Grenze zu Belarus Unterwegs mit einer Aktivistin, die Migranten rettet: "Fühle mich wie eine Mutter, deren Kind in Gefahr ist"

Unterwegs mit einer iItalienisch-marokkanischen Aktivistin, die Migranten in Polen rettet
Polen: Unterwegs mit einer iItalienisch-marokkanischen Aktivistin, die Migranten rettet
© Reuters
Sehen Sie im Video: Unterwegs mit einer iItalienisch-marokkanischen Aktivistin, die Migranten in Polen rettet.




Wir treffen Nawal Soufi in der Dunkelheit, auf einem einsamen Parkplatz im Osten Polens, nicht weit von der Grenze zu Belarus. Es ist Mittwochabend. Gerade redet sie sie per Handy beruhigend auf einen 44-jährigen Syrer ein, der in eisiger Kälte im Grenzgebiet unterwegs ist, versichert ihm, dass Mitarbeiter einer örtlichen Hilfsorganisation schon fast bei ihm sind: "Hab keine Angst, sie sind gleich da." "In diesen Momenten fühle ich mich wie eine Mutter, deren Kind in Gefahr ist und sie wartet nun auf Nachricht. Uns trennen nur wenige Meter und Du kannst sehen, dass es fast keine Stelle an der Grenze gibt, die nicht überwacht wäre." Die marokkanisch-italienische Aktivistin ist nach Polen gekommen, um zu helfen. Bis zur Flüchtlingskrise an der Ostgrenze der EU hat die 33-Jährige Migranten an und vor der italienischen Küste geholfen. Auch hier in Polen will sie Menschen in Sicherheit bringen. Keine leichte Mission und durchaus gefährlich. Denn Sicherheitskräfte schreckten auch vor Schlägen nicht zurück, so sagt sie. "Wenn schon wir als Freiwillige und Aktivisten das über uns ergehen lassen müssen, was müssen dann die Migranten jeden Tag ertragen? Das ist die Frage. Dieser Gedanke lässt mich weitermachen, nicht die Hoffnung verlieren und ermutigt mich, zurückzugehen und zu helfen." Die polnischen Behörden weisen die Gewaltvorwürfe zurück. Und doch haben die Migranten allen Grund, sich in der Dunkelheit zu bewegen. Denn wenn es einen Weg nach Polen gibt, dann wohl in der Nacht. Und dann endlich ist Nawals Schützling gefunden. Sie schickt den Standort des Syrers an die polnischen Helfer. Seit Tagen hatte sie den Vater von drei Kindern aus Homs aus der Ferne begleitet. Am Dienstag entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, dass Polen ihm vorerst Aufenthalt gewähren und ihn versorgen muss, um sein Leben zu schützen. Nawal und ihre KollegInnen hatten zuvor eine Klage im Namen des Syrers eingereicht. Mit der Entscheidung des Gerichts im Rücken war es nun möglich, einen Krankenwagen zu rufen, um den Mann versorgen zu lassen. Nawal berichtet, der Vater von drei Kindern aus Homs sei unterkühlt. Er sei barfuß unterwegs gewesen.
Seit Wochen ist Nawal Soufi in Polen an der Grenze zu Belarus, um Migranten in Sicherheit zu bringen. Die sind bei eisiger Kälte unterwegs und versuchen, unter widrigsten Bedingungen einen Weg in die EU zu finden.

PRODUKTE & TIPPS