Tote und Verletzte bei Zug-Kollision in Polen "Es gab nur den Aufprall"

Es ist das schlimmste Bahnunglück in Polen seit Jahren: Ungebremst sind zwei Passagierzüge ineinandergerast. Mindestens 16 Menschen starben. Die Zahl der Opfer könnte noch deutlich steigen.

Bei einem Frontalzusammenstoß zweier Züge im Süden Polens sind mindestens 16 Menschen ums Leben gekommen. Nach Angaben der Behörden wurden 54 Menschen verletzt. "Dies ist die tragischste Katastrophe seit Jahren", sagte der polnische Ministerpräsident Donald Tusk, der noch in der Nacht zu der Unfallstelle geeilt war. "Unser Mitgefühl gilt den Opfern und ihren Familien."

Am Samstagmorgen begannen Arbeiten, die Waggons von den Gleisen zu heben und die letzten Todesopfer zu bergen. Dabei wurde auch das 16. Todesopfer entdeckt. Nach Angaben des Innenministers könnten sich noch mehr Opfer in dem Wrack befinden. "Es gibt Anzeichen dass sich noch mindestens eine Leiche im vorderen Teil eines der Züge befindet", sagte Jacek Cichocki. "Wir können nicht ausschließen, dass sich dort noch andere Opfer befinden." Mit Sicherheit könne man dies aber erst sagen, wenn die Wracks geborgen seien. Auch der Zustand von insgesamt 30 Verletzten gilt als kritisch.

Ein Zug auf dem falschen Gleis

Das Unglück hatte sich gegen 21 Uhr in der Nähe der Stadt Zawiercie ereignet. Der aus sechs Wagen bestehende Zug Przemysl-Warschau war frontal mit dem Zug Warschau-Krakau mit vier Wagen zusammengeprallt. Warum der zweite Zug auf dem falschen Gleis fuhr, konnte bisher noch nicht geklärt werden. In den Zügen hatten zusammen rund 350 Passagiere gesessen. Unter den Verletzten waren auch mehrere ukrainische Reisende. An Bord waren zudem französische und spanische Passagiere. Diese wurden nicht verletzt.

"Es gab keine Notbremsung, es gab nur den Aufprall. Plötzlich wurde es finster und der Zug stoppte", berichtete der Reisende Dariusz Wisniewski dem Nachrichtensender TVN 24. "Als wir ausstiegen, sahen wir was passiert war. Wir sahen die Verletzten und die Toten. Ich konnte es gar nicht glauben." Ein weiterer Überlebender der polnischen Nachrichtenagentur PAP, es habe einen furchtbaren Lärm gegeben und sie seien von ihren Sitzen gefallen. Sie hätten mehrere Leichen gesehen, sowie Körperteile inner- und außerhalb des Zuges. Ein Feuerwehrmann sagte, der Grad der Zerstörung sei enorm.

Dorfbewohner leisten erste Hilfe

Die Bewohner eines nahegelegenen Dorfes waren die ersten Helfer am Unfallort. Sie halfen, Verletze aus den entgleisten Waggons zu bergen. Später versorgten sie die Passagiere auch mit Decken und heißen Getränken. "Wir sahen viele Menschen, die im Zug gefangen waren", berichtete ein Helfer der PAP. "Wir versuchten, die Fensterscheiben einzuschlagen, damit sie es leichter hatten."

An der Unglücksstelle arbeiteten die ganze Nacht hindurch etwa 450 Feuerwehrleute und 100 Polizisten. Mit Spürhunden suchten die Rettungskräfte in den Trümmern der Waggons nach Überlebenden. Zur Versorgung der Verletzten wurden beheizte Zelte errichtet. Neben Krankenwagen waren auch Hubschrauber im Einsatz. Die Rettungsarbeiten gestalteten sich nach polnischen Medienangaben schwierig, da die Unglücksstelle abgelegen liegt und nur über einen Feldweg neben den Gleisen zu erreichen war.

Komorowski kündigt Nationaltrauer an

Präsident Bronislaw Komorowski besuchte am Sonntag die Verletzten im Krankenhaus in der Stadt Sosnowiec. Er wisse aus eigener Erfahrung wie wichtig der Kontakt zur Familie sei, sagte er den Angehörigen von zwei verletzten Frauen. "Die Dinge können nun nur besser werden. Ich wünsche Ihnen allen das Beste", sagte Komorowski. Später besuchte der Präsident auch den Unfallort. Sobald die Waggons von den Gleisen entfernt seien, werde eine Nationaltrauer angeordnet, kündigte er an.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) übermittelte das Mitgefühl und die Anteilnahme der Bundesregierung. "Wir trauern mit den Angehörigen der Opfer und wünschen den Verletzten eine rasche Genesung", so der Minister.

DPA · Reuters
dho/AFP/DPA/Reuters

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