Peter Boenisch Der frühere "Bild"-Chef ist tot

Peter Boenisch, früherer Regierungssprecher und Chefredakteur der "Bild"-Zeitung, ist im Alter von 78 Jahren am Tegernsee gestorben. Er hinterlässt zwei kleine Töchter.

Vollkommene Glücksgefühle und abgrundtiefe Trauer - sie lagen bei Peter Boenisch in letzter Zeit eng beieinander. Mit 71 Jahren war der Journalist 1998 erstmals Vater geworden, hatte mit der wesentlich jüngeren Kollegin Julia Schramm in dritter Ehe ein Tochterpaar. Lange nach seiner Pensionierung erntete Boenisch immer wieder auch die Früchte seiner Arbeit als "Bravo"-Erfinder, "Bild"-Chefredakteur und Helmut Kohls einstiger Regierungssprecher, war er gefragter Interviewpartner und Moderator von Politiker-Gesprächen.

Doch alles änderte sich am 7. Mai 2004: Mit 42 Jahren starb Ehefrau Julia an den Folgen einer Routineoperation in Berlin. Für Boenisch war es ein schwerer Schlag, von dem er sich nie erholte. Er starb nur gut ein Jahr später.

Spätes Familienglück

Als allein erziehender Vater hatte er dem Berliner Politik- und Medientrubel den Rücken gekehrt und war an den Tegernsee gezogen. In der Bayern-Idylle wollte er mit den Töchtern Nanja-Maresa und Nika- Luna den Alltag meistern und das späte Familienglück teilen.

Es war eine Mischung aus Gelassenheit und flotten Sprüchen, mit der Boenisch zu einer der schillerndsten Figuren im deutschen Journalismus wurde. Mit seinem Aufstieg vom Lokalreporter zum Chef von Deutschlands auflagenstärkster Zeitung verkörperte er wie nur wenige die Aufbaujahre der bundesdeutschen Presse nach dem Krieg.

Mitbegründer der "Bravo"

Den am 4. Mai 1927 in Berlin geborenen Ingenieurssohn mit einer Mutter aus Odessa hatte es schon früh in die Redaktionen getrieben. Nur kurz studierte er Slawistik und Jura, stieg als Lokal- und Sportreporter bei der "Allgemeinen Zeitung" in Berlin ein. 1949 wurde er Chefredakteur der "Schleswig Holsteinischen Tagespost", 1956 gehörte er zu den Mitbegründern des Teenager-Magazins "Bravo", das er zu einem Überraschungserfolg führte.

Nach seinem Wechsel zu "Bild" trieb "Pepe" Boenisch als Chefredakteur von 1961 bis 1971 die Auflage der Zeitung über die Fünf-Millionen-Marke. Für seine Schlagzeilen ("Der Mond ist ein Ami") oder die Attacken gegen die Studentenbewegung Ende der 60er Jahre ("Linksfaschisten") nannte ihn der spätere Literatur-Nobelpreisträger Heinrich Böll einen "Plattitüdenkrieger".

Späte Versöhnung

Jahrzehnte später zeigte sich Boenisch versöhnlich mit den politischen Gegnern von einst, kommentierte die Veröffentlichung von Bildern aus der damaligen Zeit, die Prügelszenen der Polizei mit dem heutigen Außenminister Joschka Fischer wohlwollend. "Ich habe aus Überzeugung gehandelt, so wie ich annehme, dass Joschka Fischer aus Überzeugung gehandelt hat. Wir haben eben verschiedene Überzeugungen gehabt. Aber wir sind beide zu einem guten Ergebnis gekommen", sagte Boenisch in einem Interview.

Nach einer Station bei der "Welt" wurde Boenisch 1983 für zwei Jahre Regierungssprecher unter Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU), wo er seine offiziellen Äußerungen nicht immer auf die Goldwaage legte. Später leitete er mit dem früheren sowjetischen Staatschef Michail Gorbatschow den Petersburger Dialog, ein Forum zur Verständigung mit Russland. Als Präsident des Berliner Union-Clubs setzte sich der Pferdenarr für die Rettung der Galoppbahn Hoppegarten ein. "Da hat der Kaiser mal ausnahmsweise was Vernünftiges gebaut", begründete er sein Engagement für die Traditions-Piste. Er wolle noch die Einschulung von Tochter Nanja auf das Gymnasium erleben, wünschte sich Boenisch noch vor wenigen Monaten. Dieses Glück blieb ihm am Ende versagt.

Esteban Engel/DPA

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