Rauchen kann tödlich sein, Rauchen verursacht tödlichen Lungenkrebs: Solche Botschaften, unübersehbar auf Zigarettenschachteln gedruckt, sollen in Deutschland die Menschen abschrecken. In Neuseeland ist der Kampf gegen die Tabaksucht viel rabiater. Auf den Schachteln prangen Schreckensbilder: blutende Gehirne, abgestorbene Zehenstummel, von Krebsgeschwüren zerfressene Münder. Doch damit nicht genug. Das neuseeländische Parlament verabschiedete jetzt ein Gesetz, wonach bis 2012 jegliche Werbung für Zigaretten verboten werden soll.
Außerdem dürfen Glimmstengel dann nicht mehr offen angeboten werden. "Wenn die Menschen einkaufen gehen, um Milch oder eine Zeitung zu besorgen, sollen sie nicht länger mit vollen Zigaretten-Regalen konfrontiert werden. Diese gefüllten Regale ermutigen Jugendliche nicht nur, das Rauchen auszuprobieren, gleichzeitig machen sie es auch denjenigen schwerer, die versuchen, das Rauchen aufzugeben", erklärte die neuseeländische Gesundheitsministerin Tariana Turia dem New Zealand Herald. Nach Turias Vorstellung ist aber auch das nur ein erster Schritt: Bis spätestens 2025 soll es auf der Insel ein totales Verkaufsverbot für Tabakprodukte geben. Ein Modell für Deutschland?
Verbote und Selbstbestimmung
Peter Königsfeld, Lobbyist für den Deutschen Zigarettenverband (DZV), hält davon naturgemäß nichts. "Ein legales Produkt wie Tabak muss auf dem Markt die gleichen Chancen haben sich zu verkaufen wie andere Produkte", sagt Königsfeld zu stern.de. Tabakprodukte würden zwar gesundheitliche Schäden hervorrufen, aber nach dieser Logik müsste man auch den übermäßigen Konsum von Chips und Süßigkeiten verbieten. Man müsse sich fragen, wo die Grenzen der Selbstbestimmung der Menschen lägen. Diese Position vertreten auch einige neuseeländische Politiker. Penny Webster, stellvertretende Bürgermeisterin von Auckland, empörte sich über die Verbotsmentalität ihres Landes: "Was wollen wir damit ausdrücken? Worum werden wir uns als nächstes kümmern? Sex zwischen Erwachsenen in ihrem Schlafzimmer?" Die Mehrheit der neuseeländischen Parlamentarier votierte trotzdem für die Anti-Tabak-Gesetze.
Altkanzler Schmidt verklagt
Horst Keiser, Chef der Nichtraucher-Initiative Wiesbaden e.V., ist von der neuseeländischen Entscheidung begeistert. Seit über 25 Jahren kämpft Keiser gegen die Qualmer der Nation. "Ich würde mir wünschen, dass wir in Deutschland solche Politiker hätten, dann würde die Bevölkerung endlich vor Tabakgiften geschützt werden", sagt er zu stern.de. Keiser wurde einer breiteren Öffentlichkeit bekannt, als er im Januar 2008 Altkanzler Helmut Schmidt wegen Körperverletzung verklagte. Der Grund: Helmut und Gattin Loki hatten sich beim Neujahrsempfang im "Winterhuder Fährhaus", einem Hamburger Theater, ungeniert ein paar Kippen angezündet - ein Verstoß gegen das Rauchverbot in öffentlichen Gebäuden. Zwar wurde die Klage gegen den Altkanzler fallen gelassen, aber Keiser ließ sich nicht beirren. Neuseeland, sagt Keiser, sei das ideale Zukunftsmodell für Deutschland.
Otmar D. Wiestler, Vorstandvorsitzender des Deutschen Krebsforschungszentrums in Heidelberg, argumentiert vorsichtiger. "Aus ärztlicher Sicht ist ein Tabakverbot sicherlich gerechtfertigt, die durchs Rauchen verursachten gesundheitlichen Schäden sind immens und der Verlust an Lebensjahren dramatisch", sagt Wiestler stern.de. Dennoch plädiert der Arzt dafür, weiterhin auf Aufklärung und begrenzte Rauchverbote zu setzen. Es müsse dafür gesorgt werden, dass Kinder und Jugendliche erst gar nicht mit dem Rauchen anfingen.
Drakonische Strafe
Diesen Punkt hatte natürlich auch die neuseeländische Regierung auf dem Zettel. Wer Minderjährigen Zigaretten verkauft, muss nach dem neuen Gesetz mit einer Strafe von umgerechnet fast 6000 Euro rechnen. Eine drakonische Maßnahme - aber vielleicht auch eine wirkungsvolle. In Deutschland ist der Anteil der Raucher mit etwa 30 Prozent der erwachsenen Bevölkerung seit Jahren konstant. Trotz Warnbotschaften auf den Zigarettenschachteln und trotz regelmäßigen Preiserhöhungen für Tabakprodukte.