Dass die Römer während ihrer Feldzüge immer wieder ein Auge auf die Gebiete jenseits der Grenze ihres Imperiums geworfen haben, weiß man. Teile des einstigen Germaniens, bis hin zum Rhein, konnten sie erobern, auch das heutige Frankreich wurde schließlich ein Teil des römischen Reichs. Doch dass die römischen Legionen nach dem Desaster im Teutoburger Wald im Jahr 9 n. Chr. nie wieder einen Fuß ins Gebiet nordöstlich des Rheins setzten, stimmt so nicht. Das bezeugen nicht nur die in Hedemünden oder Wilkenburg gefundenen Römerlager, das bestätigt nun auch ein neuer, spektakulärer Fund in den Niederlanden.
In Herwen-Hemeling, an der Mündung der Flüsse Rhein und Mass, fanden Archäolog:innen die Überreste einer römischen Siedlung mit ausgeprägtem Tempelkomplex. Die Gebäude befanden sich auf einer natürlichen Anhöhe, die vor Sturmfluten geschützt war. Aus irgendeinem Grund wurden die Tempelanlagen nicht, wie viele andere römische Bauwerke in den Niederlanden, nach dem Fall des römischen Imperiums im 5. Jahrhundert abgerissen und für andere Bauten zweckentfremdet, sondern einfach unberührt stehengelassen. Ein Segen für die Archäologie.
Einzigartig in den Niederlanden
"Der Tempelkomplex in Herwen-Hemeling ist aus mehreren Gründen etwas ganz Besonderes", sagt ein Sprecher des niederländischen archäologischen Forschungsinstituts RAAP. "Nie zuvor wurde so ein vollständiges Ensemble an Tempelbauten in den Niederlanden gefunden. Neben den Tempelgebäuden haben wir auch Votivsteine und Gruben mit Opfergaben gefunden. Außerdem ist die Menge an Skulpturfragmenten aus Kalkstein hier beispiellos!" Votivsteine sind kleine Altäre, auf denen die Gläubigen Opfergaben für verschiedene Gottheiten ablegten und beteten.
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Die Expert:innen fanden unter anderem Altäre für Jupiter, Merkur und den ursprünglich germanischen Gott Hercules Magusanus, der von den Römern im Niederrhein-Gebiet übernommen wurde. Insgesamt wurden zwei vollständige Tempel gefunden, ein größerer und ein kleinerer, die beide leuchtend bunt bemalte Wände hatten. Genutzt wurden sie wohl vorrangig von Soldaten, die hier stationiert waren oder eventuell von den Niederlanden aus nach Großbritannien weiterreisten. Die kleine Siedlung soll etwa vom 1. bis zum 4. Jahhundert n. Chr. bestanden haben.
Quelle: "NL Times"