Hunderte Jahre blieben die Kritzeleien in einer Abschrift der Apostelgeschichte unentdeckt – bis sich im vergangenen Jahr eine Forscherin der Universität Leicester daran machte, das Buch genauer unter die Lupe zu nehmen. Das Buch "MS. Selden Supra 30 " stammt aus dem 8. Jahrhundert. Neben der Abschrift der Apostelgeschichte aus dem Neuen Testament beinhaltet das Buch einige mysteriöse Buchstaben und Kritzeleien, welche mit bloßem Auge nicht erkennbar sind.
Die britische Forscherin Jessica Hodgkinson konnte die unsichtbaren Radierungen mithilfe einer bildgebenden Technologie in der Bodleian Library sichtbar machen. Diese kann die physische Textur und die Konturen einer Buchseite, eines Manuskripts oder die Oberfläche anderer historischer Objekte detailliert abbilden.
Unsichtbare Schriftzüge und Zeichnungen durch Fotos und 3D-Scans erkennbar
"Die Oberfläche selbst enthält eine große Menge an Informationen", erklärt Adam Lowe, Gründer der "Factum Foundation", die die Technologie für das Archiox-Projekt (Analysing and Recording Cultural Heritage in Oxford) entwickelt hat. "Je mehr man das sichtbar machen kann, desto mehr spannende Entdeckungen kommen zum Vorschein".
Die Archiox-Forscher:innen verwenden zwei Geräte, um digitale Darstellungen von Seiten und Objekten zu erstellen: Zum einen mithilfe der "Selene", die mit vier Kameras ausgestattet ist und bereits Unterschiede im Oberflächenrelief von bis zu 25 Mikrometer erfassen kann. Zum anderen mit der "Lucida", welche 3D-Scans durch Laser und zwei winzigen Kameras erstellt.
Buch soll einer Nonne gehört haben
Hodgkinson entdeckte auf Seite 18 des Buches unterhalb des Textes eine versteckte Radierung. Diese sah digital hervorgehoben aus wie "EaDBURG BIREð CǷ....N", wobei das letzte Wort unvollständig ist. Die Forscherin nimmt an, dass es sich bei "Eadburg" um den Name der Besitzerin des Buches handelt. Die Zeichen sollen mit einer Art Griffel absichtlich in weitere vier Seiten geritzt worden sein.
Über Eadburg ist nicht viel bekannt. Hodgkinson vermutet, dass es sich bei ihr um eine Nonne handelt, nämlich die Äbtissin einer religiösen Gemeinschaft in der englischen Grafschaft Kent.

Eadburg kritzelte Zeichnungen ins Buch
Neben den Schriftzügen fanden die Forscher:innen Zeichnungen von kleinen Menschen in dem Buch. Auf einer Seite sind zwei Figuren: Die Figur im Hintergrund hat die Arme ausgestreckt und greift nach der vorderen Figur, welche wiederum eine Hand zu erheben scheint, um ihr zu signalisieren, damit aufzuhören. Was genau die Kritzelei bedeuten könnte, ist bislang unklar.
Quellen: BBC, Bodleian Library