Es ist ein interessantes archäologisches Rätsel, dass sich jetzt für Wissenschaftler:innen in Kenia auftat: Auf der Homa-Halbinsel am Victoria-See entdeckten sie urzeitliche Steinwerkzeuge. Allerdings waren diese mit 2,9 Millionen Jahren erstaunlich alt, und befanden sich zudem in direkter Nähe zu Fossilien von Zähnen der Menschenaffenart Paranthropus. Paranthropus ist eine Art Cousin unserer menschlichen Vorfahren: Die Art stellt eine Nebenlinie dar, sie sich vor mehr als zwei Millionen Jahren von einem gemeinsamen Ahnen abspaltete. Paranthropus wurde maximal 1,50 Meter groß und hatte ein Gehirnvolumen von ca. 500 Kubikzentimetern. Das Gehirn des modernen Menschen misst etwa 1250 Kubikzentimeter.
Der Paranthropus war also ein stämmiger Menschenaffe mit einem eher kleinen Gehirn – dass er so hochwertige Werkzeuge anfertigte, wie die nun gefundenen, hatte bisher niemand in Betracht gezogen. Zwar gibt es – ebenfalls aus Kenia – Werkzeugfunde, die mit 3,3 Millionen Jahren noch älter sind als die von der Homa-Halbinsel, jedoch handelt es sich bei diesen um simple, deutlich primitivere Hilfsmittel. Die nun gefundenen jedoch gleichen dem sogenannten Oldowan-Werkzeug, das von unseren Vorfahren mehr als eine Million Jahre lang verwendet wurde, weil es sich im Alltag bewiesen hatte.
2,9 Millionen Jahre altes Steinwerkzeug
Mit diesen Steinwerkzeugen waren an der Fundstelle in Kenia offenbar erlegte Nilpferde einstmals zerteilt worden. "Wenn man damit ein Nilpferd zerlegen kann, kann man damit so ziemlich alles zerlegen", sagt Thomas Plummer von der Universität von New York, der am Ausgrabungsprojekt beteiligt ist. Die Nutzer der gefundenen Werkzeuge zerbrachen mit diesen vermutlich auch die Knochen von Antilopen, um an das Mark zu gelangen, und bearbeiteten damit nahrhafte Pflanzenwurzeln. "Steinwerkzeuge haben ihnen, schon zu diesem frühen Zeitpunkt, erlaubt, viele Ressourcen aus ihrer Umwelt zu nutzen."
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Bisher hatte man die Nutzung solcher Werkzeuge nur weiter entwickelten Menschenarten zugestanden, weshalb dieser Fund sehr alter und dabei sehr hochwertiger Objekte den Forscher:innen ein Rätsel aufgibt. Gehörten sie wirklich dem recht primitiven Parantrophus, unserem ausgestorbenen Urzeit-Cousin? Oder lebte in Kenia zeitgleich eine andere, modernere Vormenschenart? "Die Zähne machen es schwer, auszuschließen, dass auch solch frühe Menschen(affen)arten ihre eigenen Werkzeuge herstellten", heißt es vom Forschungsteam. Bewiesen sei dies aber dadurch nicht.
War Paranthropus der Jäger – oder dessen Mittagessen?
Denn es gäbe auch eine andere, recht düstere Möglichkeit, wie die Werkzeuge in die Nähe der Paranthropus-Zähne gekommen sind: "Wenn man Menschenaffen-Fossilien in der Nähe von Steinwerkzeugen findet, muss man sich auch fragen: War dies ein Jäger – oder der Gejagte?", sagt die Anthropologin Kathy Schick. So könnte das Werkzeug einer weiter entwickelten Menschenart gehört haben, die Jagd auf ihre primitiveren Verwandten gemacht hatte. Um dieses Rätsel zu lösen, wird es wohl weitere Funde brauchen.
Quelle: ABC