Sonia Gandhi, will nach Angaben von Parteivertretern völlig überraschend auf das Amt des Ministerpräsidenten verzichten. Die Vorsitzende der bei den jüngsten Wahlen in Indien siegreichen Kongresspartei, habe stattdessen den früheren Finanzminister Manmohan Singh vorgeschlagen, sagten Kongressvertreter und Spitzenpolitiker von Bündnisparteien. Gandhi selber gab ihre Entscheidung mit den Worten bekannt: "Ich muss diesen Posten in Demut ablehnen".
Die bisherige hindu-nationalistische Regierungskoalition hatte die gebürtige Italienerin Gandhi wegen ihrer ausländischen Herkunft massiv angegriffen. Die Kongress-Abgeordneten planen noch am Dienstagabend einen neuen Kandidaten für das Amt des Regierungschefs zu wählen. Dem muss die andere Bündnis-Partei, die Vereinte Fortschrittliche Allianz (UPA), allerdings noch zustimmen.
Anhänger protestierten gegen Gandhis Entscheidung
Am Montag hatte es geheißen, dass die 57-jährige Witwe des früheren indischen Ministerpräsidenten Rajiv Gandhi vermutlich am Mittwoch vereidigt werde. Präsident A.P.J. Abdul Kalam hatte Gandhi am Dienstag allerdings überraschend nicht mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragt. Kongressvertreter und Bündnispartner versuchten bis zum Dienstagabend, Gandhi doch noch zur Übernahme des Amtes zu bewegen. Vor ihrer Residenz versammelten sich hunderte aufgebrachte Anhänger, die gegen Gandhis Entscheidung protestieren.
Die Abgeordneten der hindu-nationalistischen Bharatiya Janata Party (BJP) des scheidenden Ministerpräsidenten Atal Behari Vajpayee hatten angekündigt, eine Vereidigungszeremonie Gandhis zu boykottieren. Hindu-Nationalisten hatten außerdem landesweite Kampagnen gegen Gandhi gestartet. Bündnispartner Gandhis und Kongressanhänger erhoben schwere Vorwürfe gegen die BJP.
Kongresspartei überraschend Wahl-Sieger
Das Bündnis der Kongresspartei war am vergangenen Donnerstag völlig überraschend als Sieger aus der Wahl hervorgegangen. Nach der Nachricht über Gandhis Verzicht schnellten die Aktienkurse der Börse in der Finanzmetropole Bombay nach oben. Unsicherheit über die künftige Wirtschaftspolitik hatte am Montag zu den dramatischsten Kursstürzen in der 125-jährigen Geschichte der dortigen Börse geführt.