wenn es um sexuelle Übergriffe geht, gibt es kein Schutzalter... das ist absolut empörend."
Überarbeitung der Gesetze gefordert
Bereits seit Längerem wird von Aktivist:innen in Neuseeland gefordert, die Gesetzeslage über Einwilligung zu überarbeiten. Die 17-jährige Aktivistin Layba Zubair hat deshalb eine Petition gestartet, die sie auch in den sozialen Medien verbreitet.
"Dass Anwälte argumentieren könnten, ein 12-jähriges Kind sei zur Einwilligung fähig, und die Gesetzeslage ihnen das erlaube, sei "ekelhaft", zitiert sie der "New Zealand Herald". Der aktuelle Fall sei ein alarmierendes Beispiel, wieso sich die Gesetze ändern müssten. In ihrer Petition fordert sie, dass die neuseeländischen Gesetze zur Einwilligung überarbeitet werden, vor allem, was die Definition von Zustimmung betrifft. Dafür hatte sie sich auch als jugendliche Abgeordnete im neuseeländischen Jugendparlament ausgesprochen, welches einmal in jeder Legislaturperiode abgehalten wird.
Die Armee, Dein Feind

Laut der Zeitung gibt die neuseeländische Justizministerin Kiri Allen an, sich dem Thema bereits angenommen zu haben. Das Land solle sich an den neu erlassenen Gesetzen im australischen New South Wales orientieren, forderte Zubair weiter. Seit dem 1. Juni gilt dort, dass eine Einwilligung zu sexuellen Handlungen freiwillig durch Worte und Handlungen gegeben werden muss, und nicht vorausgesetzt werden darf. Ähnliche Gesetze gelten auch in Schweden und Dänemark.