Die aufstrebende Wirtschaftsmacht Indien hat am Mittwoch ihre erste Mondmission gestartet. "Wir haben unsere Reise zum Mond begonnen", sagte der Chef der indischen Weltraumforschungsorganisation (ISRO), G. Madhavan Nair. Er sprach von einem "historischen Moment" für Indien. Der Start der Sonde Chandrayaan-1 vom südindischen Weltraumbahnhof Satish Dhawan nördlich der Stadt Madras aus sei perfekt verlaufen. Man werde nun "versuchen, die Geheimnisse des Mondes zu enträtseln".
Das 79 Millionen Dollar teure Projekt soll dem Schwellenland ermöglichen, künftig ebenfalls eine Rolle in der Raumfahrtindustrie zu spielen. Chandrayaan-1 werde in etwa 16 Tagen den Mond erreichen, sagte ein ISRO-Sprecher. Die Sonde soll den Mond zwei Jahre lang in 100 Kilometern Höhe umkreisen und nicht nur seine Oberfläche in hochauflösenden Bildern erfassen, sondern auch das, was an Mineralien darunter liegt. Von den elf Instrumenten an Bord wurden fünf in Indien entwickelt, drei von der Europäischen Raumfahrtorganisation Esa, zwei von der Nasa und eines in Bulgarien. Die Forscher hoffen, dass die Karten vom Mond endlich auf einen aktuellen Stand gebracht werden können. Was es derzeit an Material gibt, ist rund 40 Jahre alt und stammt noch vom Beginn der Raumfahrtära, wie Nasa-Manager Scott Pace erklärte. "Wir haben keine richtig modernen Karten vom Mond", sagte Pace. "Die Qualität der Karten vom Mars ist wohl besser als die vom Mond."
Die knapp 1400 Kilogramm schwere Sonde wird selber nicht auf dem Mond landen. Chandrayaan-1 soll aber ein 35 Kilogramm schweres Instrument namens Moon Impact Probe (MIP) zum kontrollierten Crash auf den Mond schicken. Nach den Plänen von ISRO wird diese kleinere Sonde mit den Ausmaßen eines Computermonitors während des Absturzes Nahaufnahmen vom Mond machen und die Atmosphäre untersuchen. Das Gerät soll außerdem Daten für eine Mondlandung bei einer späteren Mission sammeln sowie nach Helium 3 suchen - einem Isotop, das nach Einschätzung einiger Wissenschafter zur künftigen Energiequelle taugen könnte. Die Sonde trägt eine indische Flagge mit sich, die auf dem Mond bleiben soll.
Chandrayaan-1 ist der erste Schritt des ambitionierten indischen Mondprogramms. Für das Jahr 2011 ist in Kooperation mit Russland Chandrayaan-2 geplant. Dann soll ein unbemanntes Raumschiff landen und ein Mondfahrzeug den Erdtrabanten näher erkunden. 2014 oder 2015 plant ISRO, zwei Astronauten eine Woche lang ins Weltall zu schicken. 2020 könnte den ISRO-Plänen zufolge bei einer bemannten Mondmission der erste Inder den Erdtrabanten betreten.
Derzeit sind es vor allem die asiatischen Staaten, die den Mond erkunden. Indien ist nach China und Japan das dritte Land, das eine Sonde zum Erdtrabanten schickt. Seit Oktober 2007 kreist die japanische Sonde "Kaguya" um den Mond, einen Monat später folgte das chinesische Raumfahrtzeug "Chang'e-1". Daneben haben nur die USA, Russland und die Europäische Raumfahrtbehörde Esa früher schon Sonden zum Mond geschickt. Die USA schicken im Frühjahr nächsten Jahres wieder eine Sonde dorthin. Für 2011 plant Indien die Landung eines Fahrzeugs auf dem Mond, später soll eventuell auch ein Astronaut ins All gebracht werden.