Stahl & Klaschinski: Psychologisch Für People Pleaser ist Nein das schwierigste Wort der Welt. So lernen sie es

  • von Stefanie Stahl und Lukas Klaschinski
Stefanie Stahl und Lukas Klaschinski stehen nebeneinander
"Bis zu einem gewissen Grad sind wir alle dazu veranlagt, uns anzupassen", sagt Lukas Klaschinski. In dieser Folge ihrer Kolumne widmen sich Stefanie Stahl und Lukas Klaschinski dem kurzen, aber starken Wort Nein
© Marianna Gefen / stern
Stefanie Stahl ist Bestseller-Autorin und Psychotherapeutin, Lukas Klaschinski ist Podcast-Star und Psychologe – gemeinsam schreiben sie eine stern-Kolumne über Themen aus Liebe, Familie und Partnerschaft. Dieses Mal geht es ums Neinsagen – und warum so viele Menschen Angst davor haben.

Lukas Klaschinski: Es gibt Menschen, denen fällt es extrem schwer, Nein zu sagen. Die sind bei jedem Umzug dabei, machen sich ständig verfügbar und sind immer hilfsbereit. Sie sind die freundlichsten von allen und haben ein großes Pflichtgefühl. Eine US-amerikanische Umfrage hat ergeben, dass sich etwa 49 Prozent der Befragten als "People Pleaser" identifizieren, also als Menschen, die gerne anderen gefallen. Welche Erfahrungen hast du in deiner psychotherapeutischen Praxis mit Ja-Sagern gemacht?

Stefanie Stahl: People Pleaser, wie du sie nennst, sind in der Tat häufig sehr freundliche und zugewandte Menschen, die eine starke Orientierung an den Erwartungen anderer Menschen haben. Wir sprechen dann von einem angepassten oder überangepassten Verhalten. Der Persönlichkeitsfaktor "Verträglichkeit" ist bei diesen Menschen besonders stark ausgeprägt. Wenn das Gegenüber anderer Meinung ist als sie selbst, spüren sie schon mehr psychischen Stress, wie eine australische Studie befunden hat. Die spannende Frage ist die nach dem psychologischen Mechanismus dahinter: Warum sagen diese Menschen Ja, wenn sie doch eigentlich Nein meinen? 

Lukas Klaschinski: Bis zu einem gewissen Grad sind wir alle dazu veranlagt, uns anzupassen. Wir sagen Ja, weil wir die Anerkennung der anderen wollen und brauchen. Schließlich möchten wir zur Gruppe gehören. Dieses Bedürfnis gehört zu uns allen. Mit jemandem im Konflikt zu sein löst bei jedem unangenehme Gefühle aus. Doch bei sehr angepassten Menschen ist der Anpassungsgrad so hoch, dass sie selbst dabei verschwinden: Sie drängen ihre eigenen Bedürfnisse und Grenzen so weit zurück, dass sie zum Teil überhaupt nicht wissen, was sie selbst eigentlich wollen. 

Stefanie Stahl: Für diese Menschen steht gefühlt sehr viel auf dem Spiel, wenn sie Nein sagen. Sie glauben, dass ihre Absage zum Ausschluss aus der Gruppe führen könnte oder dass sie damit die Beziehung zu ihrem Gegenüber gefährden. Das ist in dem Moment ein unheimlich bedrohliches Gefühl.

PRODUKTE & TIPPS

Kaufkosmos