Zwei Tierheime, das örtliche Veterinäramt, die Polizei und die Freiwillige Feuerwehr waren am vergangenen Sonntag im Landkreis Nürnberger Land an einer Rettungsaktion beteiligt, die in einem Facebook-Post der beteiligten Tierschützer mit etwas Understatement als "kräftezehrend" bezeichnet wird. Insgesamt 116 Katzen befreiten die Helferinnen und Helfer der Tierheime Feucht und Hersbruck mit Hilfe von Feuerwehr und Behörden aus einer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus. In den Facebook-Posts der beiden Tierheime ist noch von 115 Tieren die Rede – nach Informationen des Tierheims Feucht gegenüber dem stern waren es dann aber letztendlich 116.
Große Rettungsaktion in Animal-Hoarding-Wohnung im Kreis Nürnberger Land
Es sei ein "extremer Fall" von Animal-Hoarding", sagte Petra Hluchy, die stellvertretende Leiterin des Tierheims Feucht dem stern. Das Hersbrucker Tierheim spricht davon, dass die Helferinnen und Helfer am Sonntagmittag zu dem "schlimmsten Animal-Hoarding-Fall unserer Vereinsgeschichte gerufen" wurden.
"Die Feuerwehr konnte nur mit Atemschutz in die Wohnung hinein, weil es so schlimm nach Urin gerochen hat", zitiert "Nordbayern.de" die Feuchter Tierheimleiterin Ulrike Lang. Auf dem Boden der kleinen Wohnung habe ein Gemisch aus Kot und Urin geschwommen, berichtet das Tierheim Hersbruck auf Facebook. "Ein Atmen war nur erschwert möglich, da der Ammoniakgeruch extrem war." Zum Glück hätte die Freiwillige Feuerwehr Diepersdorf eine Desinfektionsschleuse für die Helferinnen und Helfer eingerichtet.
Der extreme Geruch ist es auch, der in den Tagen danach noch ein Gesprächsthema in diesem Fall ist. Denn viele fragen sich, warum die Zustände in der Wohnung derart eskalieren konnten, ohne dass jemand vorher die Behörden informiert hätte. "Kaum zu glauben, dass es niemand bemerkt hat", sagt auch Petra Hluchy vom Tierheim in Feucht.
In Gang gesetzt wurde die Aktion denn auch mehr oder weniger durch Zufall: Nachdem ein Wasserschaden gemeldet worden war, wurde das ganze Ausmaß des Tier-Elends entdeckt. "Wie lange dieser Zustand schon war, in dem die Katzen so qualvoll leben mussten, wissen wir nicht", schreibt das Hersbrucker Tierheim. Die Rettung sei zudem schwierig gewesen, weil sich die Tiere hinter Schränken und unter den Möbeln versteckten.
Die meisten der geretteten Katzen und Kater waren erwachsene Tiere, es waren aber auch fünf Kätzchen darunter. "Teilweise waren die armen Tiere völlig durchnässt und alle stanken fürchterlich", schreibt das Tierheim Feucht. "Bei uns werden sie nun gewärmt, gefüttert und tierärztlich versorgt." Die Katzen wurden nach Angaben der Helfer auf mehrere Tierheime in der Region verteilt und befinden sich derzeit in Quarantäne, bis man abschätzten könne, wie ihr Gesundheitszustand sei.
Erstaunlicherweise ist dieser bei den meisten der geretteten Tiere recht gut, wie es aus den Tierheimen und in der örtlichen Presse heißt. Nur bei zwei Tieren sei der Gesundheitszustand bedenklich, schreibt das Hersbrucker Tierheim. "Die meisten Katzen waren in einem guten Zustand", sagt auch Petra Hluchy vom Tierheim Feucht. Sie seien am Sonntag zwar nass gewesen durch den Wasserschaden – am Montag, als die Tiere wieder trocken waren, hätten sie deutlich besser ausgesehen. Auffällig sei gewesen, dass die Tiere nicht verwahrlost wirkten, sagte auch Tierheimleiterin Lang. Es sei bisher völlig unklar, woher die Tiere stammen und ob sie gechipt oder registriert sind. Offenbar hätten sie sich aber nicht unkontrolliert vermehrt.
Nach Informationen von "Nordbayern.de" war die Polizei am Sonntagmorgen gerufen worden, weil Wasser aus der Wohnung lief. Man habe befürchtet, der 60-jährigen Mieterin sei etwas zugestoßen. Sie war demnach offenbar beim Eintreffen der Polizei nicht zu Hause, kam aber etwas später hinzu und sei dann in ein Krankenhaus gebracht worden. Ursache der Überschwemmung sei ein offener Wasserhahn gewesen. Die nasse Wohnung, in der sich überall Katzenkot, Urin, Futter und Wasser verteilt hätte, sei aus Sicht der Polizei nicht mehr bewohnbar.
Krankhaftes Horten von Tieren ähnelt dem Messie-Syndrom
Animal Hoarding, also das krankhafte Sammeln von Tieren, wird von Psychologen als Sonderform des Messie-Syndroms eingestuft. Betroffene halten sich selbst für tierlieb, verwahrlosen aber in Wirklichkeit und quälen die Tiere durch schlechte Versorgung sowie mangelnde Hygiene und extreme Enge.
Im Schnitt halten Betroffene etwa 105 Tiere, heißt es in Berichten über diese psychische Störung. "Die Halter erkennen nicht, dass es den Tieren in ihrer Obhut schlecht geht", sagt der Deutsche Tierschutzbund dazu. Im Jahr 2020 registrierte der Verband insgesamt 59 Fälle mit mehr als 3600 betroffenen Tieren. "Im Schnitt gab es damit jede Woche mindestens einen Fall", resümieren die Tierschützer.
Besonders harte Strafen müssen Menschen übrigens nicht fürchten, die Tiere unter solchen Bedingungen halten. Das zeigt unter anderem der Fall zweier Frauen, die in Schleswig-Holstein wegen des Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz vor Gericht standen, weil sie mehr als 100 Katzen unter schlimmsten Bedingungen gehalten hatten.

Das Amtsgericht Ahrensburg stellte Mitte Januar das Verfahren gegen sie ein. Sie müssen jeweils 300 Euro an den Tierschutzverein Ahrensburg zahlen. Die Begründung des Gerichts für die Entscheidung lautete nach Angaben der lokalen Presse, es habe sich um "keine bewusste Tierquälerei" gehandelt. Die Frauen seien mit der Situation überfordert gewesen.
Tierheim Feucht auf Facebook, Hersbrucker Tierheim auf Facebook, "Nordbayern.de", Deutscher Tierschutzbund, "Spiegel.de",

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