Verliert eine männliche Krabbe bei einem Kampf ihre größere Schere, kann sie sich ein Imitat nachwachsen lassen - und mit der Attrappe andere Krabben täuschen. Die neue Schere sieht groß und furchteinflößend aus, obwohl sie viel zu schwach ist, um als Waffe zu dienen. Bei den Schaukämpfen unter Wasser haben die Krabben mit diesem Bluff jedoch Erfolg und können damit auch bei weiblichen Tieren punkten, berichten Simon Lailvaux und seine Kollegen von der Universität in New South Wales in der Fachzeitschrift "Functional Ecology".
Die Winkerkrabbenmännchen verfügen über eine besonders stark ausgeprägte Schere, die sie für Kämpfe mit anderen Männchen und für die Brautwerbung einsetzen. Der Name dieser Krabben rührt von ihrem Werbeverhalten: Die Männchen winken den Weibchen mit ihrer großen Schere zu, um diese zu beeindrucken. Verlieren männliche Winkerkrabben beim Kampf ihre Schere, so wächst eine neue nach. Bei den meisten Krabbenarten ist die nachgewachsene Schere identisch zu dem verlorenen Kampfwerkzeug. Manche Sorten dieser Krabben bilden jedoch ein zahnloses Leichtbauimitat aus. Das Nachwachsen einer solchen neuen Schere ist für ein verletztes Männchen weniger energieraubend als die Ausbildung einer intakten, funktionierenden Schere. Mit dieser Attrappe kann das Männchen Rivalen abschrecken, da diese ein Imitat nicht von einer gefährlichen, starken Zange unterscheiden können.
Die Wissenschaftler beurteilten die Leistungsfähigkeit originaler und nachgewachsener Scheren von Winkerkrabben, indem sie Größe und Zugkraft der Krabbenwerkzeuge untersuchten. Während bei originalen Zangen die Größe des Greifwerkzeuges ein guter Indikator für die eigentliche Kraft der Krabbe ist, gibt die Größe der nachgewachsenen Attrappe keinen Aufschluss über die Kampffertigkeiten eines Männchens. Oftmals lassen sich Gegner von der Größe des Zangenimitats abschrecken, ohne dass es zu einem Kampf kommt. Lässt sich ein Kontrahent nicht einschüchtern, stehen die Chancen für die unehrliche Krabbe schlecht, den Kampf zu gewinnen. Dennoch ist dieses Bluffen im Tierreich eher selten, berichten die Forscher. In der Regel ordnet sich der unterlegene Kontrahent unter oder räumt das Feld.