Tierschützer sorgen sich immer mehr um den Buckelwal in der Ostsee. "Offenbar pendelt der hungrige Wal auf der Suche nach Nahrung in den küstennahen Bereichen, um dort Jungfischschwärme aufzuspüren", sagt Klaus Harder, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Deutschen Meeresmuseums Stralsund. Das gegenwärtige Angebot an Heringen und Sprotten reiche aber nicht aus, um den Nahrungsbedarf von etwa anderthalb Tonnen Fisch pro Tag zu decken. "Der Wal ist leider zum zum falschen Zeitpunkt im falschen Gewässer", bedauert Harder.
Im Frühjahr, wenn massenhaft Heringe in die Ostsee schwärmen, um in den Flachwasserbereichen abzulaichen, hätte ein Wal kaum Nahrungssorgen. Vor drei Wochen war der Buckelwal erstmals bei Rügen entdeckt worden. Er wurde danach auch in polnischen, dänischen und nach unbestätigten Meldungen auch in schwedischen Gewässern gesichtet. Zuletzt tauchte er vor Warnemünde auf. Nach Berichten von Urlaubern soll sich das etwa zwölf Meter lange Tier sogar in unmittelbare Nähe des Passagierkais getraut haben, wie die "Ostseezeitung" berichtete.
Orientierung erschwert
Ob "Bucki", wie der Wal inzwischen von Medien genannt wird, wieder rechtzeitig in seine angestammten arktischen Gewässer zurückfindet, ist ungewiss, wie Harder erklärte. Es könnte allerdings ein gutes Zeichen sein, dass er sich bereits relativ weit westlich und damit näher zum Kattegat, dem Übergang in die Nordsee aufhält. So spannend und aufregend die Buckelwal-Sichtungen in der Ostsee für Einheimische und Touristen sind, so stressig ist die aktuelle Situation für den Meeressäuger selbst, warnt Harder. Das Deutsche Meeresmuseum appelliert deshalb an alle, das Tier nicht noch zusätzlicher Aufregung auszusetzen. Sowohl organisierte Whale-Watching-Touren als auch Hobbykapitäne, die darauf hoffen, den Wal zu sichten, würden in jedem Fall erheblichen Stress für den Wal bedeuten. "Solche Aktionen können dem Buckelwal die Orientierung erschweren, sodass die Chancen für seine Rückkehr sinken", erklärt der Experte.
Der Buckelwal war das erste Mal am 25. Juli zufällig von Ornithologen bei der Vogelbeobachtung in Nähe vom Kap Arkona vor Rügen entdeckt und fotografiert worden. Inzwischen ist "Bucki" vor der Inselküste unter anderem bei Lohme, Sellin und Sassnitz sowie von Fischer- und Ausflugsbooten gesehen und fotografiert worden. Ein Buckelwal war zuletzt vor 30 Jahren vor der deutschen Ostseeküste gesichtet worden. Buckelwale leben weltweit in allen Ozeanen, wobei sie im Sommer meist in die Polregionen ziehen und sich im Winter in subtropischen Gewässern aufhalten.