Turbulente Finanzmärkte, schwächelnde Weltkonjunktur, Inflation: Die Berater:innen der Regierung erwarten angesichts heftigen Gegenwinds keinen kräftigen Aufschwung in Deutschland, sind aber nicht mehr ganz so pessimistisch wie noch im Herbst.
Video Wirtschaftsweise erwarten wenig Wachstum bei hoher Inflation

STORY: Pressekonferenz der fünf Wirtschaftsweisen in Berlin. Die Mitglieder des Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung dämpften am Mittwoch Hoffnungen auf einen kräftigen Aufschwung in Deutschland - wegen der weiter hartnäckig hohen Inflation. O-TON MONIKA SCHNITZER, VORSITZENDE DES SACHVERSTÄNDIGENRATES ZUR BEGUTACHTUNG DER GESAMTWIRTSCHAFTLICHEN ENTWICKLUNG: "Zusammenfassend kann man sagen, dass trotz der leichten Aufhellung vor allem der inflationsbedingte Kaufkraftverlust und die schlechteren Finanzierungsbedingungen verhindern, dass der Aufschwung in diesem und im kommenden Jahr stärker ausfällt. In unserem Konjunktur-Update prognostizieren wir deshalb für dieses Jahr ein leichtes Wachstum des Bruttoinlandsprodukts um 0,2 Prozent. Für das kommende Jahr rechnen wir mit einem moderaten Wachstum von 1,3 Prozent. Für den Euroraum erwarten wir ein Wirtschaftswachstum kalenderbereinigt von rund 0,9 Prozent in diesem und von 1,5 Prozent im kommenden Jahr." Noch im November hatte das Expertengremium für das Jahr 2023 einen leichten Rückgang des Wirtschaftswachstums prognostiziert. Seither hätten sich die globalen Konjunkturaussichten aber leicht aufgehellt. Die Unsicherheit über die Energieversorgungslage sei trotz andauernder Belastung leicht gesunken. Mit Blick auf die Energiekrise habe sich die deutsche Wirtschaft im Winterhalbjahr recht widerstandsfähig gezeigt. Für den kommenden Winter bleibe die Gefahr von Energiepreissprüngen oder gar einer Gasmangellage bestehen. Den Höhepunkt der Inflation sehen die Berater der Regierung mittlerweile überschritten. O-TON WIRTSCHAFTSWEISE ULRIKE MALMENDIER: "Diese setzen wir nach den 6,9 Prozent im vergangenen Jahr auf 6,6% für 2023 an, und erst danach wird es unserer Vorhersage nach zurückgehen auf 3,0, womit wir ungefähr wieder bei 2021. 3,1 werden, was natürlich auch kein glorreiches Jahr war." Die straffere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank verschlechtere die Finanzierungsbedingungen, was sowohl die Konsumnachfrage als auch die Investitionen dämpfe. Dies dürfe sich aber erst im Verlauf des Jahres merklich auf die Inflation auswirken und deren Entwicklung spürbar bremsen. Die Inflation sei noch weit vom Ziel der Europäischen Zentralbank von zwei Prozent entfernt, daher dürften weitere Zinserhöhungen in diesem Jahr erforderlich sein, so die Experten. Die Unsicherheit an den Finanzmärkten der vergangenen Wochen erschwerten die Inflationsbekämpfung durch die Zentralbanken. O-TON WIRTSCHAFTSWEISE ULRIKE MALMENDIER: "Wir möchten festhalten, dass wir im Augenblick keine Gefährdung der Finanzmarktstabilität sehen. Wir sehen, dass der Interbankenmarkt weiterhin sehr gut funktioniert. Wir sehen, dass die Versorgung der Realwirtschaft mit Krediten gesichert ist. Und wir möchten darauf hinweisen, dass die Situation wirklich eine ganz andere ist als in der Finanzkrise 2008, wo weitgehend wertlose Finanzprodukte, die auf den Immobilienmärkten basierten, auf den Bilanzen der Banken standen." Trotz des mauen Wachstums dürfte sich der Arbeitsmarkt in Deutschland stabil entwickeln. Die Erwerbstätigkeit etwa sollte bis Ende 2024 leicht zunehmen. Allerdings drohten im Jahr 2023 das vierte Jahr in Folge sinkende Reallöhne.