Treibhausgas-Emissionen Die Kuh ist gar nicht so schlimm fürs Klima

Schaden grasende Kühe dem Klima? Weniger als bisher angenommen, fanden deutsche Forscher jetzt heraus. Denn obwohl pupsende Tiere Methan freisetzen, kann die Viehhaltung den Ausstoß eines anderen klimaschädlichen Treibhausgases sogar senken.

Deutsche Forscher sind der Meinung, dass die Auswirkungen von Viehhaltung auf den Klimawandel deutlich überschätzt werden - denn grasende Kühe können den Ausstoß des klimaschädlichen Lachgases reduzieren. Die Wissenschaftler des Instituts für Meteorologie und Klimaforschung Atmosphärische Umweltforschung (IMK-IFU) am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) hatten die Viehhaltung ein Jahr lang in der Inneren Mongolei untersucht und berichten nun im britischen Fachjournal "Nature" darüber.

Lachgas (N20) zählt neben Kohlendioxid (CO2) und Methan zu den wichtigsten Treibhausgasen. "Ein Kilogramm N20 ist rund 300 Mal treibhauswirksamer als die gleiche Menge CO2", erläutert Klaus Butterbach-Bahl. Sein Team betrieb im menschenleeren und bis zu minus 40 Grad Celsius kalten Steppengebiet der Inneren Mongolei mehrere Messstationen. Es fand dabei heraus, dass auf Flächen, die nicht der Viehhaltung dienen, über das Jahr verteilt größere Mengen an Lachgas entstehen als auf beweideten Steppenflächen.

Kühe reduzieren Lachgas-Emissionen

"Bisherige Kurzzeituntersuchungen übersehen, dass die Abgabe bedeutender Lachgasmengen aus Steppenböden an die Atmosphäre ein natürlicher Prozess ist", erklärt Butterbach-Bahl. Ein großer Teil der natürlichen Lachgas-Emissionen entfalle auf die Tauwetter-Periode im Frühjahr.

Viehhaltung reduziere die Abgabe von Lachgas an die Atmosphäre, so die Wissenschaftler. Denn grasen Rinder die Fläche ab, kann Wind den Schnee leichter transportieren, wodurch die Schneehöhe niedriger bleibt als in unbeweideten Gebieten. Die Böden sind im Winter schlechter isoliert und um bis zu zehn Grad kälter. Außerdem bleiben sie wegen der geringeren Schneemenge beim Tauwetter im März trockener. "Kälte und Trockenheit hemmen dann mikrobielle Aktivitäten in der Tauperiode", sagt Butterbach-Bahl. "Als Folge gibt das Erdreich bedeutend weniger Lachgas ab." Er geht davon aus, dass aufgrund falscher Daten die Lachgas-Emissionen auf großen Flächen bislang um rund 72 Prozent überschätzt werden.

Rülpsen setzt Methan frei

Ihre Ergebnisse sehen die Wissenschaftler allerdings nicht als Hoffnungsschimmer im Kampf gegen den Klimawandel: "Unsere Arbeit zeigt lediglich, dass noch viel Forschungsarbeit notwendig ist, um die Quellen für atmosphärisches Lachgas wirklich zu verstehen", sagt Butterbach-Bahl. Auch starke Viehhaltung stelle keine Lösung dar. Denn wenn Rinder rülpsen und Blähungen haben, setzen sie in großen Mengen das Treibhausgas Methan frei - was in der neuen Studie nicht berücksichtigt wird.

Die Empfehlung der Wissenschaftler: "Ein Heuschnitt im Herbst könnte die Grashöhe und somit die winterliche Schneehöhe genauso wie die Lachgas-Emissionen in der Tauperiode verringern" schlägt Butterbach-Bahl vor. "Außerdem wissen wir einfach noch nicht genug. Die natürlichen Systeme sind mehr oder weniger nie studiert worden, erst recht nicht über die Dauer eines ganzen Jahres."

DPA
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