Es muss ein schrecklicher Anblick für die Mitarbeiter der italienischen Tierklinik Duemari gewesen sein. Ende Januar wurde nahe der Stadt Oristano im Westen Sardiniens ein streunender Hund aufgegriffen: unterernährt, mit grotesk aufgeblähtem Kopf - und halb enthauptet. Ein Nylonband hatte sich immer enger um seinen Hals gezogen, sich durch Fell, Haut, Muskeln gesägt. Das Blut konnte nicht mehr aus dem Kopf abfließen.
In diesem Zustand wurde das Tier in die Klinik gebracht. "Ich dachte, ich hätte in all diesen Jahren schon alles gesehen", schrieb ein Mitarbeiter am 25. Januar auf Facebook und postete ein erstes Foto. "Aber so etwas habe ich noch nie erlebt." So groß war die Schwellung, dass die Ärzte nicht einmal die Rasse mit Sicherheit bestimmen konnten. Die Pfleger nannten den Hund "Palla" und bewiesen trotz des Schreckens Humor: "Palla" heißt auf Deutsch "Ball" oder "Kugel".
Seither bewegt das Schicksal des Hundes Tierfreunde im ganzen Land. Mails, Briefe und Hilfsangebote erreichten die Klinik. Palla ist mittlerweile sogar ein kleiner Online-Star: Die Klinik-Mitarbeiter posten fleißig Bilder und kleine Filme auf Facebook, um die Genesung ihres Schützlings zu dokumentieren. Die ersten Videos zeigen noch einen komplett ausgehungerten Hund beim Fressen, inzwischen sieht man Palla aber auch wieder beim Spielen, Springen, Schmusen. Dem Tier geht es täglich besser. Die Wunde wurde versorgt und verheilt langsam, die Schwellung geht zurück - obwohl der Kopf noch immer groß ist und eine unnatürliche Form zu behalten scheint.
Wer Palla das angetan hat, ist nicht bekannt. Der Hund ist noch jung. Vielleicht wurde ihm das Band angelegt, als er klein war, und wurde zu eng, als er wuchs. Die meisten Italiener glauben aber an Tierquälerei. Immer wieder werden streunende Hunde von Menschen misshandelt. "Die Augen dieses Hündchens sagen es deutlich", klagt etwa der Autor eines Online-Portals. "Er ist enttäuscht von der nicht existierenden Menschlichkeit einiger Personen und von der Brutalität, mit der manche sinnlosen Handlungen durchgeführt werden."
Wie lange Palla in freier Wildbahn noch durchgehalten hätte und ob er erst an Hunger oder erst an der Verletzung gestorben wäre, ist ungewiss. Als man ihn fand, versuchte er gerade, das Futter von Hühnern zu stehlen. Dass er erwischt wurde, hat ihm nun vermutlich das Leben gerettet.