Essen bei der Arbeit Volle Stulle zwischendurch

Von Karolin Leyendecker
Raus aus der Konferenz, ran an den Schreibtisch: Ein Arbeitstag ist oft anstrengend und hektisch. Zum Essen bleibt da kaum Gelegenheit. Fünf Berufstätige erzählen, wie sie tagsüber den Hunger stillen. Unsere Ernährungsexpertin gibt Rat.

Fünf Beispiele für gestresstes Essen - und was die Expertin dazu sagt.

"Ich habe schon 20 Kilo abgenommen"

Benjamin Drevs, 36, Marketing-Manager einer Unternehmensberatung. Er ist die meiste Zeit der Woche unterwegs.

Mein typischer Arbeitstag:

Morgens

um 8.30 Uhr: Frühstück im Hotel - meist nur Obst oder Brötchen. Sonst beim Bäcker ein Dinkelbrötchen mit Pute, Ei und Salat (ohne Butter oder Margarine) oder ein Croissant.

Tagsüber

um 13 Uhr Mittagessen, gewöhnlich außer Haus, mal mit, mal ohne Kollegen. Auswahl habe ich in der Nähe reichlich: von leckeren Suppen bis hin zum Italiener mit köstlichen Salaten und Pasta. Über den Tag verteilt trinke ich mindestens drei Liter Wasser, der Kaffeekonsum hält sich in Grenzen. Nachmittags gönne ich mir einen Snack, auch ab und zu etwas Süßes.

Abends

zwischen 18 und 20 Uhr: Mal gehe ich noch eine Kleinigkeit mit Kollegen essen (meist Salat), mal gibt es nur eine Laugenbrezel auf dem Weg ins Hotel - oder das Abendbrot fällt ganz aus.

"In der Woche bin ich beruflich viel unterwegs - mit der Bahn oder dem Flugzeug, übernachte im Hotel, habe viele Meetings. Das erschwert einen gesunden und ausgewogenen Ernährungsrhythmus. Bis vor einem Jahr kam auf diese Weise Kilo um Kilo zusammen, dann habe ich die Bremse gezogen und knapp 20 Kilogramm abgenommen - ohne Diät, nur durch bewusste Ernährung. Heute esse ich regelmäßiger und nicht mehr so viel zwischendurch. Mittags eine halbe Stunde Auszeit ist mir sehr wichtig - da kann ich frische Luft schnappen und etwas Vernünftiges zu mir nehmen. So schalte ich ab und fühle mich danach geistig frischer."

Das rät unsere Expertin

Wer im Hotel frühstücken muss, kann sich durchaus eine gesunde Mischung zusammenstellen. Zum Angebot vieler Frühstücksbüfetts gehören frisches Obst oder Gemüse, oft sind auch Müslimischungen mit Milch oder Joghurt im Sortiment. Vollkorn- oder Mehrkornbrot empfehlen sich eher als fettreiche Croissants. Herzlichen Glückwunsch, dass Sie allein mit Hilfe einer ausgewogeneren Ernährung Ihr Gewicht in den Griff bekommen haben! Viel auswärts zu essen muss nicht ungünstig sein: Suppen, Salate und Pastagerichte mit Gemüse sind durchaus ratsam.

"Ich stopfe nichts mehr in mich hinein"

Mein typischer Arbeitstag:

Morgens um 7 Uhr mit der Familie: ein Toast mit Marmelade oder Honig, eine Tasse Kaffee.

Tagsüber

im Büro, 8 bis 15 Uhr: um 9 Uhr zur Dienstbesprechung zwei bis drei Tassen Kaffee, eine Mandarine und ein belegtes Brötchen vom Bäcker. Mittagessen um 13 Uhr während der Arbeit: zwei von zu Hause mitgebrachte Scheiben Vollkornbrot mit Wurst, Käse und Peperoni. Auf dem Weg nach Hause immer einen Apfel.

Abends

um 19.30 Uhr mit der Familie: Abendbrot mit Aufschnitt, Käse und einem Joghurt.

"Meistens esse ich regelmäßig, große Mengen brauche ich nicht. Denn ich weiß, wie lange ich rennen muss, um manche Sünde wieder loszuwerden, seit ich vor drei Jahren mit dem Laufen angefangen habe. Heute wiege ich 74 statt 84 Kilo. Auf Schokolade mag ich aber nicht verzichten - eine Tafel liegt immer im Schreibtisch. Dennoch achte ich darauf, oft frisches Obst statt Schokolade zu nehmen, wenn der kleine Hunger kommt. Durch den Sport fällt es mir leichter, bewusster zu essen. Ich stopfe nichts mehr in mich hinein."

Das rät unsere Expertin

Für den kleinen Hunger am Morgen ist Toast mit Marmelade okay - vielleicht könnte es Vollkorntoast sein, der liefert etwas mehr Ballaststoffe. Ihr weiterer Tag sieht eigentlich recht ausgewogen aus: Belegte Vollkornbrote als Mittagessen sind prima, wenn Sie hin und wieder für frische Kost sorgen - als Abwechslung oder Ergänzung. Variieren Sie den Käse- oder Fleischbelag zum Beispiel mit Salatblättern, Tomatenoder Gurkenscheiben, oder essen Sie klein geschnittenes Gemüse dazu. Frische Früchte eignen sich wunderbar als Zwischenmahlzeit; auch bei Besprechungsterminen kann im Büro Obst statt "Konferenzgebäck" auf dem Tisch stehen! Auf die beliebte Schokolade als Belohnung muss niemand verzichten, solange die sonstige Lebensmittelauswahl stimmt.

"Frühstück im Stehen"

Mein typischer Arbeitstag:

Morgens um 9 Uhr, zu Hause: Frühstück im Stehen - Latte macchiato, Apfelsaft, Brot oder Brötchen (meist Vollkorn) mit Marmelade, Aufschnitt oder Käse; süße Cornflakes mit fettarmer Milch oder Fruchtjoghurt.

Tagsüber

zwischen 9.30 und 20.30 Uhr, in einem meiner zwei Büros oder bei einem Außentermin: ein morgens vorbereitetes Brot, ein belegtes Brötchen vom Bäcker, Döner vom Grill oder Minisalami von der Tankstelle - am Schreibtisch oder unterwegs im Auto. Zwischendurch Schokolade, selten Kleinigkeiten wie Tütensuppe, Tiefkühlgemüse oder Vorgekochtes, zubereitet in der Büroküche, gegessen am Schreibtisch. Manchmal esse ich gar nichts, weil ich keine Zeit habe oder es vergesse.

Abends:

Auf geschäftlichen Veranstaltungen oder dem Weg dorthin esse ich schnell das Brot von zu Hause. Manchmal gehe ich mit Freunden zum Thailänder, Italiener oder Portugiesen - keine schweren Mahlzeiten, eher Suppe oder Tapas; im Sommer Salat. Wenn ich zu Hause bin, kaufe ich auf dem Heimweg etwas beim türkischen oder chinesischen Imbiss.

"Ich esse zwischen Tür und Angel, weil mein Leben nun mal so ist. Ich mag nicht gerne Obst. Zwar kaufe ich mir brav welches, aber meist vergammelt es. Obst kann auch keine Schokolade ersetzen, sie ist Nervennahrung und Belohnung. Gemüse ist mir zu zeitaufwendig und in rohem Zustand zu kalt und zu hart, darum ertrage ich es höchstens im Sommer. Ich mag Herzhaftes! Davon gibt es aber kaum kleine Snacks, die kalorienarm sind und schmecken. Alles muss unterwegs essbar sein, weil ich keine Ruhe habe, mich an einen Tisch zu setzen und zu essen, ohne noch anderes nebenbei zu tun. Also nutze ich rote Ampelphasen: Die sind lang und langweilig, da kann ich prima etwas essen!"

Das rät unsere Expertin

Ihr Frühstück sieht sehr abwechslungsreich aus, allerdings wäre ein zuckerfreies Flockenmüsli besser als süße Cornflakes. Für jemanden, der viel unterwegs ist, sind feste Mahlzeiten natürlich schwierig - dennoch kann das Essen bewusst ausgewählt werden. Gerade beim Chinesen oder Italiener, deren Küche Sie ja mögen, finden Sie eine große Auswahl an Gemüsegerichten! Gemüse muss nicht roh gegessen werden, viele Tiefkühlgerichte lassen sich zu Hause oder im Büro schnell und unaufwendig zubereiten. Auch selbst belegte Brote, angereichert mit ein paar Salatblättern, Obst- oder Gemüsescheibchen, sind sehr gut für unterwegs. Zum Verzehr im Auto können Sie zum Beispiel zwei dickere Scheiben Vollkornbrot mit Frischkäse bestreichen, mit Käse belegen und dann in Würfel schneiden. Auch herzhafte Kräuterpasten aus dem Bioladen oder Reformhaus eignen sich gut als Aufstrich für solche Reisehappen. Wenn Sie gern Neues ausprobieren und herzhafte Snacks mögen, schauen Sie doch einmal in einem Bioladen vorbei - dort finden Sie ebenfalls kleine Gerichte zum Mitnehmen oder Sofortessen.

"Salamipizza vom Lieferservice"

Mein typischer Arbeitstag:

Morgens um 7 Uhr, mit der Familie: probiotischer Drink und Pfefferminztee.

Tagsüber

im Büro, 7.45 bis 16.30 Uhr: Gegen 9 Uhr ein Brötchen mit Käse und Salami vom Bäckerwagen, um 13 Uhr Nudeln oder Salamipizza vom Lieferservice. Zwischendurch einige Tassen Kaffee, viel Wasser - besonders, wenn ich mich gerade auf einen Laufwettbewerb vorbereite. Keine Süßigkeiten.

Abends

um 18 Uhr, zu Hause mit der Familie: "klassische Brotzeit" mit Wurst, Käse, Tomate und Gurke.

"Ich glaube, ich esse wie alle, die den Tag über im Büro leben. Mir ist eine warme Mahlzeit am Tag wichtig - ich habe aber keine andere Möglichkeit, als mir Fertigessen liefern zu lassen. Ich könnte mir natürlich morgens Stullen schmieren, aber das mag ich nicht."

Das rät unsere Expertin Wer morgens nur etwas trinken möchte, sollte darauf achten, dass das zweite Frühstück nicht vor lauter Hunger zu üppig ausfällt. Wenn Sie einen Standmixer oder einen Pürierstab haben, probieren Sie doch morgens einen "Eiweiß-Powerdrink" auf der Basis von Milch oder Trinkjoghurt mit pürierten Früchten oder Fruchtsaft - das ist leicht verdaulich und macht satt. Außerdem lässt das "Energieloch" länger auf sich warten, und Sie halten länger durch, wenn das zweite Frühstück wegen Terminen erst später möglich ist.

Bei fertigen Mittagessen vom Lieferservice sollten Sie darauf achten, dass Sie genug pflanzliche Nahrung zu sich nehmen, das heißt: besser Gemüsestatt Salamipizza; auch mal einen Salat oder frisches Obst hinzufügen. Die "klassische Brotzeit", gemeinsam mit der Familie genommen, ist ein schönes und gesundes Abendessen. Klein geschnittenes Gemüse oder ein Salat sind eine gute Ergänzung, wenn "grüne" Lebensmittel tagsüber zu kurz gekommen sind.

"Riesige Portion Nudeln hineinschaufeln":

Mein in typischer Arbeitstag:

Morgens um 8 Uhr, zu Hause: ruhiges Frühstück mit Brot, Brötchen, Käse und Wurstaufschnitt, auch gelegentlich Obst.

Tagsüber

im Laden, zwischen 9 und 19 Uhr: in der kalten Jahreszeit Kekse und Wasser, nachmittags Milchkaffee. In der warmen Jahreszeit mittags einen Salat aus dem Supermarkt, Wasser.

Abends

gegen 20 Uhr, zu Hause: eine Riesenportion Nudeln mit Sauce aus Tomaten oder Gemüse.

"Meine Schwäche für Kekse ist nicht toll, aber das ist eben eine Gewohnheit von mir - ich kann in meinem Laden nur zwischendurch etwas in den Mund stecken. Im Sommer ernähre ich mich bewusster, zumal ich dann auch ein bisschen abnehmen will. Nach einem guten Frühstück könnte ich den ganzen Tag über gar nichts essen, abends komme ich dann aber hungrig nach Hause, und der Insulinspiegel ist ,unterm Teppich‘. Dann brauche ich einfach etwas Warmes, keinen zickigen Salat. Also schaufle ich eine riesige Portion Nudeln in mich hinein und liege danach satt und zufrieden - aber mit einem schlechten Gewissen - auf dem Sofa."

Das rät unsere Expertin

Ein ausgewogenes, ruhiges Frühstück ist ein guter Start in den Tag und füllt die Energiespeicher. Günstig sind Vollkornbrot oder -brötchen oder ein Müsli mit Milch und Obst; das hält lange satt. Den ganzen Tag über Kekse zu essen ist wirklich nicht gut, weil Ihr Körper viel Zucker und schlechtes Fett, aber keine wichtigen Nährstoffe bekommt. Vielleicht gibt es in der Nähe einen Supermarkt oder Imbiss, der geschnittenes Obst oder fertig gemischte Salate anbietet. Gemüse und Obst lassen sich auch gut von zu Hause mitnehmen: Ein paar Möhren sind schnell geschält und gestiftelt, klein geschnittene Äpfel oder Mandarinenspalten lassen sich gut zwischendurch essen. Zum Knabbern eignen sich auch Trockenfrüchte wie Aprikosen oder Datteln, die Sie in einer Schublade lagern können. Wer einen Kühlschrank hat, kann dort Milchprodukte aufbewahren, um in kurzen Pausen einen Joghurt oder eine Fruchtmilch zu nehmen oder Milch mit Müsli zu mischen.

Am Abend nach einem stressigen Tag etwas Warmes zu essen tut gut, aber es müssen nicht riesige Nudelportionen sein - auch wenn das schnell geht und bequem ist. Es gibt ein hervorragendes Angebot an tiefgekühlten Gemüseprodukten, die in Topf, Pfanne oder Mikrowelle ebenso schnell zubereitet werden können und eine gute Ergänzung zu einer kleinen Portion Nudeln abgeben.

Unsere Expertin

Margret Büning-Fesel ist Ernährungswissenschaftlerin und Geschäftsführerin des unabhängigen aid Infodienstes Verbraucherschutz, Ernährung, Landwirtschaft in Bonn.

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