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Inside America
Mit dabei: Kamala Harris und eine Deutsche in New York
Amerikas Wendepunkt
Liebe Leserinnen und Leser,
Charlie Kirk und ich hatten wenig gemeinsam. Er war ein Held der amerikanischen Rechten, ein glühender Trump-Verbündeter, der sich als Kämpfer in einem Kulturkrieg sah. Feminismus hielt er für "toxisch". Abtreibung, selbst im Fall einer Vergewaltigung, für eine Sünde. Er war ein Gegner der gleichgeschlechtlichen Ehe und ein Freund rassistischer Narrative. "Wenn ich einen schwarzen Piloten sehe, denke ich mir, hoffentlich ist der qualifiziert", sagte er einst.
Ich fand seine Aussagen abstoßend, unverantwortlich, ja sogar gefährlich. Und doch berührt mich sein Tod. Vielleicht, weil er mit 31 nur ein Jahr älter war als ich. Weil er zwei kleine Kinder und eine Frau hinterlässt. Weil er ermordet wurde, während er mit jungen Menschen über Politik diskutierte.
Beinahe wäre ich selbst für ein geplantes Porträt zu jenem Campus-Event nach Utah geflogen, bei dem Kirk gesprochen hatte. Stattdessen schrieb ich an diesem Abend über einen Mord, der Amerika erschüttert (+).
Ich fand seine Aussagen abstoßend, unverantwortlich, ja sogar gefährlich. Und doch berührt mich sein Tod. Vielleicht, weil er mit 31 nur ein Jahr älter war als ich. Weil er zwei kleine Kinder und eine Frau hinterlässt. Weil er ermordet wurde, während er mit jungen Menschen über Politik diskutierte.
Beinahe wäre ich selbst für ein geplantes Porträt zu jenem Campus-Event nach Utah geflogen, bei dem Kirk gesprochen hatte. Stattdessen schrieb ich an diesem Abend über einen Mord, der Amerika erschüttert (+).
Kirk war nicht irgendein MAGA-Aktivist. Im Alter von 18 Jahren gründete er die konservative Jugendorganisation Turning Point USA, die heute Millionen Mitglieder hat. Vergangenen Sommer erlebte ich ihn live, als er beim Parteitag der Republikaner eine kurze, feurige Rede hielt. Den meisten Applaus erhielt Kirk, als er verkündete, dass junge Männer so konservativ seien wie seit 50 Jahren nicht mehr. Er selbst hatte maßgeblich dazu beigetragen.
Auf dem Campus in Utah war Kirk gerade dabei, eine Frage ausgerechnet zum Thema Waffengewalt zu beantworten, als ihn eine Kugel am Hals traf. Sein Tod wurde kurz darauf vom Präsidenten persönlich verkündet. Gestern eröffnete Utahs Gouverneur Spencer Cox eine Pressekonferenz dann mit der erlösenden Nachricht: "Guten Morgen, meine Damen und Herren. Wir haben ihn." Der festgenommene mutmaßliche Täter Tyler R. ist erst 22 Jahre alt.
Vor seinem Auftritt verteilte Charlie Kirk "Make America Great Again"-Caps. Tess Crowley/The Deseret News/AP
Niemand sollte dafür sterben müssen, seine politische Meinung zu äußern. Und doch ist Kirk längst kein Einzelfall mehr.
Politische Gewalt ist in den USA zur traurigen Routine geworden (+). Der Mord an einer demokratischen Abgeordneten aus Minnesota im Juni. Ein Molotowcocktail, der im April das Zuhause des Gouverneurs von Pennsylvania in Brand setzte. Donald Trump, der vergangenes Jahr selbst nur knapp zwei Anschläge überlebte.
"Wir befinden uns als Land an einem Wendepunkt", sagte mir Politikwissenschaftler Robert Pape, einer der führenden US-Experten für politische Gewalt, in einem Videocall. "Seit den 1960er-Jahren haben wir nicht mehr ein solches Ausmaß an politischer Gewalt erlebt, sowohl auf der rechten wie auf der linken Seite." Umso wichtiger sei es in diesem Moment, dass politische Führer die Gewalt verurteilten, statt "die andere Seite" zu beschuldigen.
Der Präsident tut jedoch genau das. In seiner Ansprache an die Nation gab Trump den "radikalen Linken" die Schuld an dem Mord. Sie hätten Charlie Kirk als Nazi verteufelt. Und seien damit direkt verantwortlich für den "Terrorismus" im Land.
Worte, die das politische Klima weiter anheizen werden.
Der Präsident tut jedoch genau das. In seiner Ansprache an die Nation gab Trump den "radikalen Linken" die Schuld an dem Mord. Sie hätten Charlie Kirk als Nazi verteufelt. Und seien damit direkt verantwortlich für den "Terrorismus" im Land.
Worte, die das politische Klima weiter anheizen werden.
Take care
Ihre
Leonie Scheuble
aus Washington, D.C.
aus Washington, D.C.
Rückblick
Der Epstein-Skandal nimmt kein Ende. Anfang der Woche wurde ein pikanter Geburtstagsbrief veröffentlicht, mutmaßlich geschrieben von Donald Trump. Die Konturen eines weiblichen Körpers sind darauf zu sehen, dazu ein fiktiver Dialog zwischen "Jeffrey" und "Donald". Der Präsident setzt bisher – erfolgreich – auf Dementi (+). Unterdessen stürzt die Affäre Epstein auch Großbritannien in eine Regierungskrise. Premier Keir Starmer feuerte am Donnerstag den britischen US-Botschafter Peter Mandelson, nachdem dessen zwielichtige Beziehung zu Epstein bekannt wurde (+).
Einblick
In Europa war der ermordete Charlie Kirk quasi ein Unbekannter. Eine breitere Öffentlichkeit ist mit den radikalen Äußerungen des Trump-Jüngers kaum vertraut. Das machen sich die Rechtspopulisten auf dem alten Kontinent nun zunutze. Für Politiker wie Orbán und Weidel ist Kirk die ideale Projektionsfigur, analysiert mein Kollege Marc Etzold (+).
Ausblick
Kamala Harris führte die kürzeste Präsidentschaftskampagne in der jüngeren amerikanischen Geschichte. In ihren Memoiren "107 Days", die Ende September erscheinen, gewährt die frühere Vizepräsidentin bislang unbekannte Einblicke in das Rennen gegen Trump und nimmt kein Blatt mehr vor den Mund. In einem ersten Auszug im US-Magazin "The Atlantic" übt Harris scharfe Kritik an der Kandidatur von Joe Biden. "Rückblickend denke ich, es war Leichtsinn", schreibt sie.
Fotofinish
Seth Wenig/dpa
"Madame, tragen Sie die Vollversammlung zu neuen Höhen." Mit diesen Worten überreichte der Kameruner Philemon Yang (r.) am vergangenen Dienstag in New York den traditionellen Sitzungshammer der UN-Vollversammlung an seine Nachfolgerin Annalena Baerbock, die nun ein Jahr lang Präsidentin des internationalen Gremiums ist. Gelegenheiten zum Hämmern dürfte die 44-jährige Ex-Außenministerin in ihrer Amtszeit genügend haben. Ukraine, Gaza, Sudan sind nur die offensichtlichsten Krisenherde, bei denen während hitziger UN-Sitzungen immer wieder zur Ordnung gerufen werden muss. Baerbock möchte auch die Themen Klima, Nachhaltigkeit und Geschlechtergerechtigkeit stärker vorantreiben.
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Inside America
Mit dabei: Ein gescheiterter Friedensplan und Bezos‘ Privattrainer
Die Stunde der Epstein-Opfer
Liebe Leserinnen und Leser,
am Mittwoch war ich auf einer der emotionalsten Pressekonferenzen, die wohl je vor den Stufen des Kapitols abgehalten wurde.
Umringt von Fernsehkameras und Hunderten Demonstranten hatte sich in der Spätsommerhitze eine Gruppe von Frauen auf dem Capitol Hill eingefunden. Einige verdeckten ihr Gesicht hinter einer großen Sonnenbrille, andere trugen ein schwarzes Shirt mit dem Aufdruck "Power to the Survivors". Viele der Frauen hielten sich bestärkend an den Händen fest, als sie nacheinander ans Redepult traten, um ihre Geschichte zu erzählen. Nämlich, wie sie als Teenager ein Mann missbraucht hatte, dessen Name längst zu einem Synonym für Straflosigkeit geworden ist: Jeffrey Epstein.
Marina Lacerda, eine zierliche Frau (im Bild unten zu sehen), sprach zum ersten Mal überhaupt öffentlich. Epstein lernte sie im Alter von 14 Jahren "im Sommer ihrer Highschool-Zeit" kennen. Um ihre Familie aus Brasilien zu unterstützen, nahm sie einen 300-Dollar-Job an, bei dem sie "einem älteren Mann eine Massage geben" sollte. Ein Job, der zu ihrem "schlimmsten Albtraum" wurde, wie sie mit zitternder Stimme berichtete.
Während der Pressekonferenz flossen Tränen. Taschentücher wurden herumgereicht. Doch die Frauen machten weiter.
Rod Lamkey/AP
Es ist das erste Mal seit dem Gerichtsprozess – und Epsteins anschließendem Suizid 2019 –, dass die Anklägerinnen gemeinsam als Gruppe ihre Stimme erheben (+). Ganz konkret fordern sie die Trump-Regierung zur Freigabe der Gerichtsakten auf.
Noch im Wahlkampf hatte Donald Trump versprochen, den Skandal um seinen alten Freund endlich aufzuklären (+) und die Akten zu veröffentlichen, sobald er im Amt sei. Doch dazu kam es nicht. Anfang Juli verkündete seine Generalstaatsanwältin Pam Bondi, dass es keine neuen Erkenntnisse in dem Fall gebe – und erst recht keine "Kundenliste" mit Namen einflussreicher Männer, nach der die MAGA-Basis gelechzt hatte. Seither versucht Trump, seine Anhängerschaft zu beschwichtigen: Der ganze Epstein-Skandal sei ein "großer Schwindel", sagt er, erfunden von den Demokraten. Worte, die für die Frauen vor dem Kapitol wie eine schallende Ohrfeige wirken. Viele wendeten sich deshalb bei der Pressekonferenz direkt an den Präsidenten.
Haley Robson, eine Frau mit verspiegelter Sonnenbrille und tätowierten Armen, berichtete, wie sie im Alter von 16 Jahren von Epstein missbraucht und später rekrutiert wurde, um ihm weitere Mädchen zu beschaffen. "Ich lade Sie herzlich ins Kapitol ein, um mich persönlich zu treffen, damit Sie verstehen, dass dies kein Schwindel ist", sagte sie.
Der Präsident zeigte sich von dem Auftritt jedoch wenig beeindruckt. "Was sie mit dem Epstein-Schwindel erreichen wollen, ist, dass die Leute darüber reden", kritisierte Trump im Oval Office nur wenige Augenblicke nach Ende der Pressekonferenz. "Wir erleben die erfolgreichsten acht Monate aller Präsidenten, und darüber möchte ich sprechen."
Take care
Ihre
Leonie Scheuble
aus Washington, D.C.
aus Washington, D.C.
Rückblick
Seit er zurück im Amt ist, hat Donald Trump versucht, einen Waffenstillstand in der Ukraine zu erzwingen. Am Ende dieses Sommers zeigt sich: Die Ultimaten des US-Präsidenten sind verstrichen, Putin bombt weiter, und Trump tut – nichts. Machen wir uns nichts vor: Sein Friedensplan ist gescheitert, kommentiert Auslandsredakteur Marc Etzold.
Einblick
Der hypermaskuline Typus erlebt in den USA gerade eine Hoch-Zeit. Dicke Muskeln sind wieder in – von den Stränden Kaliforniens bis in Trumps Verteidigungsministerium. Davon profitieren Privattrainer wie Wes Okerson, der unter anderem Amazon-Gründer Jeff Bezos trainiert. Der frühere Computer-Nerd verwandelte sich unter Okersons Anleitung radikal. Warum ihn der aktuelle Fitnesswahn nicht überrascht und wie er seine Workouts in die engen Terminkalender seiner Starkunden integriert (+), hat Okerson meiner Kollegin Alexandra Kraft erzählt.
Ausblick
Am Freitag verpasste Donald Trump per 200. Exekutivanordnung dem Verteidigungsministerium seinen neuen-alten Namen: Kriegsministerium. Trump und sein Kriegsminister Pete Hegseth wollen damit das Ethos des amerikanischen Kriegers wiederbeleben. Sie sehen sich selbst als echte Kämpfer, die sich nicht mehr mit albernen Bezeichnungen wie "Verteidigung" abgeben. Soft-Power ist out, Hard-Power ist in. In Wahrheit ist Trumps Manöver nicht nur kostspielig. Es ist brandgefährlich (+).
Es war einmal in Amerika
imago images/UIG
Weit gediehen sind die Arbeiten auf dem Bild noch nicht, aber der Grundriss, der diesem Gebäude seinen charakteristischen Namen gab, ist schon zu erkennen: Am 11. September 1941 begann in Arlington (US-Staat Virginia) am Ufer des Potomac der Bau des Pentagons. Knapp eineinhalb Jahre dauerte es bis zur Fertigstellung des mit 600.000 Quadratmetern bis heute zweitgrößten Bürogebäudes der Welt. Noch während der Errichtung traten die USA in den Zweiten Weltkrieg ein. Der Sitz des – damals noch aus Gründen sogenannten – Kriegsministeriums ist von jeher ein Symbol der militärischen Stärke der Vereinigten Staaten. Es ist ein tragischer Wink des Schicksals, dass ausgerechnet am 11. September 2001, exakt 60 Jahre nach Baubeginn, ein von Terroristen entführtes Flugzeug ins Pentagon stürzte und neben den 64 Insassen auch 125 Pentagon-Mitarbeiter in den Tod riss.
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Inside America
Mit dabei: Überlebende von "Katrina" und eine endlose Odyssee
Panik im Park
Liebe Leserinnen und Leser,
als ich vor ein paar Tagen durch den Rock-Creek-Nationalpark spazieren ging, hatte ich schon nach wenigen Schritten vergessen, dass ich mich inmitten einer politisch aufgeheizten Hauptstadt befinde. Auf den geschlängelten Waldpfaden scheint die Hektik der Stadt weit weg. Statt Anzugträger trifft man auf Trailrunner. Und das Rauschen des Flusses löst den Alltagslärm ab.
Die Amerikaner lieben ihre "Kronjuwelen", wie die Nationalparks genannt werden. Und an diesem langen Labor-Day-Wochenende, Montag ist ja hier Feiertag, sind die Parks traditionell so voll wie sonst kaum im Jahr. Für viele Familien gehört ein Parkausflug zum Sommerende wie das letzte Barbecue und der Start der Football-Saison.
Doch während die Besucherzahlen zunehmen, herrscht hinter den Kulissen Panik. Rund ein Fünftel der 433 Nationalparks ist laut Regierungsdaten inzwischen überlastet und unterbesetzt. Der Grund, wie so oft in diesen Tagen: Donald Trump.
Seit er zurück im Amt ist, hat seine Regierung Parkbudgets gekürzt, Investitionen gestoppt und Tausende Stellen gestrichen. Der National Park Service, die zuständige Bundesbehörde, hat seither rund 24 Prozent seiner Mitarbeiter verloren – also jene Menschen, die Eintritt kassieren, die Besucher durch die Parks führen, die Toiletten reinigen.
privat
Das alles hat Lois Dunlop (oben im Bild) zu denken gegeben – und sie hat beschlossen, den Rock Creek Park nach ihrer Pensionierung weiter ehrenamtlich zu unterstützen. Mehr als 20 Jahre hat die 79-Jährige die Wege im Park instand gehalten und Besucher auf Pferden hindurchgeführt. "Jeden Tag in der Natur sein zu dürfen, war für mich der tollste Job", schwärmt sie. Nun hilft sie mehrmals wöchentlich im Besucherzentrum aus. Wie viele Mitarbeiter der Park unter Trump verloren hat, darf Dunlop nicht sagen. "Es ist ein sensibles Thema."
Trumps radikaler Sparkurs ist schon jetzt in vielen Nationalparks zu spüren: Besucherzentren verkürzen ihre Öffnungszeiten, Führungen fallen aus, Wanderwege bleiben nach Stürmen blockiert. Weil Eingänge unbesetzt sind, entgehen den Parks Millionen an Eintrittsgeldern. Im Zion-Nationalpark in Utah wird in diesem Jahr mit Einnahmeverlusten von insgesamt zwei Millionen Dollar gerechnet. Im Grand Canyon verschärft der Personalmangel das Schädlingsproblem. Im Voyageurs-Park in Minnesota wurden Notfalldienste auf vier Tage pro Woche reduziert. Wer an den "falschen" Tagen in Not gerät, wartet Stunden auf Hilfe.
Im Moment bekommen zumindest die Parks in Washington eine besondere Art der Unterstützung: Die Nationalgardisten, die Trump vor knapp drei Wochen wegen eines angeblichen "Kriminalitätsnotstands" in die Stadt beordert hatte, sind nun zur Grünflächenpflege und Müllentsorgung eingeteilt worden. So viel Kriminalität gab es offenbar dann doch nicht, die man bekämpfen musste.
Take care,
Ihre Leonie Scheuble
aus Washington, D.C.
Rückblick
20 Jahre sind vergangen, seit Hurrikan "Katrina" New Orleans verwüstete. Die Bilder von überfluteten Straßen und verzweifelten Menschen auf ihren Dächern gingen damals um die Welt. Noch heute sind die Narben des Sturms in der Stadt sichtbar. Man stößt auf Häuser, die seit dem Hurrikan leer stehen. Man streift durch Stadtviertel, aus denen schwarze Familien durch die gestiegenen Immobilienpreise verdrängt wurden. Und immer wieder trifft man Menschen, die nur knapp überlebt haben (+) – und heute eine noch schlimmere Katastrophe fürchten. Der Grund dafür sitzt im Weißen Haus (+).
Einblick
Die Durchsuchung von John Boltons Haus. Die Entlassung der Fed-Gouverneurin Lisa Cook. Die drohende erneute Abschiebung von Kilmar Ábrego García. Drei sehr verschiedene Aktionen von Donald Trump, die sich aber wie Mosaiksteine zu einem Bild zusammenfügen – wie mein Vorgänger hier in D.C., Marc Etzold, sehr plastisch erklärt (+).
Ausblick
Als Teenager floh Kilmar Ábrego García von El Salvador nach Maryland. Im März ließ ihn die Trump-Regierung trotz seines gültigen Schutzstatus in ein Foltergefängnis nach El Salvador abschieben. Erst auf Druck der Öffentlichkeit wurde er im Juni zurück in die USA geholt. Nun soll er erneut abgeschoben werden – diesmal nach Uganda. Es ist das jüngste Kapitel einer schier endlosen Saga, die wie keine andere für die erbarmungslose Jagd auf Einwanderer in Donald Trumps Amerika steht (+).
Fotofinish
Paul Christian Gordon
Was für ein Zeichen, denkt man, die Freiheitsstatue mit einer ukrainischen Flagge! Wer hat die dort festgemacht – und wie? Die Realität ist eine etwas andere, denn die Statue of Liberty, die wir hier sehen, ist keine knapp hundert Meter hoch, sondern lediglich 2,30 Meter. Und sie steht auch nicht in New York, sondern in Seattle. Die Perspektive lässt die Replika gigantisch erscheinen. Aktivisten hatten sie zum Unabhängigkeitstag der Ukraine am 24. August so dekoriert. Doch in Zeiten, in denen der amerikanische Präsident einen Kriegsverbrecher Putin hofiert, ist man auch für kleine Zeichen dankbar.
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Inside America
Mit dabei: Trumps Gesundheitszustand und ein Basketballstar
Unter Besatzung
Liebe Leserinnen und Leser,
ich lebe inzwischen in einer militarisierten Stadt.
In meiner Straße parken täglich Polizeiwagen. In meinem Stammcafé steht nicht selten ein uniformierter Officer vor mir in der Schlange. Und bei meiner abendlichen Joggingrunde auf der National Mall laufe ich neben den berühmten Denkmälern nun an gepanzerten Militärfahrzeugen vorbei.
Knapp zwei Wochen ist es her, dass Donald Trump die lokale Polizei unter seine Kontrolle gestellt und die Nationalgarde nach Washington beordert hat. Um die "totale Gesetzlosigkeit" zu bekämpfen und "Verbrechen, Blutvergießen und Chaos" zu beenden, wie er behauptete. Dass die Kriminalitätsrate im Vergleich zu anderen amerikanischen Städten niedrig und außerdem rückläufig ist, interessiert ihn nicht. Seine Soldaten patrouillieren nicht in den Vierteln mit den meisten Verbrechen, sondern nahe dem Weißen Haus, wo sie gut in Szene zu setzen sind.
Am Donnerstag machte sich der US-Präsident ein Bild der Lage. Nachdem sein Stellvertreter J. D. Vance am Vortag von Demonstranten ausgebuht worden war, entschied sich Trump für einen abgeschirmten Besuch auf einem Polizeigelände am Stadtrand. "Es ist jetzt schon besser als seit Jahren", erklärte er mit Blick auf die Sicherheitslage. "Ich fühle mich sehr sicher", fügte er hinzu, bevor sein Team Pizza an die anwesenden Polizisten und Soldaten verteilte.
privat
Zur gleichen Zeit versammelten sich in einer belebten Ausgehstraße in der Innenstadt rund hundert Demonstranten. Unter dem Motto "Defend DC" hatten lokale Gruppen zum Protest gegen Trumps Militäreinsatz aufgerufen. "Es ist eine Schande", sagte Donna Powell, 66 (oben auf dem Foto mit ihrem Mann Dan). "Trump macht Washington D.C. zur 'Verbrecherhochburg', damit er aufrüsten kann."
Dem Präsidenten geht es nicht wirklich um Sicherheit (+). Es ist eine reine Machtdemonstration gegen eine Hochburg der Demokraten. Ähnlich wie im Juni, als Trump das Militär ins liberale Los Angeles schickte, um Proteste gegen seine Einwanderungspolitik zu ersticken. Auch in Washington richtet sich Trumps Feldzug zunehmend gegen Migranten. Fast täglich werden Videos geteilt, in denen Latinos auf der Straße von maskierten Männern in Schutzwesten verhaftet und in SUVs gezerrt werden. Nach Angaben des Weißen Hauses gab es seit dem 7. August mehr als 550 Festnahmen.
In diesen absurden Zeiten ist es wohl nur konsequent, dass ausgerechnet ein Mann mit dem Spitznamen "Sandwich Guy" zum Symbol des Widerstands geworden ist. "Sandwich Guy" heißt eigentlich Sean Charles Dunn. Ein viral gegangenes Video zeigt, wie der junge Mann im rosa Polohemd eine Gruppe Polizisten beschimpft, ein Sandwich auf sie wirft und anschließend von ihnen die Straße entlang gejagt wird.
Dunn, ein ehemaliger Mitarbeiter im Justizministerium, wurde inzwischen angeklagt. Im Fall einer Verurteilung drohen ihm bis zu acht Jahre Haft. Sein spontaner Sandwichwurf hat ihn in der Hauptstadt bereits zur Legende gemacht. Memes, Streetart – und wir wären nicht in Amerika, wenn es nicht auch schon ein "Sandwich Guy"-T-Shirt zu kaufen gäbe.
Enjoy your weekend,
Leonie Scheuble
aus Washington, D.C.
aus Washington, D.C.
Rückblick
Der Supergipfel im Weißen Haus am Montag hat gezeigt, dass die Europäer ihre Strategie im Umgang mit Donald Trump mittlerweile perfektioniert haben. Wer den US-Präsidenten für sich gewinnen möchte, muss ihn umgarnen und mit klarer Sprache beeindrucken (+). Kaum einer beherrscht diesen transatlantischen Tanz so wie Finnlands Präsident Alexander Stubb. In seiner Heimat war er politisch schon erledigt, hat stern-Reporter Fabian Huber recherchiert. Nun dient er Europa als wichtigster Trump-Einflüsterer (+).
Einblick
Donald Trump ist 79 Jahre alt. Ein alter Mann also. Immer häufiger zeigt der Präsident nun ähnliche Symptome wie sein Vorgänger Joe Biden: Stolperer, ein unsicherer Gang, leere Blicke und Versprecher. Gleich zweimal verkündete Trump vor dem Treffen mit Putin in Alaska, dass er "nach Russland" reise. Doch Trumps Umfeld ist sehr geschickt darin, eine Diskussion über seine Gesundheit gar nicht erst aufkommen zu lassen. Die Methode ist einfach, aber effektiv, schreibt meine Kollegin Alexandra Kraft: Zweifel werden schon im Keim erstickt (+).
Ausblick
Kommenden Mittwoch beginnt die Basketball-Europameisterschaft. Auch Dennis Schröder wird dabei sein. Der 31-jährige Braunschweiger ist in der US-Basketballliga der größte deutsche Star seit Dirk Nowitzki. Im sehr persönlichen stern-Gespräch erzählt der Sportler über seine aufregenden Anfänge in Amerika, warum er das Transfersystem der NBA als "moderne Sklaverei" empfindet und wieso er sich nach seinem Karriereende nicht in den USA sieht (+).
Es war einmal in Amerika
Der Präsident unterzeichnet ein Dokument, viele eher ältere, weiße Männer stehen um ihn herum – eine Szene, wie sie sich auch dieser Tage im Weißen Haus häufig abspielt. Donald Trump lässt gern eine Schar von Loyalisten neben sich Aufstellung nehmen, wenn er eine seiner Exekutive Orders unterschreibt. Der feine Unterschied: Das Papier, unter das Harry S. Truman hier am 24. August 1949 seinen Namen setzte, ist die Ratifizierungsurkunde zum Beitritt der USA zur Nato – der damit offiziell vollzogen wurde. Trump wiederum, so klingt es immer wieder an, würde am liebsten austreten.
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Inside America
Ein ergebnisloser Gipfel
Liebe Leserinnen und Leser,
ein ausgerollter roter Teppich. Zwei Präsidenten, die zeitgleich aus ihren Flugzeugen aussteigen. Donnernde Kampfjets am Himmel von Alaska. Und das alles vor den Kameras der versammelten Weltpresse. Es war das Spektakel, das sich Donald Trump gewünscht hatte. Und so begann er vor Freude zu applaudieren, als Wladimir Putin auf ihn zumarschierte.
Noch bevor sich die beiden Männer in einem innigen Händeschütteln verloren, hatte Putin den ersten Sieg eingefahren. Die Jahre der Isolation durch den Westen waren in dem Moment vorbei, in dem er Fuß auf den Boden der Militärbasis Elmendorf-Richardson in Anchorage gesetzt hatte. Hier also nun stand der Mann, der vor dreieinhalb Jahren Truppen in die Ukraine geschickt hatte, und wurde vom Präsidenten der USA wie ein heimgekehrter Kriegsheld begrüßt.
Noch bevor sich die beiden Männer in einem innigen Händeschütteln verloren, hatte Putin den ersten Sieg eingefahren. Die Jahre der Isolation durch den Westen waren in dem Moment vorbei, in dem er Fuß auf den Boden der Militärbasis Elmendorf-Richardson in Anchorage gesetzt hatte. Hier also nun stand der Mann, der vor dreieinhalb Jahren Truppen in die Ukraine geschickt hatte, und wurde vom Präsidenten der USA wie ein heimgekehrter Kriegsheld begrüßt.
Und es sollte noch besser für ihn kommen.
Als die beiden Staatschefs nach fast dreistündigen Gesprächen vor die Presse traten, prangten im Hintergrund in großen Lettern die Worte "Pursuing Peace" (Streben nach Frieden). Doch schnell wurde klar, dass kein Deal erreicht worden war. Und ein Waffenstillstand, den Putin unbedingt vermeiden will, auch weiter nicht in Sicht ist.
Als die beiden Staatschefs nach fast dreistündigen Gesprächen vor die Presse traten, prangten im Hintergrund in großen Lettern die Worte "Pursuing Peace" (Streben nach Frieden). Doch schnell wurde klar, dass kein Deal erreicht worden war. Und ein Waffenstillstand, den Putin unbedingt vermeiden will, auch weiter nicht in Sicht ist.
Alle aktuellen Entwicklungen zum Gipfel finden Sie bei uns hier im Newsblog.
Leonie Scheuble
In Anchorage selbst, wo die Lachs- und Beerensaison in vollem Gang ist, hatte es seit Tagen kaum ein anderes Thema als den Gipfel gegeben. Die Anwohner hier zeigten, auf welcher Seite sie stehen: In vielen Vorgärten wehten schon Tage vor dem Gipfel ukrainische Flaggen.
Russland ist kein abstrakter Feind, sondern ein direkter Nachbar. Bis 1867 gehörte Alaska selbst zum Zarenreich. Trumps kürzlicher Versprecher, sich mit Putin "in Russland" treffen zu wollen, hatte deswegen für viele einen Beigeschmack.
"Mein erster Gedanke war, ‚oh Gott‚ bitte verkauf uns nicht zurück‘", sagte Thomas Tomasi. Der 65-jährige Parkplatzverwalter erinnert sich noch gut an Alarmübungen in seiner Kindheit zum Ende des Kalten Krieges. Seine zentrale Botschaft an den Präsidenten, dem er seine Stimme gab, hatte er vor dem Gipfel an die Wand seines Parkplatzes gemalt (mich sehen Sie übrigens davor): "Make Ukraine Free Again".
Eine Botschaft, die Trump offenkundig nicht erreicht hat.
Eine Botschaft, die Trump offenkundig nicht erreicht hat.
Take care,
Leonie Scheuble
aus Anchorage, Alaska
Rückblick
Donald Trump hat es schon lange auf Washington abgesehen, den, in seiner Sicht, liberalen Sündenpfuhl. Doch noch nie ging er so weit wie in dieser Woche. Auf einer Pressekonferenz zeichnete er ein apokalyptisches Bild der Stadt, verkündete die Übernahme der Polizeibehörde und ließ die Nationalgarde aufmarschieren. "Wir werden unsere Hauptstadt zurückerobern", versprach er. Es ist eine Machtdemonstration ganz nach Trumps Geschmack. Da ist es ihm gleich, dass diese auf einer dreisten Lüge fußt (+).
Einblick
Inmitten der Hungersnot in Gaza gewinnt eine Hilfsorganisation immer mehr Einfluss. Doch die Mission der "Gaza Humanitarian Foundation", die die Essensausgabestellen betreibt, ist höchst umstritten (+). Recherchen von meinem Kollegen Fabian Huber und mir führen zu einem Netzwerk aus amerikanischen Subunternehmen, angeheuerten Söldnern, es gibt auch enge Verbindungen zur Trump-Regierung. All das, während die Menschen vor Ort sich in Lebensgefahr begeben müssen, um ein wenig Essen für sich und ihrer Familien zu ergattern.
Ausblick
Boeing, das steht für Amerika wie Coca Cola und Levi's. Doch der Luftfahrtkonzern steckt in einer tiefen Krise. Mehrfach stürzten Flugzeuge ab, Untersuchungen ergaben gravierende Sicherheitsmängel bei der Produktion, bei den Aufträgen hat der Konkurrent Airbus die Flugzeugschmiede aus Seattle abgehängt. Kann sich Boeing neu erfinden? Und was heißt das für Trumps Traum, die USA wieder zum Ort rauchender Schlote und brummender Fabriken zu machen? Der "Atlantic" gibt darauf eine interessante Antwort.
Fotofinish
Die USA verändern sich rasant, alte Gewissheiten (Gewaltenteilung, keine Bereicherung im Amt) sind keine Gewissheiten mehr – neue Gepflogenheiten haben sie ersetzt (der Präsident wähnt sich jetzt als König). Manches aber, es fühlt sich beruhigend an in diesen Tagen, bleibt – etwa die Tradition der Country fairs, der landwirtschaftlichen Messen, die auch riesige Volksfeste sind. Und gerade in Staaten wie Colorado, wo dieses Foto aufgenommen wurde, spielt dabei Rodeo noch immer eine zentrale Rolle. Sich wild gebären und dann irgendwann hinzufallen, das scheint eine zeitlose amerikanische Tradition zu sein.
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Inside America
Mit dabei: Was auf die Ohren und ein heikles Gipfeltreffen
Showdown in Texas
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
es war im Dezember 1840, als Abraham Lincoln in Springfield, Illinois, aus dem Fenster des Kapitols sprang. Lincoln, damals Abgeordneter, wollte so eine Abstimmung verhindern, die seine politischen Gegner sicher gewonnen hätten.
Ich hörte von dieser Geschichte, als ich diese Woche an einem Zoom-Call mit James Talarico teilnahm. Der demokratische Abgeordnete aus Texas ist derzeit ebenfalls vor einer Abstimmung auf der Flucht, eine, über die inzwischen das ganze Land spricht. "Zum Glück musste ich nicht aus dem Fenster springen", sagt Talarico mit einem Schmunzeln und wird sogleich wieder ernst. "Was wir in Texas sehen, ist eine Machtübernahme von Tyrannen."
Womit wir bei Donald Trump wären.
Trump will ein Comeback der Demokraten bei den Kongresswahlen im nächsten Jahr um jeden Preis verhindern. Deswegen drängt er die regierenden Republikaner in Texas – dem bevölkerungsreichsten Staat nach Kalifornien – zu einem Zuschnitt der Wahlbezirke in seinem Sinne. Mit dem sogenannten Gerrymandering könnten sich die Republikaner fünf weitere Parlamentssitze in Washington sichern, was einen Sieg der Demokraten 2026 deutlich erschweren würde.
Da die demokratischen Abgeordneten im texanischen Parlament in der Minderheit sind, hätten sie die Abstimmung über die Neuorganisation nicht blockieren können. Also entschieden sich 57 Männer und Frauen der Partei zu einem Exodus à la Lincoln: Um es gar nicht erst zu einem Votum kommen zu lassen, verließen sie Texas vergangenen Sonntag Richtung Illinois (auf dem Foto unten sieht man die Gruppe bei einer Pressekonferenz).
Scott Olson/Getty Images
Die Demokraten werfen den Republikanern Wahlbetrug vor. Die Schwierigkeit dabei: Gerrymandering ist in den USA zwar umstritten, aber legal. Beide Parteien haben in der Vergangenheit versucht, sich über den Umbau der Wahlbezirke einen Vorteil zu verschaffen. Für gewöhnlich geschieht dies alle zehn Jahre im Rahmen von Volkszählungen, die nächste stünde 2030 an. Trump jedoch bricht mit dieser Norm, um seinen Republikanern bei den Midterm-Wahlen einen Vorsprung zu verschaffen. Texas ist dabei erst der Anfang. Pläne für ähnlich konservative Bezirksneuordnungen werden bereits in Indiana, Missouri, Florida und New Hampshire diskutiert.
Bei den Demokraten herrscht Alarmstufe Rot. Wenn Trump in Texas damit durchkommt, dann schafft er es überall, fürchten sie – und rufen zum Gegenangriff auf. "Wenn sie in Texas handeln, dann wird Kalifornien nicht zusehen, wie diese Demokratie verkommt", drohte Gouverneur Gavin Newsom. "Wir werden Feuer mit Feuer bekämpfen."
Talarico hofft, dass diese Androhung von Vergeltungsmaßnahmen die Republikaner in Texas überzeugen wird, ihre Abstimmung zu verwerfen. Viel wird jedoch davon abhängen, wie lange er und seine geflohenen Parteikollegen ihre Blockade durchhalten können. Texas’ Gouverneur Greg Abbott kündigte an, den abtrünnigen Abgeordneten ihre Sitze zu entziehen, die Geldstrafe für ihre Abwesenheit steigt täglich um 500 Dollar, und inzwischen sucht auch das FBI nach ihnen.
Talarico ist sich der Konsequenzen bewusst, aufgeben will er deshalb nicht. "Wir kämpfen nicht nur für die Demokraten", sagt er. "Wir kämpfen für den Erhalt unserer Demokratie."
Take care
Leonie Scheuble
aus Washington, D.C.
aus Washington, D.C.
Rückblick
Einst diente der Historiker Omer Bartov in der israelischen Armee. Heute beschuldigt er sein Land des Völkermords. "Nicht jeder Genozid sieht wie der Holocaust aus", sagte er in meinem Interview mit ihm. "Es reicht, systematisch die Bedingungen zu schaffen, die es einer Gruppe Menschen unmöglich machen, zu überleben. Das ist es, was wir in Gaza sehen." Wir haben auch darüber gesprochen, wie er Deutschlands moralischen Zwiespalt einschätzt und warum ihm der Blick in die Geschichte trotzdem Hoffnung macht (+).
Einblick
Wenn Sie in den Sommerferien lange Autofahrten, Flugreisen oder einfach viel Zeit am Strand vor sich haben, lohnt sich vielleicht ein Blick in folgende Liste: Das "Time Magazine" hat vor Kurzem die 100 besten Podcasts aller Zeiten zusammengestellt. In neun Kategorien von Sport über True Crime bis Popkultur oder Wissenschaft findet jeder Interessierte was nach seinem Gusto – und garantiert auch das ein oder andere Beispiel großartiger Erzählkunst.
Ausblick
Drei Männer, ein Tisch, ein Friedensdeal – so sollte es aus Sicht von Donald Trump wohl laufen, um den Krieg in der Ukraine zu beenden. Der US-Präsident will nächste Woche zunächst Putin allein treffen und kurz darauf Putin und Selenskyj zusammen. Ganz so einfach wird es nicht, ist mein Kollege Marc Etzold überzeugt (+). Er teilt diese Meinung mit Wolfgang Ischinger. Der Diplomat fürchtet, dass Trump sich vom russischen Präsidenten ein weiteres Mal um den Finger wickeln lassen wird.
Es war einmal in Amerika
Getty Images
Es gibt dieses eine berühmte Zitat von Henry Ford (Foto): "Wenn ich die Menschen gefragt hätte, was sie wollen, hätten sie gesagt: schnellere Pferde." Henry Ford hat sie nicht gefragt. Stattdessen baute er ihnen das erste Automobil vom Fließband: Exemplar Nr. 1 des Ford Model T, Spitzname "Tin Lizzie", rollte am 12. August 1908 vom Band – und veränderte Amerikas Gesellschaft sowie deren Fortbewegungs- und Lebensgewohnheiten für immer. Durch die Massenproduktion wurden Autos durch Ford auch für Normalbürger erschwinglich. Auch eine andere Kultmarke mit vier Rädern feiert dieser Tage übrigens Jubiläum: Sechs Jahre nach dem Model T gründete der schwedischstämmige Amerikaner Carl Wickman am 13. August 1914 Amerikas erste Buslinie: den Greyhound. Anfangs transportierte das Verkehrsunternehmen Minenarbeiter durch Minnesota. Heute gilt: Wenn man nicht mal mit einem Greyhound unterwegs war – war man dann überhaupt in Amerika?
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Inside America
Mit dabei: Aufruhr in Rom und ein schlechter Deal für die EU
Wie weit reicht Trumps Loyalität?
Liebe Leserinnen und Leser,
vor ein paar Tagen hatte ich die Gelegenheit, mit dem israelischen Historiker Omer Bartov zu sprechen, einem der derzeit gefragtesten Gesprächspartner in den USA. Bartov hatte in der "New York Times" einen Essay über die verheerende Situation in Gaza geschrieben, mit dem Titel "Ich bin Genozidforscher. Ich erkenne einen [Völkermord], wenn ich ihn sehe". In unserem Gespräch sagte Bartov dann den bemerkenswerten Satz: "Der Einzige, den Benjamin Netanjahu fürchtet, ist Donald Trump."
Eigentlich hatte der US-Präsident von Beginn seiner zweiten Amtszeit an klargemacht, dass er fest an der Seite Israels steht. Anfang Juli hatte Trump Netanjahu noch im Weißen Haus empfangen, Israels Stärke gelobt und der Hamas die Schuld am Scheitern eines Waffenstillstands gegeben.
In den letzten Tagen allerdings änderte sich Trumps Ton. In Gaza herrsche echte Hungersnot, "das kann man nicht vortäuschen", sagte er und versprach, Amerika würde mehr tun, um den Menschen in Gaza zu helfen. Es ist ein erster klarer Bruch mit Netanjahu, der jüngst behauptete, es gebe keine Hungersnot. Und es zeigt, dass die globale Welle der Empörung bis ins Weiße Haus geschwappt ist.
Der Krieg in Gaza hat eine Dimension erreicht, die uns alle zum Hinschauen verpflichtet, schreibt stern-Chefredakteur Gregor Peter Schmitz im aktuellen Titelessay. Rund 60.000 Menschen sind nach Angaben der palästinensischen Gesundheitsbehörde gestorben, unter ihnen 18.000 Kinder. Vielen weiteren droht nun der Hungertod.
Trump selbst hatte sich lange kaum dazu geäußert – bis die Bilder von ausgemergelten Kindern auch in den USA Titelseiten und die Hauptnachrichtensendungen dominierten. Heute unterstützt laut einer aktuellen Gallup-Umfrage nur noch knapp ein Drittel der Amerikaner die israelischen Militäraktionen. Und insbesondere im eigenen MAGA-Lager ändert sich die Stimmung. Vizepräsident J. D. Vance forderte Israel dazu auf, "mehr Hilfe nach Gaza zu lassen". Steve Bannon erklärte, dass Netanjahus Versuch, Amerika immer tiefer in einen weiteren Nahostkrieg hineinzuziehen, einen Großteil der MAGA-Anhänger abschrecke. Und ausgerechnet die radikale Abgeordnete Marjorie Taylor Greene sprach als erste Kongressrepublikanerin von "Völkermord".
Davon ist Trump weit entfernt. "Der schnellste Weg, um die humanitäre Krise in Gaza zu beenden, ist, dass die Hamas kapituliert und die Geiseln freilässt!!!", postete er am Donnerstag auf Truth Social.
X/@SEPeaceMissions
Netanjahu muss also wohl nicht fürchten, Amerikas Unterstützung über Nacht zu verlieren. Der US-Präsident hat wenig Interesse daran, ihn eines Genozids zu beschuldigen. Geschweige denn dem Beispiel Frankreichs, Großbritanniens und Kanadas zu folgen und Palästina demnächst als eigenständigen Staat anzuerkennen.
Doch Trump will sich auch nicht mehr allein auf Israels Wort verlassen. Am Freitag schickte er seinen Sondergesandten Steve Witkoff (Foto oben), um sich im Gazastreifen ein Bild der Lage zu machen. Sein Bericht dürfte Trumps nächste Schritte beeinflussen. Eilig hat es der Präsident aber nicht. Das Wochenende verbringt er – zum achten Mal in dieser Amtszeit – in seinem Bedminster Golfclub.
Doch Trump will sich auch nicht mehr allein auf Israels Wort verlassen. Am Freitag schickte er seinen Sondergesandten Steve Witkoff (Foto oben), um sich im Gazastreifen ein Bild der Lage zu machen. Sein Bericht dürfte Trumps nächste Schritte beeinflussen. Eilig hat es der Präsident aber nicht. Das Wochenende verbringt er – zum achten Mal in dieser Amtszeit – in seinem Bedminster Golfclub.
All the best
Leonie Scheuble
aus Washington, D.C.
Rückblick
Donald Trump kehrte Anfang der Woche gut gelaunt von seinem Schottland-Trip zurück. Er hatte dort zwei seiner liebsten Beschäftigungen kombiniert: Golf gespielt und einen guten Deal gemacht. Mit dem neuen Handelsabkommen werden fast alle EU-Waren mit 15 Prozent Einfuhrzöllen belegt, während auf US-Produkte praktisch nichts anfallen soll. Warum nur hat die Europäische Union so schlecht verhandelt (+)?
Einblick
In Italien macht sich der neue US-Botschafter derzeit wenig Freunde. Tilman Fertitta, früherer Reality-TV-Star, milliardenschwerer Unternehmer und Trump-Vertrauter, hat die offizielle Botschafterresidenz gegen seine 150-Millionen-Dollar-Yacht eingetauscht. Ein diplomatischer Affront, wenn es nach den Römern geht. Fertitta verlangt eine Sonderbehandlung nach der nächsten, wie meine Kollegin Luisa Brandl aus Rom berichtet.
Ausblick
"Ich bin enttäuscht von Putin." Mit diesen Worten hatte Trump Anfang der Woche die von ihm gesetzte 50-Tage-Frist für einen Frieden zwischen Russland und der Ukraine auf "zehn bis zwölf" Tage verkürzt. Damit verschärft der US-Präsident nach Einschätzung des Sicherheitsexperten Christian Mölling seine Kommunikation. "Wir sind jetzt in der Situation, wo Trump wirklich merkt: Okay, der führt mich an der Nase herum", so Mölling in der neuesten Ausgabe des stern-Podcasts "Die Lage – International".
Fotofinish
© Timothy A. Clary/AFP
Ein schwarzer Strom aus Menschen zieht sich die Straße in New York entlang, es wirkt wie eine Mischung aus Trauerzug und Parade, und genau das ist es auch: Tausende salutierende Polizistinnen und Polizisten in dunkler Uniform haben ihrem toten Kollegen Didarul Islam am Mittwoch das letzte Geleit gegeben. In einem weißen Leichenwagen wurde der 36-Jährige in einer Prozession durch die Straßen der Bronx verabschiedet. Am Montagabend hatte ein offenbar psychisch kranker Mann ein Bürogebäude in Manhattan betreten und Islam sowie drei weitere Menschen erschossen. Anschließend tötete er sich selbst. Der aus Bangladesch stammende Polizist hinterlässt eine schwangere Frau und zwei Kinder.
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Inside America
Mit dabei: Maga Beauty und Epsteins langer Schatten
Der Name ist Programm
Liebe Leserinnen und Leser,
Donald Trump wird die Affäre um Jeffrey Epstein nicht los – egal wie sehr er versucht, davon abzulenken. Und er versucht wirklich alles. Zur Verteidigung ließ er seine Justizbeamten Ghislaine Maxwell, Epsteins ehemalige Lebenspartnerin und engste Komplizin (+), befragen. Seine entrüstete Basis dürfte sich damit kaum zufriedengeben. In den letzten Tagen beschuldigte er Barack Obama eines vermeintlichen Coups und forderte die Aktenfreigabe zur Ermordung Martin Luther Kings. Doch es war ein anderer Kommentar, der in der Hauptstadt für Furore sorgte: Trump verlangt, dass das Footballteam der Washington Commanders wieder seinen alten Namen "Washington Redskins" tragen soll. Auch die Cleveland Guardians sollten sich nach Willen des Präsidenten zurück in "Cleveland Indians" benennen. Es ist ein Versuch des Präsidenten, das Thema zu wechseln und seiner Basis neues Futter im Kampf gegen alles vermeintlich Woke zu liefern.
Trump ist geradezu besessen davon, Dinge umzubenennen. Als Kandidat im Wahlkampf verpasste er seinen Rivalen spöttische Spitznamen wie "Crooked Hillary" oder "Sleepy Joe". (Seine erniedrigenden Bezeichnungen haben sogar ihre eigene Wikipedia-Seite.) In seiner zweiten Amtszeit hebt der Präsident seine Namens-Besessenheit auf ein neues Level. Der Golf von Mexiko wird zum "Golf von Amerika". Dem höchsten Berg Alaskas wird sein indigener Name aberkannt. Militärstützpunkte heißen wieder wie Konföderiertengeneräle und das Marineschiff, das einst den Namen des schwulen Bürgerrechtlers Harvey Milk trug, gibt es nicht mehr.
Sprache ist Macht. Das wusste schon der französische Philosoph Michel Foucault. Die Macht, Dinge umzubenennen, ist die Macht, die Vergangenheit neu zu definieren. Das weiß auch Trump. Erst kürzlich wies er die US-Behörde für geografische Bezeichnungen an, "nationalen Schätzen" neue Namen zu geben, um "die Beiträge visionärer und patriotischer Amerikaner in der reichen Vergangenheit unseres Landes zu würdigen". Man könnte auch sagen, er will die Zeit zurückzudrehen auf ein Amerika, in dem es in Ordnung war, "Rothäute" zu sagen.
Trump hatte behauptet, die Mehrheit seiner Landsleute würden den Namen "Redskins" befürworten. In Wahrheit sagten kürzlich in einer Umfrage zwei Drittel der Menschen im Großraum Washington, dass ihnen das 2020 eingeführte "Commanders" gefällt. Sollte sich das NFL-Team einer Umbenennung verweigern, hat Trump bereits angedroht, den Bau eines neuen Stadions in Washington zu blockieren (auch, wenn er formell keine Kontrolle darüber hat).
actionpress
Natürlich geht es dem Präsidenten nicht wirklich um Football. Es geht um das Spiel der Aufmerksamkeit. Mit dem Anstacheln einer neuen Kontroverse wirft Trump einen zweiten Ball ins Spielfeld (in Wahrheit sind es dutzende Bälle) und hofft, dass seine Anhänger die Akte Epstein endlich fallen lassen. Bisher laufen seine Ablenkungsmanöver ins Leere. Zu stark ist das Verlangen seiner Basis nach Aufklärung des Skandals, der die schmutzigsten Facetten von Sex, Macht und Missbrauch verbindet. Und in dessen Unterlagen Trumps Name nach jüngsten Medienberichten mehrfach auftaucht.
Es war dann ausgerechnet der vergangene Woche gecancelte "Late Night Show"-Host Stephen Colbert, der Trumps Namensänderung aufgriff. Man solle das Footballteam doch in die "Washington Epsteins" umbenennen, schlug Colbert vor. Ein Witz, über den Trump kaum gelacht haben wird.
Take care,
Leonie Scheuble
aus Washington, D.C.
Rückblick
Die katastrophale humanitäre Lage in Gaza hat diese Woche neue Aufmerksamkeit erhalten, nachdem mehrere Presse-Agenturen, Hilfsorganisationen und Regierungschefs Israel beschuldigten, das palästinensische Volk auszuhungern, und für ein sofortiges Ende des Krieges appellierten. Appelle nutzen jedoch wenig. Genug Einfluss, Benjamin Netanjahu zum Handeln zu bewegen, kann nur der mächtigste Mann der Welt ausüben. Donald Trump indes hat markante Sprüche, große Visionen, aber keinen Plan – und ist damit mitschuldig am Leid Gazas, kommentiert mein Kollege Marc Etzold.
Einblick
Von Tiktok-Videos bis zu Kabinettstreffen im Weißen Haus hat sich unter konservativen Frauen ein auffälliges Schönheitsideal etabliert. Die Merkmale der sogenannten Maga Beauty: dick aufgetragenes Make-up, falsche Wimpern, aufgespritzte Lippen, sorgfältige Föhnfrisuren und lange, manikürte Nägel. Der Look ist mehr als ein Schönheitstrend. Hinter der aufgehübschten Fassade steckt eine Social-Media-Strategie – und eine radikale politische Agenda (+).
Ausblick
Die Causa Epstein offenbart derzeit auch, wie fragil die "Make America Great Again"-Bewegung geworden ist. Die Republikaner des Jahres 2025 sind ein Konstrukt, das rechte Verschwörungsideologen genauso umfasst wie Rassisten, konservative Christen und jene, die sich als Finanzfalken begreifen und das Staatsdefizit abbauen möchten. Noch ist Trump Mister Maga. Doch der Kampf um sein Erbe hat längst begonnen (+).
Es war einmal in Amerika
HO/AFP Photo
Selten hat das Schicksal eines Kindes solche Spuren im Gedächtnis eines Landes hinterlassen wie das von Adam Walsh. Am 27. Juli 1981 wurde der Sechsjährige aus der Spielzeugabteilung eines Kaufhauses in Florida entführt. Zwei Wochen später fand man den abgetrennten Kopf des Jungen in der Kanalisation. Erst 27 Jahre später erklärte die Polizei den Fall für gelöst. Als Mörder wurde ein pädophiler Serientäter identifiziert, der bereits 1996 im Gefängnis gestorben war. Adams Vater ist der in den USA bekannte TV-Moderator John Walsh. Seit der Ermordung seines Sohnes setzt er sich für vermisste Kinder ein. 1988 startete die Sendung "America’s Most Wanted", in der Walsh ähnlich dem deutschen "Aktenzeichen XY… ungelöst" zur Mithilfe bei der Aufklärung von Verbrechen, speziell an Kindern, aufrief. 2006 unterzeichnete Präsident George W. Bush ein Gesetz für eine nationale Datenbank für Sexualstraftäter, für das Walsh geworben hatte. In vielen Kaufhäusern, Supermärkten und Freizeitparks gilt außerdem der "Code Adam" – ein Frühwarnsystem, das konkrete Maßnahmen in Gang setzt, sobald ein Kind dort als vermisst gemeldet wird.
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Inside America
Mit dabei: das Ende einer TV-Ära und ein sehr glückliches Paar
Im Wohnzimmer der Republikaner
Liebe Leserinnen und Leser,
die US-Hauptstadt Washington mag eine demokratische Hochburg sein. Doch es gibt Orte, die die Republikaner für sich erobert haben. Das Restaurant Butterworth’s liegt an der Pennsylvania Avenue im Südosten der Stadt, nur wenige Minuten vom Kapitol entfernt. Dass es dort durch und durch politisch zugeht, zeigen schon die Bierdeckel. "Gläser hoch, nicht die Steuern", steht darauf. Im Regal hinter der Bar steht neben ein paar Büchern zur französischen Küche auch "To Start a War" – eine Art Aufarbeitung des Irakkrieges unter George W. Bush.
Als ich am Donnerstagabend an der Bar Platz nehme, sitzt ein älterer Mann neben mir, der auf seinem Smartphone gerade die News des Tages durchscrollt. Es geht um die Epstein-Akten, die die Regierung nicht veröffentlichen möchte. "Keine gute Woche für Trump", sagt der Mann, der einst im politischen Betrieb gearbeitet haben will.
Die MAGA-Bewegung ist sauer auf ihren Anführer, weil der ihnen einst "volle Transparenz" versprochen hatte (+). Am Donnerstag veröffentlichte das "Wall Street Journal" zu später Stunde eine Geschichte, wonach Trump im Jahr 2003 einen persönlichen Brief an Jeffrey Epstein geschrieben haben soll. "Manche sagen, dass er schöne Frauen genauso mag wie ich, und viele von ihnen sind eher jünger. Kein Zweifel – Jeffrey genießt sein gesellschaftliches Leben", heißt es darin.
Epstein wurde einst wegen Sexhandel mit Minderjährigen verurteilt und brachte sich später im Gefängnis um. Trump behauptet standfest, er habe sich mit Epstein überworfen und nichts von dessen kriminellen Handlungen gewusst. Der Präsident bestreitet auch, besagten Brief verfasst zu haben und will das "Wall Street Journal" verklagen.
Marc Etzold
Der guten Stimmung im Butterworth’s tut das keinen Abbruch. Der Laden wurde unter anderem von einem Freund von Steve Bannon gegründet. Der frühere Chefberater von Donald Trump ist hier Stammgast und sitzt am immer gleichen Ecktisch. Auch Vizepräsident J.D. Vance, Außenminister Marco Rubio, Finanzminister Scott Bessent und FBI-Direktor Kash Patel waren schon hier.
Die Betreiber des Butterworth’s sind stolz darauf, dass sie nun als der republikanische Szeneladen gelten. Eine große Geschichte über das Restaurant aus dem "New York Times Magazine" hängt demonstrativ an der Wand. Ausgerechnet die "New York Times", mit der Trump eine Hassliebe verbindet.
Herzliche Grüße
Ihr
Marc Etzold
aus Washington, D.C.
Rückblick
Seit Monaten wird in Medien und sozialen Netzwerken immer wieder über eine Ehekrise bei Barack und Michelle Obama spekuliert, weil der Ex-Präsident und die frühere First Lady kaum noch zusammen in der Öffentlichkeit gesehen werden. Im Podcast "IMO" von Michelle und ihrem Bruder Craig Robinson hat sich das Ehepaar nun über die Gerüchte lustig gemacht. Und nicht nur das: Die beiden geben auch Erziehungstipps. Das 80-minütige Gespräch gibt es auf den üblichen Podcast-Apps und in einer Videovariante auch bei YouTube.
Einblick
Donald Trump erwähnte jüngst, wie ihn ein Gespräch mit seiner Ehefrau Melania darin bestärkt habe, Wladimir Putin ein Ultimatum zu stellen. Wie ernst kann man diese Aussage nehmen? Mein Kollege Moritz Gathmann hat mit Top-Diplomat Wolfgang Ischinger am Freitag darüber gesprochen, welchen Einfluss First Ladys, aber auch Botschafterinnen (und Botschafter) in der Weltpolitik ausüben können (+).
Ausblick
Nach fast drei Jahrzehnten auf Sendung soll die traditionsreiche "The Late Show" des US-Fernsehsenders CBS im Mai nächsten Jahres eingestellt werden. Der Mutterkonzern Paramount rechtfertigt dies mit Kostengründen. Der Vorgang hat aber einen Beigeschmack: Erst vor wenigen Tagen hatte Stephen Colbert, seit zehn Jahren Moderator der Sendung, seinen Arbeitgeber dafür kritisiert, einen Millionendeal mit Trump geschlossen zu haben, um einen Rechtsstreit beizulegen. Entsprechend nüchtern verkündete er das Aus seinen Millionen Zuschauern rund um die Welt.
Fotofinish
David Swanson/Reuters
Die Idylle trügt, denn kein Filter liegt über diesem Foto des Sonnenuntergangs am Grand Canyon – es ist der Rauch des Dragon Bravo Feuers, eines sich rasch ausbreitenden Waldbrandes, der schon 35 Quadratkilometer im Nationalpark verwüstet hat. Immer häufiger werden die USA nicht nur von solchen Bränden heimgesucht – die Großfeuer von Los Angeles liegen gerade erst ein halbes Jahr zurück, der stern blieb in Kontakt mit den Betroffenen (+) –, auch Tornados oder Überflutungen wie zuletzt in Texas verzeichnen Meteorologen öfter als zuvor. Wissenschaftler führen das wenig überraschend auf den Klimawandel zurück, was Donald Trump und zahlreiche seiner Anhänger, ebenso wenig überraschend, bestreiten.
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Inside America
Mit dabei: Die neue Musk-Partei und "Star Wars" in der Kantine
Katastrophenfall USA
Liebe Leserinnen und Leser,
in den USA überschattet die Naturkatastrophe in Texas seit einer Woche alle anderen Nachrichten. In der Nacht zum 4. Juli hatte eine Sturzflut in Kerr County mehr als 120 Menschen in den Tod gerissen (+). Noch immer gelten etwa 170 Menschen als vermisst. Überflutete Straßen, zerstörte Häuser, verzweifelte Angehörige – vielen Einwohnern im rund zehn Autostunden entfernten New Orleans sind diese Bilder nur allzu vertraut.
20 Jahre ist es her, dass Hurrikan "Katrina" die Stadt an der Golfküste mit voller Wucht traf. Mehr als 1800 Menschen kamen damals um, Hunderttausende wurden über Nacht obdachlos.
Als Shelia Rainey, 71, im Fernsehen die Bilder von der Flut in Texas sah, war für die Großmutter der Schrecken von "Katrina" sofort wieder präsent. Das Schlimmste sei die Ungewissheit gewesen, sagt Shelia. Sie konnte mit ihrer Tochter evakuiert werden, doch über eine Woche wusste sie nicht, ob ihre anderen Kinder und Enkel überlebt hatten. "Ich betete jeden Tag", erinnert sie sich, "und Gott hat mich erhört".
Ihre Familie schaffte es damals rechtzeitig aus der Stadt. Viele ihrer Nachbarn im ärmeren Viertel Lower Ninth Ward nicht. "Hier war ein Haus, da war ein Haus", erzählt mir Shelia bei einem Rundgang mit Enkel Jarrin, 25 (Foto unten), und deutet auf die verwucherten Rasenflächen gegenüber ihres heruntergekommenen Trailers. "Sie alle sind nie wieder zurückgekehrt."
Kathleen Flynn
Auf jede Katastrophe folgt die Frage nach dem Warum.
In New Orleans legte "Katrina" ein fehlerhaftes Dammsystem offen, das einem Hurrikan der Kategorie 3 nicht gewachsen war. Es folgte massive Kritik an der schlecht koordinierten Katastrophenhilfe, die für viele Menschen zu spät kam. 20 Jahre später ist die Stadt besser gewappnet. Heute wird New Orleans von neu gebauten Dämmen geschützt, ein Frühwarnsystem wurde eingerichtet und jeder Einwohner hat eine Notfalltasche im Haus.
Juan Parke, 62, war einer der wenigen, der dank seiner Armeevergangenheit damals schon vorbereitet war. Während alle anderen aus der Stadt flohen, entschied er sich zu bleiben und mit einem Kanu Menschen von ihren Dächern zu retten. "Ich war kein Held", sagt Parke, der heute als Barkeeper arbeitet. "Gott hat diese Menschen gerettet. Ich war nur der Idiot, den er dafür benutzt hat."
Auch in Texas sind nach der Flut viele Fragen offen. Warum waren die Vorhersagen nicht genauer? Hätten die Anwohner früher gewarnt werden können? Und wie kann es sein, dass Ferienlager in einer Flutrisikozone ohne Warnsystem stattfinden dürfen?
Die Suche nach Antworten hat gerade erst begonnen. Die Antwort der Trump-Regierung kommunizierte Heimatschutzministerin Kristi Noem beim Besuch am Unglücksort deutlich: Die Katastrophenschutzbehörde FEMA in ihrer jetzigen Form gehöre abgeschafft.
Herzlich
Ihre
Leonie Scheuble
aus New Orleans, Louisiana
aus New Orleans, Louisiana
Rückblick
Elon Musk hat eine eigene Partei gegründet: die America Party. Die neue Partei soll "die 80 Prozent der Mitte" vertreten und den Amerikanern "ihre Freiheit zurückgeben", so Musk. Der Schritt des Tech-Milliardärs ist ein klarer Angriff auf Donald Trump – und könnte für die Republikaner ein größeres Problem werden, als diese meinen (+).
Einblick
Der US-Präsident hat Brasilien diese Woche mit Strafzöllen bis zu 50 Prozent gedroht, sollte sein Amtskollege Lula da Silva die Ermittlungen gegen dessen rechtspopulistischen Vorgänger Jair Bolsonaro nicht einstellen. Der Konflikt mag weit weg erscheinen, markiert aber eine Grenzüberschreitung Trumps, die gerade Deutschland sehr genau im Blick behalten sollte, kommentiert mein Kollege Marc Goergen.
Ausblick
Am Sonntag jährt sich der Mordversuch während einer Wahlkampfveranstaltung Trumps in Butler (US-Staat Pennsylvania), bei dem eine Kugel des Attentäters Thomas Crooks den US-Präsidenten am Ohr streifte. Der 21-Jährige tötete einen Besucher im Publikum und wurde noch am Tatort erschossen. Die "New York Times" hat die letzten Monate des jungen Studenten, über den bis dato wenig bekannt war, rekonstruiert. stern-Reporter Marc Etzold ist derzeit in Butler, um zu erfahren, wie die Einwohner mit ihrer traurigen Berühmtheit umgehen. Seine Geschichte lesen Sie am Sonntag auf stern.de.
Es war einmal in Amerika
Steve Larson/The Denver Post/Getty Images
Heutzutage bekommen Journalisten oft einen zehnminütigen Slot für einen Videocall zugeteilt, um Interviews mit Schauspielern zu ihren neuen Filmen zu führen. Szenen wie auf diesem Foto vom Sommer 1977 wären heute eher unwahrscheinlich. Da stehen Mark Hamill (l.) und Harrison Ford (r.) in der Kantine der Lokalzeitung "The Denver Post", zwischen ihnen eine junge Carrie Fisher, die Knie angezogen, Kippe in der Hand. Die Aufnahme entstand auf Werbetour für den ersten "Star Wars"-Film. Noch ahnt das Trio nicht, dass der Streifen einer der erfolgreichsten der Filmgeschichte wird – und sie zu Superstars. Fotograf Steve Larson erinnerte sich noch Jahrzehnte später an die lockere Atmosphäre des Termins, und an den Hunger der Interviewten. Nach dem Gespräch hätten die drei erstmal die Snack-Automaten hinter ihnen geplündert.
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Inside America
Mit dabei: ein "schönes" Gesetz mit sehr hässlichen Folgen
Das Gericht, wo kein Recht mehr gilt
Liebe Leserinnen und Leser,
die vergangenen Tage habe ich im derzeit umkämpftesten Gericht der USA verbracht, dem Immigration Court in Manhattan. Hier, in den Etagen 12 und 14, spielen sich zurzeit Szenen ab, wie sie bis vor Kurzem in einem demokratischen Rechtsstaat nicht denkbar zu sein schienen. Dutzende Männer und Frauen in Schutzwesten belagern die Gerichtsflure, die meisten verdecken ihre Gesichter mit Skimasken, Baseballcaps und Sonnenbrillen, das Foto unter gibt einen Eindruck davon.
Sie tragen Jeans und T-Shirts, keine Uniform macht sie identifizierbar. Sie gehören zu den Einheiten der Einwanderungsbehörde ICE und der Grenzpolizei, die Donald Trump seit einigen Wochen verstärkt durch das Land schickt, um illegale Einwanderer aufzuspüren.
Nicolas Büchse
Im Gericht von Manhattan lauern sie Einwanderern auf, die zu ihren Asylanhörungen erscheinen. So bedrohlich wirken die maskierten Gestalten, dass sich Kinder an den Händen ihrer Eltern festklammern. So auch der acht Jahre alte Sohn einer jungen Frau aus Ecuador, die ihren Lebensgefährten zu dessen Asylanhörung begleitete. In den Stunden des Wartens stillte sie ihr gemeinsames fünf Monate altes Baby.
Während auf den Fluren martialisch der Trump'sche Polizeistaat aufmarschiert, versuchen die Richterinnen und Richter, in den Gerichtssälen den Rechtsstaat aufrechtzuerhalten. Sie geben Aufschübe, wenn es das Gesetz erlaubt, sie gewähren weitere Anhörungen, falls Unklarheiten über den Asylgrund bestehen. Ich saß beispielsweise im Gericht, als ein Mann aus Kolumbien erzählte, er habe wegen einer schweren Krankheit noch nicht alle Dokumente auftreiben können. Die Richterin gab ihm einen weiteren Anhörungstermin im März kommenden Jahres.
Der Mann strahlte, bedankte sich und ging Richtung Tür, ich folgte ihm. Kaum war er auf dem Flur, stürmten die maskierten Einheiten auf ihn zu, drückten ihn gegen die Wand und legten ihn in Handschellen. Ich hörte ihn noch rufen: "Ich habe doch einen Termin im März." Sekunden später drückten die Männer ihn in den Fahrstuhl und brachten ihn ins Abschiebegefängnis.
In den Tagen im Gericht habe ich auf den Fluren auch einige Politiker der Demokraten gesehen. Sie wirkten fassungslos. Sie sprachen von einer Unterhöhlung des Rechtsstaates – und doch bleiben sie trotz aller Proteste ohnmächtig in diesen Tagen.
So wie die junge Mutter aus Ecuador. Als sie erfuhr, dass ihr Lebensgefährte abgeführt worden war, legte sie ihr Baby in den Kinderwagen, nahm ihren Sohn an die Hand und ging mit schnellen Schritten an den maskierten Einheiten vorbei Richtung Ausgang. Dann, erst dann, weinte sie bitterlich.
Take care!
Nicolas Büchse
aus New York City
aus New York City
Rückblick
Es war eine Woche mit sehr langen Reden im Kongress, mit Nachtsitzungen, aber am Ende stimmten sowohl der Senat wie auch das Repräsentantenhaus mit knapper Mehrheit Trumps "Big Beautiful Bill" zu, was der auch gehörig als Sieg zelebrierte. Am Ende aber dürfte das Gesetz über Ausgabenkürzungen und Steuersenkungen für die Republikaner eher zu einer Niederlage werden, wie US-Korrespondentin Leonie Scheuble analysiert (+).
Einblick
Dass Donald Trump Geschäft und Politik vermischt, oder genauer: dass er mit seiner Politik auch seine Einnahmen steigert, das dürfte inzwischen den meisten mehr oder weniger klar sein. Es gibt allerdings einen Ort in New York, an dem sich das auch ganz praktisch zeigt – ich habe mich dort umgesehen (+).
Ausblick
Von Friedensverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine ist derzeit kaum noch die Rede, im Gegenteil: Russland schickt so viele Drohnen wie noch nie über die ukrainischen Städte. Bridget Brink war bis zum April US-Botschafterin in Kiew – danach trat sie aus Protest gegen die amerikanische Ukraine-Politik von ihrem Posten zurück. Im Podcast des konservativen Intellektuellen David Frum spricht sie sehr eindrücklich von ihren Erfahrungen in Kiew.
Es war einmal in Amerika
dpa
Am 4. Juli, dem Unabhängigkeitstag, feiert sich Amerika selbst. Es ist aber auch ein Tag, an dem man jene würdigt, die dem Land ihren Dienst erweisen. 2014 nahm der damalige Präsident Barack Obama den Feiertag zum Anlass, um Menschen feierlich als amerikanische Bürger willkommen zu heißen, die unterschrieben hatten, das Land zu verteidigen – obwohl sie zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht die Staatsbürgerschaft hatten. In Zeiten von Donald Trump, dieser Gedanke kommt sogleich, bestünde wohl die Gefahr, dass die Fast-Amerikaner noch auf dem Weg zur Zeremonie verhaftet würden.
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Mit dabei: Trumps größter Schreck und ein Diplomat, der auspackt
Die Letzte ihrer Art
Liebe Leserinnen und Leser,
kennen Sie die US-Senatorin Lisa Murkowski? Die meisten Amerikaner würden diese Frage wohl verneinen. Doch hier in Washington kennt jeder ihren Namen. Denn die Politikerin aus Alaska gilt als eine vom Aussterben bedrohte Art: eine moderate Republikanerin, die nicht davor zurückschreckt, Donald Trump zu kritisieren.
Ich war daher gespannt, wie sich die Senatorin zu den chaotischen ersten Trump-Monaten äußern würde, als ich am Mittwochabend eine Talkrunde anlässlich ihres neuen Buches "Far from Home" besuchte. Das Event fand in einer hübschen kleinen Synagoge unweit des Weißen Hauses statt. Doch noch bevor Murkowski das Wort ergreifen konnte, stürmte eine Gruppe Aktivisten in der Reihe neben mir auf die Bühne und forderte in Sprechchören: "Lisa, kill the bill" (Foto unten). Eine Anspielung auf Trumps umstrittenes Gesetzespaket (+), das derzeit im Kongress verhandelt wird.
Das Spektakel dauerte keine drei Minuten. Doch es veranschaulicht, wie angespannt die Stimmung im politischen Washington derzeit ist. Vor allem bei "Stimmen der Mitte", zu denen sich Murkowski selbst zählt.
Leonie Scheuble
Das Gespräch kam schnell auf ihre Beziehung zu Trump. Die 68-jährige Senatorin macht kein Geheimnis daraus, dass sie nie für ihn gestimmt hat. Wohl aber für sein Impeachment nach dem Sturm aufs Kapitol. Trump seinerseits unterstützte bei der letzten Senatswahl ihren Gegenkandidaten und soll sie für ihre überparteiliche Zusammenarbeit mit den Demokraten als "bitch" bezeichnet haben.
Es war Murkowski anzumerken, dass sie diesen neuen Umgangston verachtet, der mit der MAGA-Welle nach Washington geschwappt ist. Und doch weiß sie, dass sie mit dem Mann im Weißen Haus zusammenarbeiten muss, wenn sie etwas für ihren Heimatstaat erreichen will. Sie berichtete von ihrem ersten Treffen mit Trump im Jahr 2017. Über eine Stunde hätten sie im Oval Office gesessen und konstruktiv über Alaska und neue Ölprojekte geredet. "Und dann sagt er am Ende zu mir: Sie haben wirklich schöne Haare." Das Publikum lachte, Murkowski hielt sich zurück.
Die Senatorin wog ihre Worte sorgfältig ab. Sie weiß, dass alles, was sie sagt, gegen sie verwendet werden kann. Neulich ging ein Clip viral, in dem sie sagte: "Wir alle haben Angst." Das Video stammte von einer Bürgerversammlung in Alaska, bei der es um die massiven Doge-Kürzungen von Elon Musk ging. "Die Verunsicherung war riesig", erzählte Murkowski. Noch nie habe ihr Telefon so oft geklingelt, weil die Leute Sorge um ihre Jobs hatten. "Ich habe in dem Moment beschlossen, die Wahrheit zu sagen. Dass wir alle Angst haben. Weil wir von der Regierung noch nie dagewesene Dinge sehen."
Von Republikanern wird sie für diese Ehrlichkeit angefeindet. Doch Murkowski sagt, ihre Treue gelte nicht der Partei, sondern den Menschen in Alaska. Gleichzeitig verschafft die Unabhängigkeit ihr ein gewisses Gewicht in der hauchdünnen republikanischen Senatsmehrheit. "Wer meine Stimme will, muss dafür kämpfen", so Murkowski in Anspielung auf Trumps "Big Beautiful Bill", die die Protestler zuvor kritisiert hatten.
Ob sie am Ende dafür stimmen wird, ließ sie offen.
Until next time
Ihre
Leonie Scheuble
aus Washington, D.C.
aus Washington, D.C.
Rückblick
Er ist 33 Jahre alt, Muslim, linker Demokrat – und könnte der nächste Bürgermeister von New York werden. Zohran Mamdani gewann am Dienstag die parteiinternen Vorwahlen für die Bürgermeisterwahl im November. Warum er so viele New Yorker für sich begeistern kann und sich selbst "Trumps größten Schreck" nennt, hat meine Kollegin Mirjam Bittner recherchiert.
Einblick
Wolfgang Ischinger ist einer der erfahrensten deutschen Diplomaten. Im Gespräch mit meinem Kollegen Moritz Gathmann blickt er von dieser Woche an regelmäßig für den stern hinter die Fassaden der Weltpolitik (+). Dieses Mal: auf den Nato-Gipfel. Ischinger berichtet von einer "erleichterten" Stimmung in Den Haag. Kritik an der Schmeicheloffensive des Nato-Generalsekretärs gegenüber Trump weist er zurück. Die Europäer "sollten froh sein", dass Mark Rutte einen guten Draht zum US-Präsidenten aufgebaut habe. Und der Diplomat kennt die Antwort auf die Frage: Wer bestimmt eigentlich, wer beim Abschlussfoto neben wem stehen darf?
Ausblick
Donald Trump duldet keine Kritik an seinem Angriff auf Iran. Ein geleakter Geheimdienstbericht, der die Effektivität der Mission infrage stellt, wird vom Weißen Haus diskreditiert. Journalisten, die darüber berichten, werden als unpatriotisch beschimpft. Und selbst der Kongress soll künftig nur noch ausgewählte Geheimdienstinformationen erhalten. Doch was, wenn der Geheimdienst richtig liegt und Teile des iranischen Atomprogramms intakt sind? Wenn Trump weiterhin seiner eigenen Realität folgt, wäre das nicht nur für die USA gefährlich (+).
Fotofinish
Joe Raedle/Getty Images
Kaum herrscht in einer Ecke der Welt vorübergehend Frieden, entzündet sich anderswo ein neuer Flächenbrand. Die Geostrategie, das Militär, rückt in diesen unruhigen Jahren in den Mittelpunkt. Doch was ist das, das Militär? Hinter jeder Kompanie, hinter jedem Flottenverband stehen Soldatinnen und Soldaten, die auch Menschen sind, die Ängste in sich tragen, die häufig monatelang entfernt von der Heimat Dienst leisten. Menschen wie diese junge Matrosin, LaurAnna Dyson, die sie sich hier von ihrer Cousine verabschiedet, um auf dem Flugzeugträger Gerald R. Ford von Norfolk in Richtung Europa auszulaufen. Ihre Geschichte kennen wir nicht, was wir aber sehen: Es ist ein Abschied, der beide sehr berührt.
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Inside America
Mit dabei: ein höhnischer Tucker Carlson und ein besorgter John Bolton
Können Pizzen ein Indiz sein, ob Trump angreift?
Liebe Leserinnen und Leser,
werden die USA aktiv in den Krieg zwischen Israel und dem Iran eingreifen? Die Welt wartet seit Tagen auf eine Antwort. Experten und auch wir Journalisten deuten jedes Wort Donald Trumps, verfolgen die Bewegungen der amerikanischen Flugzeugträger, aber auch etwas ganz anderes wird nun als Indiz zurate gezogen – Pizzen.
In der Nacht des israelischen Angriffs auf den Iran meldete der "Pentagon Pizza Report" – ein beliebter Social-Media-Account mit über 160.000 Followern –, dass die Bestellungen bei Pizzerien in der Nähe des Verteidigungsministeriums durch die Decke gingen. Namentlich nannte der Account vier Pizzaläden, die alle in der Nähe des Pentagon liegen, das Foto unten zeigt das riesige Gebäude. Um 19 Uhr Ortszeit, eine Stunde vor Beginn des Angriffs, berichtete der Account auf X von einem "massiven Anstieg der Aktivitäten". Als wenig später die ersten Bomben fielen, nahmen dies viele als Bestätigung für die in Washington seit Jahrzehnten kursierende "Pizza-Theorie".
AFP
Die Theorie geht zurück auf das Jahr 1989, als sich die Pizzabestellungen im Pentagon in einer Dezembernacht kurz vor der US-Invasion in Panama verdoppelten. 1991 stiegen die Lieferungen unmittelbar vor der Operation "Wüstensturm" erneut an – der Angriff auf Saddam Husseins Irak. Die Empfänger jedes Mal: Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums, die bis spät in die Nacht im Büro waren.
Frank Meeks, der Besitzer der Pizza-Kette Domino's, sagte damals: "Die Journalisten wissen nicht immer, wann etwas Großes passiert, weil sie im Bett liegen. Aber unsere Lieferanten sind um zwei Uhr morgens da draußen unterwegs."
Heutzutage wird diese Spürarbeit von Internetdetektiven wie dem "Pentagon Pizza Report" übernommen. Der Account arbeitet mithilfe von Google Maps, das Echtzeit-Diagramme zur Nachfrage bei Pizzerien errechnet. Kurz vor den iranischen Drohnenangriffen auf Israel im April und Oktober vergangenen Jahres hatte der Account ebenfalls einen deutlichen Anstieg festgestellt.
Donald Trump selbst lässt sich bisher nicht in die Karten schauen, innerhalb der nächsten zwei Wochen werde er über einen Angriff entscheiden, hieß es am Donnerstag von seiner Pressesprecherin. Zwei Wochen, in denen der "Pentagon Pizza Report" ein gefragter Social-Media-Account sein dürfte.
Ihnen ein hoffentlich ruhiges Wochenende.
Ihre
Leonie Scheuble
aus Washington, D.C.
Ihre
Leonie Scheuble
aus Washington, D.C.
Rückblick
Donald Trumps Anhänger sind in der Iran-Frage gespalten. Wie sehr, das zeigte sich, als der rechte Moderator Tucker Carlson, eine Stimme des isolationistischen Lagers, den Senator Ted Cruz bloßstellte, einen Verfechter des Angriffs. "Wie viele Menschen leben eigentlich im Iran?", fragte Carlson seinen Gast. "Ich kenne die Bevölkerungszahl nicht", antwortete Cruz. "Sie wissen nicht, wie viele Menschen in dem Land leben, das sie angreifen wollen?", erwiderte der Moderator höhnisch. Der 97-sekündige Clip des Schlagabtauschs wurde seither millionenfach angeklickt – und ist äußerst sehenswert.
Einblick
John Bolton kennt Donald Trump ziemlich gut und ziemlich lange – er war während dessen erster Amtszeit sein Sicherheitsberater. Bolton ist ein Hardliner durch und durch, aber er war auch einer der, so nannte man sie, Erwachsenen im Raum, die Trump damals eingehegt haben. Inzwischen sind Bolton und Trump verfeindet. Mit Marc Etzold und Gregor Peter Schmitz geht Bolton die Optionen durch, die Trump in Sachen Iran bleiben – und erzählt auch, wie ihm Trump nach dem Zerwürfnis mitten in der Nacht den Personenschutz wegnahm.
Ausblick
Elon Musk hatte schon einmal bessere Phasen in seinem Berufsleben. Mit Trump hat er sich überworfen, der Absatz von Tesla ist eingebrochen, dann ist vor ein paar Tagen auch noch eine seiner Raketen auf der Startrampe explodiert. An diesem Wochenende will Musk unternehmerisch wieder in die Offensive gehen. Die ersten selbstfahrenden "Robotaxis" werden in Austin auf die Straße gehen. Es werden zwar nur zehn Autos sein – Analysten sagen aber, dass davon Teslas Zukunft als Unternehmen abhängen könnte.
Es war einmal in Amerika
Getty Images
18 Jahre ist dieses Foto alt, entstanden beim G8-Treffen im Ostseebad Heiligendamm. Die deutschen Gastgeber hatten die Staats- und Regierungschef in einem überdimensionierten Strandkorb Platz nehmen lassen, in der Mitte Angela Merkel, flankiert vom russischen Präsidenten Wladimir Putin und dem damaligen US-Präsidenten George W. Bush. 18 Jahre also – doch die Szene wirkt wie aus einer anderen Epoche. Der etwas schüchtern lächelnde Putin. Die jovial abwinkende Merkel. Der fröhliche Bush junior. G8 gibt es nicht mehr, Russland wurde nach der Krim-Annexion ausgeschlossen, und auch die Sorgen sind andere geworden. Damals ging es darum, Protestierende vom Tagungsort fernzuhalten – heute darum, Putins Truppen aus Europa herauszuhalten.
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Inside America
Mit dabei: die United States of Autocracy und Panzer in Washington
Eine hollywoodreife Inszenierung
Liebe Leserinnen und Leser,
als ich Anfang der Woche nach Los Angeles flog, um über die dortigen Proteste zu berichten, war ich gespannt, was mich erwarten würde. Im US-Fernsehen liefen die Bilder von brennenden Autos rauf und runter. Viele meiner Kollegen hatten sich noch in letzter Minute mit kugelsicheren Westen ausgestattet. Und Donald Trump behauptete, "ganz L.A. brennt".
Das war nicht der Fall. Vor Ort erlebte ich eine Stadt, in der das Leben in großen Teilen seinen normalen Lauf nahm. Jogger drehten am Santa Monica Pier ihre Runden. Touristen posierten für Selfies auf dem Walk of Fame. Und der beliebte Sonnenuntergangs-Spot, das Griffith Observatory mit Blick auf das berühmte Hollywood-Zeichen, war zur goldenen Stunde so gut besucht wie immer.
Die Proteste, die vor einer Woche in Reaktion auf die verstärkten Abschieberazzien der Trump-Regierung begonnen hatten, konzentrierten sich auf wenige Straßenblocks in Downtown. Die Stimmung bei den Märschen, die ich begleitete, war friedlich (+). Viele hatten selbst gemalte Schilder dabei. Immer wieder wurden Sprechchöre wie "Kein Mensch ist illegal" und "So sieht Demokratie aus" angestimmt.
Am ersten Abend der nächtlichen Ausgangssperre lernte ich Micaela, Spitzname Kayla, kennen. Nur wenige Treppenstufen trennten die 22-Jährige von einer Reihe Nationalgardisten, die Trump gegen den Willen von Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom (+) in die Stadt beordert hatte.
Leonie Scheuble
Der Kontrast hätte kaum größer sein können: Während die Soldaten Maschinengewehre im Anschlag hielten, schwenkte Kayla eine mexikanische Flagge. "Natürlich habe ich Angst", sagte sie mir. Mit 13 Jahren war sie mit ihren Eltern aus Mexiko nach L.A. gekommen. "Mich könnte es als Nächste treffen. Aber wenn wir nicht für unsere Rechte auf die Straße gehen, wer dann?"
Für Trump war das liberale Los Angeles, eine Stadt, in der jeder Dritte einen Migrationshintergrund hat, der perfekte Ort für eine Machtdemonstration. Dass sein Aufrüsten die Spannungen erst verstärkt hat, war einkalkuliert. Womit der Präsident jedoch nicht gerechnet haben dürfte, ist, wie schnell sich die Proteste im Land ausbreiteten. Von Seattle bis nach New York, von Kansas City bis Dallas gingen in den vergangenen Tagen Tausende aus Protest gegen seine Abschiebepolitik auf die Straße.
Das sind die Bilder, die der Präsident tunlichst vermeiden will. Insbesondere an diesem Samstag, wo er in Washington anlässlich des 250-jährigen Bestehens der US-Armee eine pompöse Militärparade abhält. Die möchte Trump sich nicht vermiesen lassen und sprach eine Warnung aus: Jedem, der bei der Parade protestiere, werde mit voller Härte begegnet werden.
Es wird ein ereignisreicher Tag.
Ihre
Leonie Scheuble
aus Los Angeles, Kalifornien
aus Los Angeles, Kalifornien
Rückblick
Wer in einer Demokratie lebt, sollte nicht zweimal darüber nachdenken müssen, ob er die Regierung kritisieren oder zu einer Demo gehen kann. Genau das tun viele US-Amerikanerinnen und -Amerikaner aber mittlerweile. Der Harvard-Professor Steven Levitsky zieht im Interview mit stern-Redakteur Marc Etzold deshalb den Schluss: "Wir leben nicht länger in einer Demokratie" (+). Ist der Schaden noch reparabel?
Einblick
Jason Selvig und Davram Stiefler verdienen ihr Geld als "gute Lügner". Indem sie versuchen, ihnen möglichst ähnlich zu sein, entlarven die US-Comedians rechte Demagogen. Aktuell sind das vor allem: Trump und seine Entourage. Das funktioniert auf mehreren Ebenen sehr gut: Auf den sozialen Kanälen folgen ihnen Millionen Menschen. Und selbst Politikverdrossene entdecken durch die Videos der beiden ihr Interesse am Weltgeschehen wieder, hat meine Kollegin Marie Kröger festgestellt.
Ausblick
Europa erwachte am Freitagmorgen mit der Eilmeldung auf dem Handy, dass Israel den Iran angegriffen hat. Anders als im Kampf gegen die Hisbollah im vergangenen Frühling droht der Konflikt zwischen den Erzfeinden nun tatsächlich zu eskalieren. Nur wie, darüber herrscht noch viel Unsicherheit. stern-Nahost-Experte Steffen Gassel hat versucht, einen ersten Überblick zu schaffen (+), welche Motive und Konsequenzen Israels Schachzug hat. Aktuelle Entwicklungen können Sie über das Wochenende in unserem Liveblog verfolgen.
Fotofinish
Chip Somodevilla/Getty Images
Kampfpanzer auf der National Mall? Noch – das muss man dieser Tage fast betonen – ist dieser US Army Stryker nur ein Ausstellungsstück. Am Samstagabend Ortszeit wird er Teil der großen Militärparade sein, die dann durch Washington, D.C., rollen soll. Trump hatte sie sich gewünscht – offiziell zur Feier des 250. Geburtstages der US-Army. Inoffiziell wohl vor allem für sich selbst, der US-Präsident wird am 14. Juni 79 Jahre alt. 6500 Soldatinnen und Soldaten, 150 Fahrzeuge und 50 Flugzeuge sollen mitwirken, bis zu 45 Millionen US-Dollar dürfte das Spektakel am Ende kosten. Die Inszenierung könnte in Zeiten, in denen im Inland um die politische Neutralität des Militärs gestritten wird, nicht unglücklicher wirken. Aber das war schon immer Donald Trumps Stärke: die Provokation.
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Inside America
Mit dabei: ein neues Porträt für Trump und die alte Geburtsurkunde seines deutschen Großvaters
Freund und Feind im Oval Office
Liebe Leserinnen und Leser,
ein Treffen mit Donald Trump im Oval Office ist eine riskante Angelegenheit. Gerät man in einen Hinterhalt, wie im Februar der ukrainische Präsident? Oder muss man sich, wie Südafrikas Staatschef zuletzt, Lügen über sein eigenes Land anhören?
Der Bundeskanzler kannte das Risiko, als er am Donnerstag zu seinem Antrittsbesuch im Weißen Haus eintraf. Umso entspannter zeigte sich Friedrich Merz, als nach wenigen Minuten klar wurde, dass Trump nicht auf Streit aus war. Der US-Präsident lobte Merz für sein "sehr gutes Englisch". Er bedankte sich für das Gastgeschenk, ein Faksimile der Geburtsurkunde seines deutschen Großvaters im passend goldenen Rahmen. Und er sprach sogar von Freundschaft. "Ich bin mit niemandem befreundet", sagte Trump an einer Stelle, nur um mit Blick auf Merz zu ergänzen: "Mit Ihnen bin ich befreundet." Da musste Merz lachen. Er lachte überhaupt recht viel an diesem Vormittag. Viel zu sagen hatte er nämlich nicht.
Trump redete und redete, er monologisierte sich teilweise durch die 40-minütige Pressekonferenz, als wäre sein Gast gar nicht da. Den Kanzler schien das nicht zu stören. Er saß auf seinem Stuhl vor dem Kamin, lauschte Trumps Ausführungen, teilweise durchaus amüsiert, und fand dennoch in den entscheidenden Momenten die richtigen Worte (+).
AFP
Die Szenerie hatte etwas Absurdes, berichtet stern-Politikchef Veit Medick, der Merz auf dem 36-Stunden-Trip begleitete. Das Oval Office war vollgepackt. Journalisten und Influencer, Kameraleute und Fotografen quetschten sich in das mit viel Gold ausstaffierte Büro, dessen faktische Größe im Vergleich zur politischen Dimension durchaus kompakt ist. Fragen wurden hineingerufen, wer kräftig brüllte, hatte größere Chancen, von Trump drangenommen zu werden. Die entscheidende Frage hatte an diesem Tag jedoch nichts mit Merz zu tun.
Ein amerikanischer Journalist fragte den Präsidenten, was er zu Elon Musks scharfer Kritik an seinem Steuergesetz zu sagen hätte. Musk hatte die geplanten Steuersenkungen als "widerliche Abscheulichkeit" bezeichnet. Trump antwortete, dass er "sehr enttäuscht" von Elon sei – der womöglich finale Bruch mit seinem einstigen "First Buddy". Das ließ Musk nicht auf sich sitzen. Auf seiner Plattform X warf er dem Präsidenten kurz darauf "Undankbarkeit" vor und erklärte: "Ohne mich hätte Trump die Wahl verloren". Was dann folgte, war eine reine Schlammschlacht, ausgetragen in Social-Media-Posts. Trump erklärte den Tech-Milliardär für "verrückt" und drohte, die staatlichen Subventionen von Musks Firmen zu streichen. Musk wiederum suggerierte, dass Trump in den Missbrauchsskandal um Jeffrey Epstein verwickelt sei.
Vielleicht finden die beiden in den kommenden Tagen schon wieder zusammen. Vielleicht eskaliert es aber noch weiter, bei Charakteren wie Trump und Musk lässt sich das kaum voraussagen. Einen Schluss kann Friedrich Merz aber in jedem Fall daraus ziehen: In Trumps Welt kann man am Morgen als Freund gelten und am Abend schon Feind sein.
Take care
Leonie Scheuble
aus Washington, D.C.
Rückblick
Es gab eine Zeit, da verehrte Donald Trump Deutschland und Angela Merkel. Doch dann wurde die frühere Kanzlerin zur Gegenspielerin schlechthin für den US-Präsidenten. Die Fehde zwischen der Familie Trump und den Deutschen begann aber schon vor über einem Jahrhundert. Warum Trump sich mit dem Land seiner Vorfahren bis heute schwertut (+), hat mein Kollege (und Vorgänger hier in DC) Marc Etzold recherchiert.
Einblick
Das Weiße Haus hat diese Woche ein neues Porträt von Donald Trump enthüllt. Das neue Bild wirkt düster. Trump trägt eine rote Krawatte zum blauen Anzug, sein Blick ist streng, der Hintergrund dunkel. Wie sich die Präsidentenporträts im Laufe der letzten 100 Jahre verändert haben, hat "Business Insider" zusammengetragen. Wer sich durch die Fotos klickt, dem fällt schnell auf, dass Trump auch in dieser Hinsicht mit einer Tradition des Weißen Hauses bricht. Spoiler: Es hat mit "Stars and Stripes" zu tun.
Ausblick
Das Zerwürfnis zwischen Donald Trump und Elon Musk hatte sich schon länger angekündigt. Wer genau hinsah, dem fielen schon seit einiger Zeit immer mehr Indizien für eine schwelende Fehde auf. Das Bündnis zwischen dem reichsten Mann der Welt und dem mächtigsten Mann der Welt war wohl schon immer nur ein Zweckbündnis. Musk und Trump, das ist die lange Geschichte einer plötzlichen Entfremdung (+).
Es war einmal in Amerika
Bettmann/CORBIS/Bettmann Archive
Es ist die Beerdigung seines Vaters, und der damals 14-jährige Robert F. Kennedy Jr. wischt sich in der New Yorker St. Patrick’s Cathedral die Tränen aus dem Auge. Wenige Tage zuvor, am 5. Juni 1968, war sein Vater, auch der hieß Robert F. Kennedy, im Wahlkampf in Los Angeles erschossen worden – eine Tat, die eine ganze Nation verschreckt zurückließ. Kennedy, Senator für New York, hatte ganz wie sein Bruder John F. Kennedy das Land mit seiner Jugendlichkeit und seinem Optimismus begeistert. Auch sein Sohn, der damals in der Kirche trauerte, macht nun als Gesundheitsminister wieder Politik. Doch anders als der berühmte Vater begeistert Robert F. Kennedy Jr. eher wenige Amerikaner – mit seinem Glauben an Verschwörungstheorien verstört er viele.
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