Bennett-Kängurus Mecklenburgische "Australier"

Kängurus leben normalerweise in Australien, Tasmanien und Neuguinea. Um sie zu sehen, müssen Touristen nicht mehr so weit fahren. Seit 2001 leben in Mecklenburg-Vorpommern Kängurus in freier Wildbahn.

Die mecklenburgische Landschaft bietet ihnen nicht weniger als der australische Busch: reichlich Nahrung, viel Fläche zum Hüpfen und eine passable Witterung. Seit dreieinhalb Jahren leben im Süden Mecklenburg-Vorpommerns Kängurus in freier Wildbahn. Bei einem Einbruch im Tierpark Burg Stargard nahe Neubrandenburg waren sie in die Freiheit gelangt - und dort haben sie sich seither vermehrt. "Die Touristen müssen nun nicht mehr nach Australien fahren, um Kängurus zu sehen, sondern nur nach Mecklenburg", sagt der Vorsitzende des Tierschutzbundes im Land, Dietmar Bonny. Originalschilder aus Australien mit der Aufschrift "Kangoroos" sollen künftig auf die Attraktion hinweisen.

Elf Bennett-Kängurus lebten Anfang 2001 im Burg Stargarder Tierpark - bis zum Morgen des 7. März: Tierpfleger fanden Blut im begehbaren Gehege, einige Muttertiere samt Nachwuchs im Beutel und auch Männchen waren verschwunden. Monatelang dauerte in dem etwa zehn Hektar großen waldreichen Gelände am Tierpark die beschwerliche Suche nach den sechs entwischten Tieren, deren grauschwarzes Fell wie eine Tarnkappe wirkt. "Sie tauchen drei Meter vor einem plötzlich auf, dann sind sie verschwunden", beschreibt Tierparkleiter Andreas Schumann.

"Sie sind einfach zu gewitzt"

Mit verschiedenen Strategien versuchte Schumann, seine Schützlinge wieder einzufangen. Er legte sich mit einem mit einer Betäubungsspritze ausgestatteten Blasrohr auf die Lauer, errichtete Fangzäune, fing ein Tier mit einem Spezialkescher ein. "Alle Versuche, die Kängurus gezielt in Fallen zu treiben, sind fehlgeschlagen, sie sind einfach zu gewitzt", berichtet er. Dann half auch der Zufall: Der entlaufene "Stammvater" der Känguru-Gruppe etwa sprang dem Tierarzt direkt auf den Arm.

Drei Ausreißer haben sich bis heute den Einfangversuchen widersetzt - und in Freiheit vermehrt. Acht Kängurus leben derzeit in der hügeligen und dicht bewachsenen Gegend um den Tierpark. "Ich sehe sie draußen fast jeden Tag, sie halten sich im Wald und auf der Heide auf", sagt Schumann, dem die Flüchtigen manchmal sogar bis zu seinem Wohnhaus folgen. "Wenn wir nach der Arbeit in der Gaststätte am Tierpark ermattet ein Bier trinken, kann es sein, dass uns eines der Tiere durchs Fenster zusieht." Auch in Kleingärten fühlen sich die genügsamen Beuteltiere wohl.

Im Zehn-Kilometer-Umkreis wurden die Kängurus schon gesehen. Sie fressen das, was auch Kaninchen schmeckt: Gras, trockene Blätter und Äste. Natürliche Feinde haben sie in Mitteleuropa kaum. "Fuchs und Habicht können für halbstarke Jungtiere gefährlich werden", sagt Schumann. Mit der europäischen Witterung samt Minusgraden können die Tiere gut leben.

Kängurus auch in Hessen

Schon zwischen 1850 und 1920 hatten in Hessen Kängurus frei gelebt, berichtet der Tierparkchef. Später seien sie dort als nicht artgerecht für die heimische Tierwelt wieder abgeschossen worden. Bennett-Kängurus leben normalerweise in Ost-Australien, in Tasmanien und in Neuguinea, bewohnen Eukalyptus-Wälder, Buschlandschaften und Savannen. Die Tiere können 12 bis 15 Jahre alt werden.

Vom Abschuss der mecklenburgischen "Australier" hält der Tierschutzbund aber nichts. "Bloß nicht einfangen, bloß nicht abschießen. Die Natur hat das schon geregelt", meint Bonny. Er befürchtet allerdings, dass eines Tages heimisches Kängurufleisch auf den Speisekarten auftaucht: "Wahrscheinlich sind die Jagdbüchsen der Jäger schon geladen." Beim Landesjagdverband heißt es dazu aber: Kängurus stehen nicht als Wild im Bundesjagdgesetz - und sind damit für Jäger tabu.

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Sophia-Caroline Kosel/DPA

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