Referendum Kritik an neuer Verfassung von Myanmar

  • von Michael Lenz
Die Opposition in Myanmar lehnt die Abstimmung über die Verfassung, die die Macht der Generäle festschreibt, ab. In den vergangenen Wochen hat sie trotz der Gefahr, wegen der Kritik lange Haftstrafen zu riskieren, in Myanmar gegen die neue Verfassung protestiert.

Etwa 50 Prozent der Einwohner in Myanmar sind ethnische Minderheiten. Sie lehnen den geplanten Verfassungsentwurf der Militärregierung ab. Die Shan, die Karen und andere ethnische Gruppen fordern die Unabhängigkeit ihrer Länder oder wenigstens eine weitreichende Autonomie von einer nationalen Regierung in Birma, wie die Opposition und die ethnischen Gruppen das Land weiterhin nennen. Die Militärjunta hatte es 1989 in Myanmar umbenannt.

Das Unabhängigkeitsstreben der ethnischen Gruppen ist der Kern der Militärherrschaft in dem südostasiatischen Land. Es waren erst die britischen Kolonialherren, die die früher eigenständigen Staaten der Shan, der Karen und anderer ethnischer Gruppen in ihr koloniales Birma einverleibten.

Leere Versprechen

Es war Aung San, Vorkämpfer für die Unabhängigkeit Birmas von den Briten und Vater der heute unter Hausarrest stehenden Oppositionspolitikerin Aung San Suu Kyi, der die ethnischen Gruppen Ende der 1940er Jahre überredet hatte, Teilstaaten eines föderalen Birma zu werden. Versüßt wurde das Angebot mit der Verfassungsgarantie, bei Nichtgefallen des Zusammenlebens mit den ethnischen Birmanen nach zehn Jahren aus der Union austreten zu können.

Aung San wurde aber bei einer Kabinettssitzung 1947 ermordet und seine Nachfolger bauten ein zentralistisches Birma auf, das wenig von einer Autonomie der ethnischen Gruppen hielt. Als 1962 einige der Staaten von ihrem Austrittsrecht Gebrauch machen wollte, riss in einem Militärputsch General Ne Win die Macht an sich, um den drohenden Zerfall der Union zu verhindern. Die ethnischen Gruppen begannen einen bewaffneten Kampf gegen die Militärdiktatur, der bis heute den Generälen den Vorwand für ihr Festklammern an der Macht liefert.

Entwaffnung ausgeschlossen

In den vergangenen Jahren haben die meisten Armeen der ethnischen Gruppen Waffenstillstandsabkommen mit der Junta geschlossen. Diese Vereinbarungen sind keine Friedensverträge. Die politischen und wirtschaftlichen Konflikte zwischen den Ethnien und der Militärjunta bestehen weiter und können jederzeit wieder mit Waffengewalt ausgetragen werden. Eine Entwaffnung der ethnischen Armeen, wie von der Militärjunta gefordert, kommt für die ethnischen Gruppen nicht in Frage.

Das Volk der Karen ist derzeit das einzige, das keinen Waffenstillstand mit dem Militärregime geschlossen hat. Kwehsay, ein im Exil in Bangkok lebender Karen und Demokratieaktivist, sagt: "Wer wissen will, wie brutal die Militärjunta gegen die Karen vorgeht, der muss sich nur den Film Rambo 4 anschauen. Natürlich ist das ein Actionfilm aus Hollywood, der sich ein paar hollywoodtypische Übertreibungen leistet. Aber im Prinzip zeigt er die Gewalt, der mein Volk ausgesetzt ist."

500.000 auf der Flucht

Experten schätzen, dass innerhalb Myanmars mindestens eine halbe Million Karen auf der Flucht vor der Armee sind, die systematisch Häuser und Felder der Karen niederbrennt. Mit einer seit 2006 andauernden Offensive gegen die "Karen National Union" (KNU) haben sich auch die Übergriffe der Armee gegen Karen-Zivilisten verschärft. Manche Beobachter sprechen gar von "ethnischer Säuberung" gegenüber den Karen. Der katholische Priester Maung Day Htoo nennt ein Beispiel für die Grausamkeit der Armee Myanmars: "Sie haben uns in verminten Gebieten als menschliche Minenhunde benutzt."

Maung Day Htoo ist vor drei Jahren nach Thailand geflüchtet. So wie viele Tausende andere Karen. Der Geistliche lebt im Flüchtlingslager Mae La, in dem 44 000 Myanmar-Flüchtlinge Zuflucht gefunden haben. Über 80 Prozent sind Karen. Mae La ist größte von sieben Lagern entlang der thailändisch-myanmarischen Grenze, in denen insgesamt 150.000 Menschen leben. Brian Solomon, Leiter der niederländischen Flüchtlingshilfeorganisation ZOA, die in den Lagern die Schulen und Berufsausbildungseinrichtungen betreibt, schätzt die Zahl der Karen, die innerhalb Myanmars auf der Flucht sind, auf mindestens eine halbe Million.

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