Busunglück von Hannover "Wir sind durch die Hölle gegangen"

Die 65-jährige Hildegard K. gehört zu den 13 Menschen, die das Busunglück bei Hannover überlebt haben. "Wir sind durch die Hölle gegangen", sagt die Rentnerin aus Hannover-Misburg über das Unglück, bei dem auch ein 13-jähriges Mädchen ums Leben kam.

Nach dem Flammeninferno in einem Bus auf der Autobahn A2 stehen nun die Namen der 20 Toten fest. Darunter ist auch ein 13 Jahre altes Mädchen, das mit seinen Eltern an der Kaffeefahrt ins Münsterland teilgenommen hatte. Vier Verletzte werden noch in der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) behandelt, drei von ihnen kämpfen mit furchtbaren Verbrennungen ums Überleben. Der Zustand der 46 und 52 Jahre alten Männer sowie der 65-jährigen Frau ist nach Angaben der Hochschule "kritisch, aber stabil". Bei der Suche nach der Ursache gibt es bisher keine neuen Erkenntnisse darüber, ob tatsächlich eine heimlich gerauchte Zigarette auf der Bus-Toilette für die Katastrophe verantwortlich ist.

Inzwischen sind auch die ersten Berichte der überlebenden Opfer an die Öffentlichkeit gekommen. "Wir sind durch die Hölle gegangen", sagt Hildegard K. leise. Die grauhaarige Rentnerin aus Hannover-Misburg gehört zu den wenigen Überlebenden des Flammeninfernos auf der A 2. Zusammen mit ihrem Mann saß sie fast ganz vorne im Bus - das rettete ihr das Leben. "Mir geht es nicht so gut. Ich bin im Moment überfordert. Ich möchte zur Ruhe kommen", sagt sie am Donnerstag leise am Telefon. Seelsorger und Psychologen kümmern sich um sie und die weiteren Opfer. "Ich werde betreut. Wir haben das im Griff", betont sie.

In der Marktkirche in Hannover wurden am Abend hunderte Menschen zu einem Trauergottesdienst erwartet. "Es ist entsetzlich, den Gedanken auszuhalten, dass Menschen nicht fliehen konnten, innerhalb von Minuten verbrannt sind", sagte Hannovers Landesbischöfin Margot Käßmann.

Die Ermittler gehen nach wie vor davon aus, dass das Feuer in dem WC durch einen Schwelbrand entstand. Beim Öffnen der Tür breiteten sich die Flammen dann durch die plötzliche Sauerstoffzufuhr wie eine Feuerwalze aus und erfassten sofort den hinteren Teil des Fahrzeugs. Experten forderten als Konsequenz aus dem schrecklichen Unglück, künftig in allen Bussen Rauchmelder gesetzlich vorzuschreiben. Bei den Toten handelt es sich um das junge Mädchen sowie 13 Frauen und sechs Männer im Alter von 43 bis 80 Jahren. Ihre Leichen wurden am Donnerstag in die Gerichtsmedizin der Medizinischen Hochschule Hannover gebracht. Dort wurden DNA-Proben zur weiteren Identifizierung entnommen. "Wir haben 20 Namen und 20 Verstorbene. Wir können Sie aber noch nicht eindeutig zuordnen", sagte der Polizeisprecher.

Staatsanwaltschaft am Anfang der Ermittlungen

Brandexperten des TÜV begannen mit der Untersuchung des Busses, der am Dienstagabend auf der Autobahn nahe Hannover in Flammen aufging. Auch die Staatsanwaltschaft machte sich ein Bild vom Unglücksort. "Wir stehen noch ganz am Anfang der Ermittlungen", sagte Kathrin Söfker, Sprecherin der Staatsanwaltschaft Hannover. "Das sind wirklich schwierige Recherchen." Noch sei völlig unklar, ob menschliches Versagen oder ein technischer Defekt das Feuer auf der Toilette ausgelöst habe. Es gebe jedoch keinerlei Hinweise darauf, dass jemand vorsätzlich einen Brand gelegt habe.

Nach Angaben der Polizei wurden inzwischen bis auf die Schwerstverletzten alle Überlebenden des Unglücks befragt. Auch der Fahrer sagte aus. Details wollte ein Polizeisprecher aber nicht nennen. Der Anwalt des Busunternehmens sagte, genau wie die anderen Überlebenden sei auch der Fahrer in psychologischer Behandlung. Ihm ist nach Polizeiangaben kein Vorwurf zu machen. "Den Busfahrer trifft gar keine Schuld. Er hat alles Mögliche versucht, um noch Menschen rauszuholen", sagte Polizeisprecher Axel Borgfeld.

Keine Zigarettenpause unmittelbar vor dem Unglück

Mittlerweile ist nach Ermittlerangaben auch klar, dass der Reisebus aus Hannover zuletzt eine Raststätte im etwa 120 Kilometer entfernten Gütersloh ansteuerte und danach nicht noch einmal anhielt, sagte ein Polizeisprecher. Zunächst hatte es von der Polizei geheißen, der Bus habe für eine kurze Zigarettenpause noch kurz vor dem Unfall in Garbsen gestoppt. Eine heimlich gerauchte Zigarette gilt als mögliche Ursache für den Unfall.

Der internationale Busverband RDA forderte als Konsequenz aus dem Unglück Rauchmelder und verbindliche Passagierlisten für Reisebusse. "Ein Brandmelder hätte dieses Unglück verhindert", sagte der Leiter des RDA-Krisenteams, Johannes Hübner. Ein Brandmeldesystem hätte den Busfahrer frühzeitig vor dem Brand in der Toilette gewarnt. "Der Busfahrer hätte frühzeitig reagieren und anhalten sowie die Reisenden aussteigen lassen können."

DPA
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