Möwen gehören zwar zum Urlaub am Meer einfach dazu – sie können aber auch ganz schöne Plagegeister sein. Mit ihren stechenden Augen spähen sie gerne nach unseren Pommes frites oder dem Fischbrötchen und – zack! – schnappen sie sich im Sturzflug. Vom Möwenschiss auf der Windschutzscheibe ganz zu schweigen! Im dänischen Sønderborg hat man die Vögel deshalb sogar zum Abschuss freigegeben, so lästig sind sie dort geworden.
Im belgischen De Panne dagegen hat man ein Herz für die gefiederten Luftpiraten. Auf der Internetseite der "European Championship Gullscreeching" heißt es: "Sie sind Akrobaten der Lüfte, die einem den Spaß des Lebens bereiten. Eine kreischende Möwe weckt schöne Erinnerungen."
Der "Möwenjunge" aus Derbyshire gewinnt haushoch
Um den Menschen die Liebe zu den Möwen näherzubringen, wurde in dem Küstenort die Europameisterschaft im Möwengeschrei, dem "meeuwenschreeuwen", ins Leben gerufen. "Um das Möwengeschrei richtig zu imitieren, bedarf es wissenschaftlicher Beobachtung", so die Initiatoren. Wer sich dafür Zeit nimmt, wird sich auch mehr für sie interessieren, so der Gedanke.
So traf man sich am vergangenen Sonntag in De Panne zur vierten Möwenschrei-EM. Die Möwenimitatoren traten in drei Kategorien gegeneinander an: Erwachsene, Junioren und Kolonie, also der Gruppenwettbewerb. Sie mussten eine Jury von ihren Kreisch-Künsten überzeugen und so viele Punkte wie möglich sammeln; 100 waren das Maximum. Viele der Teilnehmerinnen und Teilnehmer hatten sich dafür sogar als Möwen verkleidet.
Die mit Abstand meisten Punkte sammelte ein Neunjähriger: Cooper Wallace aus Großbritannien. 92 Punkte erreichte der Schüler aus Derbyshire mit dem Spitznamen "Möwenjunge". Damit ist er Junioren-Europameister und kreischte sich weltweit in die Schlagzeilen. Radio, Fernsehen, Zeitungen – alle wollen sie Cooper interviewen.
Eine Möwenattacke inspiriert Cooper Wallace
"Ich war etwas nervös. Ich dachte, sie mir zujubeln, weil sie wollten, dass ich aufhöre, aber dann merkte ich, dass sie alle lächelten und mich anfeuerten, weiterzumachen. Das war fantastisch", sagte Cooper der "Derbyshire Times". Aber auch ein kleiner Glücksbringer in Form einer Möwe spielte eine Rolle. "Ohne Stephen hätte ich nicht gewonnen."
Jan Seys, Meeresbiologe und Juror, sagte der BBC: "Er hat es geschafft, mehrere Arten von Rufen in seine Darbietung einzubauen, und jede von ihnen war einem echten Möwenruf beeindruckend ähnlich. Für mich war er nicht nur der Beste unter den jungen Teilnehmern, sondern von allen, die an der Meisterschaft teilgenommen haben."
Cooper erlernte die Kunst des Möwenschreis, nachdem er bei einem Strandbesuch von einem der Tiere gebissen worden war. "Ich wollte nur das Geräusch machen, um mich daran zu erinnern, dass ich von einer gepickt wurde. Aber ich mag Möwen", erzählte er der "Times of London". Er habe großen Respekt vor Möwen und seine Nachahmung sei eher eine Hommage als eine Verspottung.

Der nächste Superheld?
"Spider-Man wurde von einer Spinne gebissen und wurde zu Spider-Man. Ich wurde von einer Möwe gebissen. Und jetzt bin ich 'Möwenjunge'", sagte er. Trotzdem: Ein bisschen unheimlich seien ihm die Vögel schon, gab er gegenüber der BBC zu. "Ich bin immer noch etwas misstrauisch, was das Essen am Strand angeht."
Coopers neues Hobby war anfangs keine Freude für seine Mutter Lauren, erzählte sie dem Sender. Am Anfang habe sie es nervig gefunden. Aber dann habe sie gemerkt, wie talentiert ihr Sohn sei. "Die Leute drehten sich um und suchten nach Möwen." Sie sei "so stolz" auf ihren Sohn gewesen, sagte sie der "Derbyshire Times".
Bei den Erwachsenen gewann übrigens der Wissenschaftler Simão João aus Portugal. Er erreichte respektable 87 von 100 Punkten – fünf weniger als Cooper Wallace.
Quellen: Nachrichtenagenturen AP und UPI, gullscreeching.eu, "The Times", BBC, "Derbyshire Times", "The Brussels Times"